Frage an Muhterem Aras von Jochen K. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Aras,
wir sind seit über einem Jahr auf diversen Wartelisten von KiTas für Kinder unter 3 Jahren vertreten, um unseren Sohn dort unterzubringen. Aufgrund meiner Ansicht nach nicht immer nachvollziehbarer Auswahlkriterien wurde uns überall bescheinigt, dass wir mit einem Platz nicht vor September 2012 (!) rechnen könnten. Bevor wir keinen Betreuungsplatz haben, braucht meine Frau überhaupt nicht zu beginnen, wieder Maßnahmen zur Ergreifung einer Beschäftigung durchzuführen.
Meiner Ansicht nach stellt die derzeitige Situation ein Armutszeugnis dar.
Wenn man sich in der Gemeinde der jungen Eltern umhört, ist die Situation überall gleich.
Meine Fragen an Sie:
- Halten Sie die momentane Situation des Ausbaus im Hinblick auf den ab 2013 gültigen Rechtsanspruch für ausreichend, befindet sich der Ausbau Ihrer Meinung nach im Plan?
- Streben Sie die Umsetzung eines Sofortprogramms zum Ausbau von KiTas an?
- Was sind Ihre konkreten Pläne hinsichtlich des offensichtlichen Mangels?
- Wann denken Sie, wird sich die Situation entspannen?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Klemm,
bitte entschuldigen Sie die späte Antwort. Die ersten Wochen im Landtag waren sehr arbeitsintensiv und jetzt geht es nach der Sommerpause intensiv mit den Haushaltsberatungen weiter.
Sie haben völlig Recht. Es gibt in Stuttgart nach wie vor zu wenig Kitaplätze. Lange Jahre herrschte in weiten Teilen des Gemeinderats in Stuttgart die Meinung, dass der klassische „Regelkindergarten“ (vormittags und nachmittags noch 2 Stündchen) den Versorgungsbedarf voll abdeckt. Weit gefehlt, wie alle Eltern wissen. Aus dieser Zeit stammen unsere großen Versorgungslöcher in der Kinderbetreuung - ob nun im Kleinkindbereich, bei Ganztagsplätzen oder für Hort-Kinder. Ein geeigneter Betreuungsplatz ist aber die unabdingbare Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Bis heute geht uns GRÜNEN der Ausbau der Betreuungsplätze nicht schnell genug. Wir haben in den letzten Haushaltsberatungen zweistellige Millionenbeträge in den Ausbau gesteckt - trotz wirtschaftlich unsicherer Zeiten. Konkret konnten wir 45 Mio. für den Ausbau der Kinderbetreuung sichern, das bedeutet 1.900 neue Plätze für Kinder und die Umwandlung von 742 bestehenden Plätzen in eine Ganztagesversorgung. Aber wir und auch Sie als Eltern wissen: Das ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Versorgungsgrad für Kinder unter 3 Jahren liegt aktuell bei 28%.
Sofern die im Haushalt 2010/11 und nachfolgend beschlossenen Vorhaben (GRDrs464/2010, 1. Sachstandsbericht 2010) in den nächsten Jahren wie geplant umgesetzt werden können, wird sich die Versorgungssituation (basierend auf den Kinderzahlen vom 31.12.2009) weiter verbessern:
- ca. 36 % Versorgungsquote bei 0- bis unter 3-Jährigen (Ganztagesangebote 28 %),
- ca. 106 % Versorgungsquote bei 3- bis unter 6-Jährigen (Ganztagesangebote 49 %)
- ca. 19 % Versorgungsquote bei Grundschulkindern
In Stuttgart zeigt sich deutlich, dass trotz des in den letzten Jahren massiven Ausbaus an Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige, der Ausbau an Plätzen mit dem wachsenden Bedarf der Eltern nicht mithalten kann. Der jährliche durchgeführte zentrale Wartelistenabgleich für Kinder unter 3 Jahren zeigt die kontinuierlich steigende Nachfrage, so dass in Stuttgart zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz von einer deutlich höheren Versorgungsquote auszugehen ist, als der vom Bund vorgegebene Richtwert einer 35 %-Versorgung. Der aktuelle Wartelistenabgleich ergab, dass insgesamt knapp. 4.400 Kinder unter 3 Jahren keinen Platz zum Kindergartenjahr 2010/2011 bekommen haben.
Selbst nach vollständiger Umsetzung aller bereits beschlossenen Plätze würden nach derzeitgem Stand rund 3.200 Kinder unversorgt bleiben.
Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Nachfrage nach Kleinkindplätzen daher keinesfalls zurückgegangen, sonder weiter angestiegen. Um hier eine Bedarfsdeckung zu erreichen, ist in den nächsten Jahren der weitere Ausbau von Kleinkindplätzen, überiwegend durch zusätzliche neue Gruppen oder durch neue Einrichtungen, erforderlich. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen und die Grüne Fraktion wird auch bei den anstehenden HH-Beratungen dieses Thema intensiv bearbeiten.
Stuttgart kämpfte in der Wirtschaftskrise mit gewaltigen Ausfällen in der Gewerbesteuer. Steuergeschenke auf dem Rücken der Stadtkasse durch die schwarz-gelbe Regierung in Berlin machen diese angespannte Situation nicht einfacher. Allein aus diesen Gründen fehlten der Stadt Stuttgart 60 Mio. Euro.
Zu Recht können Sie einwenden, dass die Stadt in diesen finanziell schweren Zeiten offensichtlich genug Geld hat für einige unsinnige Bauvorhaben. Für Stuttgart 21 werden 180 Mio. Euro an stiller Reserve zurückgehalten, der Rosensteintunnel wird die Stadt alleine die stolze Summe von 80 Mio. Euro kosten. Ohne Frage könnten wir gerade jetzt das Geld an anderer Stelle dringend brauchen.
Leider hält eine Mehrheit der anderen Fraktionen immer noch an diesen Projekten fest.
Wie bei meiner Landtagskandidatur angekündigt, scheide ich nun aus dem Gemeinderat aus. Für Fragen zu der grünen Kommunalpolitik wenden Sie sich bitte in Zukunft an gruene.fraktion@stuttgart.de.
Freundliche Grüße
Muhterem Aras, MdL