Frage an Moritz Müller von Martin K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Müller,
Ich sehe mit Freude, dass Sie dieses demokratische Diskussionsinstrument von Abgeordnetenwatch eifrig nutzen. Vielleicht ist das ein guter Weg, der Politiker- und Lobbyverdrossenheit politisch interessierter Bürger zu begegnen.
Mein Anliegen:
Halten Sie das aktuelle Krankenversicherungssystem für gerecht, solidarisch und allgemein verständlich? Wo in der Krankenversicherung Beitragssteigerungen von über 100 % "völlig korrekt" (laut PKV-Ombudsmann) sind, wie es mir zum März 2017 erging?
Sind Sie bereit, sich für grundlegende Reformen einzusetzen, die z.B. das völlig unverständliche "Bürgerentlastungsgesetz" von 2009 abschaffen und zur längst aufgegebenen Solidargemeinschaft zurückkehren?
Wissen Sie, warum die Abzüge vom Bruttogehalt in Österreich WESENTLICH niedriger (20 - 25 %) sind als in Deutschland, bei zum Teil weit besseren Leistungen?
Leider wird von interessierten Kreisen immer auf passend gemachte Statistiken ohne Aussagekraft zur Alterspyramide verwiesen (die dank Migration aktuell schon längst zum Positiven überholt sind) und die "hohe" Arbeitgeberbelastung zwecks Fortsetzung der Umverteilung von Unten nach Oben beklagt.
Wie erwähnt: Warum geht es in Österreich extrem besser? Dort kommt zur hervorragenden Ausgangslage (Stichwort Solidargemeinschaft) aktuell noch eine migrationsbedingte Zunahme der Beitragszahler um 3 % dazu, während in Deutschland laut Medienberichten im Juli dennoch weiterhin Rückgänge (3%) zu verzeichnen sind.
Mit freundlichen Grüßen
M. K.
Sehr geehrte Damen und Herren, meine Antwort lautet:
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihren Kommentar (freut mich wirklich, das zu hören - leider kann ich die wenigsten Bürgerinnen und Bürger im Kreis Bergstraße persönlich treffen, darum bin ich froh, dass es Plattformen wie diese hier gibt) und Ihre Fragen.
In Kürze: Das bestehende Krankenversicherungssystem ist nicht gerecht, nicht solidarisch genug und für die meisten Menschen nicht verständlich. Ich setze mich daher für die längst überfällige Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung ein, die das Zwei-Klassen-Krankenversicherungssystem abschafft und damit eine bessere Gesundheitsversorgung für alle garantiert.
Die grüne Bürgerversicherung bezieht alle Bürgerinnen und Bürger, also neben Angestellten auch Selbstständige, Beamte und Abgeordnete, mit ein. Dadurch wird das Fundament des Gesundheitswesens solider und die Beiträge stabiler. Die große Koalition hat, unter anderem durch die Kürzung des Bundeszuschusses, eher Gegenteiliges bewirkt. Wir Grüne wollen den eingeführten Zusatzbeitrag, der bisher nur die Versicherten belastet, abschaffen und Arbeitgeberinnen und -geber gleichermaßen an den Gesundheitskosten beteiligen - schließlich nützen gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch ihnen.
Dass eine Bürgerversicherung, die auf der Solidargemeinschaft basiert, funktioniert, zeigt das Beispiel Österreich. Dort existiert nämlich keine private Krankenversicherung, die Versicherungsbeiträge werden unter Arbeitnehmerinnen und -geberinnen geteilt und die Beiträge pro Kopf sinken dadurch.
Ich gebe Ihnen Recht: Migration ist ein wesentlicher Faktor beim Ausgleich des demographischen Wandels. Auch in Deutschland ist die Zahl der Sozialbeitragszahler mit ausländischem Pass in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Obwohl zudem die Zahl der Beschäftigten auf einem Rekordniveau ist, steigen die Beiträge. Das ist in der Tat nicht nachvollziehbar. Die Reform der Krankenversicherungen wird aber (leider) ein langwieriger Prozess sein, mit dem gleichzeitig eine Neuordnung des Sozialsystems im Allgemeinen einher gehen muss, denn auch im Rentensystem sehe ich großen Reformbedarf.
Mit umweltfreundlichen Grüßen
Moritz Müller