Frage an Monika Hohlmeier von Rupert R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Hohlmeier
Mit entsetzen muss ich feststellen, dass die maltesische Regierung einen Massenfang von zum Teil geschützten Singvögel zulassen will. Das Verbot des Finkenfangs auf Maltawar im Jahr 2009 eine der Bedingungen die im Beitrittsvertrag des Landes mit der EU ausgehandelt wurden. Nun will die neue Regierung diese Entscheidung wieder aufheben und ab Oktober 2014 den Fang von insgesamt sieben Arten wieder erlauben. Um diesen geplanten Massenfang zu verhindern, muss die Europäische Kommission dazu gebracht werden bei der maltesischen Regierung zu intervenieren und notfalls ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anzustrengen. Es muss erreicht werden, das sich das Europäische Parlament mit dem Problem beschäftigt und das Thema im Umweltausschuss diskutiert wird und so die Kommission zusätzlich unter Zugzwang gesetzt wird. Meine Frage an Sie Frau Hohlmeier: Sind Sie gewillt sich dafür einzusetzen und wenn ja, in welcher Form werden Sie dies tun?
Mit freundlichen Grüßen
Rupert Raßhofer
Sehr geehrter Herr R.,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht auf abgeordnetenwatch.de vom 23. September, die ich Ihnen gerne beantworte.
Der Vogelschutz beruht in der EU auf zwei Richtlinien, der Fauna-Flora-Habitat (FFH-) und der Vogelschutz-Richtlinie. Meinen Kollegen in der CSU/CDU-Gruppe im Europäischen Parlament und mir sind die Errungenschaften beider Richtlinien sehr wichtig. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir uns vielfach dafür eingesetzt, dass die Regelungen optimiert und in den Mitgliedstaaten vor allem auch umgesetzt werden. Ein besonderer Problemfall ist und bleibt Malta.
Mit seinem Beitritt zur EU hat sich auch Malta im Jahre 2004 zur Einhaltung der beiden Richtlinien – wie auch aller anderen Gesetze der EU – verpflichtet. Malta wurde bis zum 1. Januar 2009 eine Übergangszeit zugestanden, was das Fangverbot bestimmter Finkenarten zur Käfighaltung und das Verbot der Frühjahrsbejagung von Wachteln und Turteltauben betraf, um entsprechende Programme und Maßnahmen entwickeln zu können. Spätestens bis zum Ablauf der Übergangsfrist wurde der Großteil der auf Malta stattfindenden Vogeljagd auch nach maltesischem Recht endgültig als illegal erklärt. Dass diese Verbote nicht ausreichten, um einen umfassenden Schutz wilder Vogelarten, wie in der Vogelschutzrichtlinie vorgegeben, zu gewährleisten, zeigt das Urteil des EuGH aus dem Jahre 2009. Malta wird darin verurteilt, weil es gegen das Verbot der Jagd auf Zugvögel verstieß, indem es die maltesische Regierung unterließ, geeignete Zusatzmaßnahmen zu ergreifen, um diesen Vögeln ausreichenden Schutz zu bieten.
Ein weiteres Problem des effektiven Vogelschutzes ist die praktische Umsetzung der Regelungen aufgrund der geltenden Ausnahmen von der Vogelschutzrichtlinie. So gelten für Malta und einen großen Teil der anderen Mitgliedstaaten, vor allem Frankreich, Italien, Schweden und Deutschland, Ausnahmen vom Jagdverbot für gewisse in Anhang II Teil B der Vogelschutzrichtlinie genannte Vogelarten. Diese Ausnahmen müssen bei der Europäischen Kommission beantragt und von ihr genehmigt werden. Durch eine solche Ausnahmegenehmigung wurde im April 2010 auf Malta eine begrenzte Version der Frühjahrsjagd auf Turteltauben und Wachteln wiedereingeführt. Außerdem dürfen auf Malta im Herbst aufgrund einer entsprechenden Ausnahmeregelung für Goldregenpfeifer und Singdrosseln Fallen aufgestellt werden. Die Ausnahmeregelungen erschweren die Umsetzbarkeit der inzwischen geltenden Jagdverbote erheblich, denn wer will nachprüfen können, hinter welchen Vögeln die rund 16.000 lizensierten Jäger und Fallensteller auf Malta tatsächlich her sind, beziehungsweise welche Vögel Ihnen möglicherweise auch unabsichtlich in die Falle gehen. Das Europäische Parlament und die Europäische Kommission arbeiten daher eng mit einigen Natur- und Vogelschutzverbänden, insbesondere NABU und BirdLife Malta zusammen. Diese Verbände organisieren regelmäßig Camps, in denen es darum geht, die illegale Jagd auf geschützte Vogelarten oder Verstöße gegen die Jagdauflagen zu dokumentieren und die Beweise den örtlichen Ordnungsbehörden zu übergeben.
Um die Anwendbarkeit der europäischen Regelungen zu verbessern, wird außerdem eine Reform der Regelungen zum Vogelschutz in Betracht gezogen. So erhielt der neue europäische Umweltkommissar Karmenu Vella bereits vor seinem Amtsantritt sowohl vom Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker als auch von den Abgeordneten der zuständigen Fachausschüsse ENVI, PECH und TRAN im Europäischen Parlament den Auftrag, die bestehende Vogelschutzrichtlinie zu modernisieren und zu überarbeiten, um sie praxistauglicher zu machen. Während der Anhörungen bekannte sich Vella, der selbst maltesischer Staatsbürger ist, klar zu dem geltenden EU-Recht und die Notwendigkeit einer konsequenten Umsetzung der Naturschutz- und Vogelschutzregelungen. Er distanzierte sich deutlich sowohl von den Rechtsbrüchen in seinem eigenen Land als auch von dem Vorwurf, als Sprecher für Malta in die Europäische Kommission einzuziehen. Dennoch werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments ihm bei der Durchführung seiner Aufgaben im Bereich des Vogelschutzes besonders genau beobachten. Wir sind uns der Notwendigkeit weiterer Schritte bewusst und werden keine Abschwächung der geltenden Schutzregelungen hinnehmen.
Als erstes Signal des Umdenkens in der maltesischen Regierung kann man das am 24. September vom maltesischen Premierminister Joseph Muscat verhängte Verbot aller Jagdaktivitäten für die Jagdsaison bis zum 10. Oktober auffassen. Muscat reagierte damit auf das angedrohte und letztendlich am 16. Oktober formal wieder aufgenommene Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta vor dem EuGH. Sollte Malta abermals verurteilt werden, würden erstmals Strafzahlungen fällig. Dem politischen Versprechen des Premiers an die einflussreiche maltesische Jagdlobby, wonach die traditionelle Finkenjagd auf sieben als Zugvögel streng geschützte Finkenarten wieder freigegeben werden soll, wurde auf diese Weise sehr schnell wieder der Wind aus den Segeln genommen. Fakt ist, dass auch innerhalb der maltesischen Bevölkerung der Abschuss von geschützten Vögeln nicht mehr akzeptiert wird. Im Frühjahr 2015 steht ein durch ein erfolgreiches Volksbegehren einer von BirdLife Malta angeführten Koalition erzwungener Volkentscheid darüber an, ob die Frühjahrsjagd auf Vögel generell eingestellt werden muss. Nicht nur der Druck aus Europa, sondern auch der innenpolitische Druck auf die maltesische Regierung steigt also.
Ich kann Ihnen versichern, dass das Vorgehen des neuen Umweltkommissars und der maltesischen Regierung innerhalb der CSU/CDU-Gruppe und in den Fachausschüssen weiterhin kritisch verfolgt wird und wir in engem Kontakt mit den Mitgliedern der maltesischen Regierung und der Europäischen Kommission stehen. Ich danke Ihnen sehr für die Befassung mit diesem wichtigen Anliegen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem Schreiben einige Ihrer Fragen beantworten konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Monika Hohlmeier