Gibt es eine Möglichkeit, dass die Tätigkeiten des Europäischen Parlaments in den ö.-r. Medien der europ. Bevölkerung auf einfache Art und Weise sichtbar gemacht wird? Euronews für alle?
Sehr geehrte Frau Hohlmeier,
ich habe Sie schon lange nicht mehr in Ihrem Wahlkreis gesehen. Das wird sich sicherlich zur anstehenden Europawahl ändern … Plakate, Plakate, Plakate. Als interessierter Europäer möchte ich mich gerne umfassender über die Geschehnisse in Brüssel und Straßburg informieren. Hier fühle ich mich allerdings medial beschränkt, da die ö.r. Medien nur selektiv über das vermeintlich wirklich Wichtige berichten. Den Sender Euronews kann ich aus welchen Gründen auch immer weder über Satellit noch über Internet empfangen. Könnten Sie sich zwecks der Sichtbarkeit des Parlaments und der Kommission dafür einsetzen, dass es hier zu vereinfachten Empfangsmöglichkeiten für ein eigenes Programm kommt, welches einen Eindruck über deren Tätigkeit vermittelt? Gerne auch als europaweites ganztägiges Programm in der Amtssprache?
Mit freundlichen Grüßen
Heribert K.
Sehr geehrter Herr K.,
ich bitte Sie herzlich um Entschuldigung, dass Sie noch keine Antwort auf Ihr Schreiben vom 06.02.2024 erhalten haben. Erst bei Durchsicht aller Anfragen zum Ende Jahres fiel auf, dass der Brief nicht abgesandt wurde. Dies möchte ich nun noch nachholen.
Ich nehme viele Termine im Landkreis Kulmbach wahr, außer während der 4 Monate, in denen ich aufgrund einer schwerwiegenden Autoimmunerkrankung keine Termine wahrnehmen konnte. Während meines Krankenhausaufenthaltes und meiner Genesungszeit durfte ich die wunderbare Erfahrung machen, dass viele Kolleginnen und Kollegen für mich einsprangen und mir persönlich unendlich viel Mut machten. Inzwischen geht es mir wieder deutlich besser und ich bin voll ins politische Leben zurückgekehrt. Ich würde mich freuen, Sie auf einer zukünftigen Veranstaltung zu sehen.
In Bezug auf Ihre Frage nach besserem Zugang zu europapolitischen Nachrichten und Neuigkeiten, teile ich Ihre Sorgen. Die Vorschläge, Verhandlungen und Ergebnisse der europäischen Politik bekommen viel zu wenig Zeit in der Berichterstattung eingeräumt. Oft müssen Nachrichten aus Brüssel auf den hinteren Seiten Platz nehmen oder werden ins Nachtprogramm verbannt. Lediglich negative Schlagzeigen oder Krisen werden prominent gehandhabt und den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt. Dabei wäre es für den europäischen Zusammenhalt und den Kampf gegen antieuropäischen Populismus so wichtig, dass die vielen Erfolge Europas und das was Brüssel für jeden Einzelnen auch im Positiven tut, über eine gemeinsame und überall in Europa empfangbare Plattform vermittelt würde.
Ein eigener TV-Sender, die in den offiziellen 24 Sprachen sendet, wäre dafür ideal. Die Idee eines europaweiten Nachrichtenkanals durch die europäischen Institutionen wäre grundsätzlich eine gute Möglichkeit, um die Kommunikation innerhalb der EU zu stärken und Informationen über europäische Angelegenheiten zu verbreiten. Er wäre auch ein Beitrag zur Bewusstseinsschärfung über die EU-Institutionen, europäische Themen und Förderung der europäischen Integration. Das EU-Parlament betreibt beispielsweise verschiedene Kommunikationskanäle, darunter „EuroparlTV“ (ist über das Multimedia Centre zugänglich; https://multimedia.europarl.europa.eu/en), der über die Arbeit des Parlaments und mithin europarelevante Themen berichtet.
Entscheidend ist, sicherzustellen, dass solch ein europäischer Nachrichtenkanal redaktionell unabhängig ist und keine politische Einflussnahme vonseiten der EU oder einzelner Mitgliedstaaten erfährt. Die Berichterstattung sollte objektiv, ausgewogen und frei von parteipolitischer Agenda sein. Die Schaffung eines solchen europäischen Nachrichtenkanals würde eine erhebliche finanzielle, politische und organisatorische Herausforderung darstellen und würde die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie die Sicherstellung von Unabhängigkeit und Objektivität erfordern. Zudem müsste man die Medienlandschaften in den Mitgliedstaaten respektieren, die sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie wir sie in Deutschland kennen, stehen neuen Angeboten nicht immer aufgeschlossen gegenüber.
Zudem gibt es bereits bestehende Initiativen, die auch durch europäische Mittel unterstützt werden. Die bekannteste ist die Europäische Rundfunkunion (EBU), der Zusammenschluss von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern und unterstützt den Austausch von Nachrichten und Informationen über europäische Angelegenheiten Es gab bereits 1985/1986 Versuche für ein europaweites grenzüberschreitendes Fernsehprogramm der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Obwohl Marktforschungen Europa-TV damals gute Chancen nachsagten und die europäischen Institutionen Subventionen in Aussicht stellten, wurde das Programm eingestellt. Die Vorstellungen der Mitgliedersender über Inhalte, Vermarktung und Verbreitung waren zu unterschiedlich. Vor allem hinsichtlich der Finanzierung war eine Einigung nicht möglich.
Eine weitere Quelle ist, wie von Ihnen bereits angesprochen, Euronews. Der Sender wird oft als Beispiel für einen europäischen Nachrichtenkanal betrachtet, denn es handelt sich um einen multilingualen Nachrichtensender, der in verschiedenen Sprachen sendet, z.B. Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch, und Russisch. Das selbstgesteckte Ziel des Nachrichtensenders ist es Nachrichten aus europäischer Perspektive zu liefern. Allerdings ist die Verfügbarkeit in den EU-Mitgliedstaaten uneinheitlich. Der Sender wird jährlich aus dem EU-Haushalt unterstützt, weswegen Euronews sich zur Ausstrahlung EU-relevanter Beiträge von Ereignissen in den Mitgliedstaaten und EU-Beitrittskandidaten sowie einiger anderer Ländern verpflichtet. Der Sender steht aber immer wieder aufgrund seiner Investoren und damit verbundenen Vorwürfen fehlender redaktioneller Unabhängigkeit massiv in der Kritik, z.B. die Mehrheiten des ägyptischen Investors Naguib Sawiris und Verbindungen von Investoren zum ungarischem Premierminister Viktor Orbán. Ein europäischer Sender in der Hand ausländischer Investoren, insbesondere solcher, die der EU kritischen gegenüberstehen, ist leider nicht tragbar.
Ein weiteres Projekt zur Verbreitung europäischer Nachrichten unternimmt ARTE. Mit einer gemeinsamen Strategie für Koproduktionen will der Sender die Verbreitung hochwertiger Programme in Europa ausbauen. Bisher steht ARTE hauptsächlich für deutsch-französische Kooperation, aber seit drei Jahren greift der Sender nun auch auf andere Märkte über. Mit „ARTE Europe“ bietet der Kulturkanal eine umfassende Mediathek auch in englischen, spanischen, polnischen und italienischen Fassungen (Untertitelungen) an. Möglich wurde ARTE Europe durch ein EU-Pilotprojekt des Europäischen Parlaments, ausgeführt und finanziert von der Europäischen Kommission. Zugunsten einer europaweiten Verbreitung wird das Projekt in Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus sechs nationalen Partnern aus ganz Europa durchgeführt, die die Wochenschau in ihre Online-Auftritte integrieren: Le Soir (Belgien), Kathimerini (Griechenland), Internazionale (Italien), Telex (Ungarn), El País (Spanien) und Gazeta Wyborcza (Polen). ARTE plant die Sichtbarkeit in Europa noch weiter auszubauen und bemüht sich um weitere Shareholder. Allerdings steht auch dieses Vorhaben vor mehreren Herausforderungen. Eine langfristige finanzielle Planbarkeit wird durch Natur der Ausschreibungen der Kommission erschwert, denn diese sind auf drei Jahre begrenzt. auch die regelmäßige Überprüfung der Nutzung europäischer Gelder, um Wettbewerbs- und Anbieterbedenken vorzubeugen, führen zu Hindernissen. Allerdings versucht ARTE, dass die Kommission die Plattform durch einen langfristigen Rahmenvertrag unterstützt, um die langfristige Nutzung der Mediathek zu ermöglichen.
Wie Sie sehen, bemühen sich die EU und wir Abgeordnete uns darum, den Bürgerinnen und Bürgern eine höhere Medienvielfalt und besseren Zugang zu europäischen Nachrichten zu ermöglichen. Durch meine Zusammenarbeit mit dem Kulturausschuss des EU-Parlaments weiß ich, dass es immer wieder Bestrebungen gibt, einen festen Nachrichtenkanal zu etablieren, es allerdings an Geld und dem Willen in den Mitgliedsstaaten fehlt, einen solchen Sender auch zuzulassen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich als Mitglied des Haushaltsausschusses weiterhin Projekte unterstützen werde, die Europa in seiner Vielfalt abdecken und interessierte Bürgerinnen und Bürger tagesaktuell informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Hohlmeier