Frage an Monika Hohlmeier von Thomas B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Hohlmeier,
mit großem Interesse verfolge ich als Sportschütze und gesetzestreuer Bürge die aktuelle Entwicklung im Bereich des Waffenrechts. Es ist offenbar ein neuer Versuch der der Kommission vom 16.11.2016 im Gange, explizit das Folgende zu verbieten:
Zivile Feuerwaffen der „AR 15 Familie“, auch Derivate, womöglich optische Klone
Zivile Feuerwaffen der „AK 47 Familie“, auch Derivate, womöglich optische Klone
ALLE entnehmbaren Magazine über 10 Schuss für alle Feuerwaffen (auch Kurzwaffen, Repetierer, Kleinkaliber…)
Strenge Regulierung von Magazinen und Halbautomaten
Strengste Auslegung bei Ausnahmegesuchen
Sofortige Umsetzung der Verbotsforderungen noch binnen 2016, da „die EU-Bürger“ das angeblich für ihre Sicherheit fordern
Nun frage ich Sie als CSU Stammwähler: Wie stehen Sie zu diesen Forderungen? Wie kann es sein, dass die legalen Waffenbesitzer immer und immer wieder durch derartige Versuche angegangen werden, wo doch die wahren Gefahren im Bereich Waffen längst bekannt sind:
- gestohlene und verlorene Behördenwaffen
- illegal eingeführte und verkaufte Kriegswaffen vom Balkan
- umgebaute Dekowaffen
Somit ist der o.g. Vorschlag untauglich, die Sicherheit der Bürger Europas zu verbessern, die Fakten dazu sind seit Jahren bekannt. Der Unmut an der konservativen Basis wächst von Tag zu Tag. Was gedenken Sie zu tun, um sich für die 1,4 Mio. Schützen in Deutschland und den Erhalt ihrer sportlichen Disziplinen und Traditionen einzusetzen? Wie wollen Sie verhindern, dass diese Wählerstimmen an populistische Parteien gehen, weil den Leuten einfach der Frust und die immer neuen Gängeleien zuviel werden?
Mit freundlichen Grüßen
T. B.
Sehr geehrter Herr B.,
für Ihr Schreiben in Bezug auf die Revision der Europäischen Waffenrichtlinie darf ich Ihnen danken und gerne antworten.
Vorab möchte ich Ihnen versichern, dass die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament Ihre Bedenken hinsichtlich des ursprünglichen Vorschlags sehr gut verstehen können und sehr ernst genommen haben. Der ursprüngliche Vorschlag der Revision durch die Europäische Kommission wurde im Nachgang zum Terrorangriff in Paris im November 2015 übereilt und ohne nochmalige Überprüfung veröffentlicht. Leider sah er einige Maßnahmen vor, die nicht mit Sicherheitserwägungen zu erklären sind. Da Terroristen ihre Waffen üblicherweise nicht über legale Kanäle erlangen − da sind wir uns einig − macht es wenig Sinn die legalen Waffenbesitzer mit hoher Bürokratie zu belasten, die nicht zu mehr Sicherheit oder weniger Terroranschlägen führen würde. Die Überarbeitung der Richtlinie zur Erlangung und dem Besitz von Feuerwaffen kann vielmehr dazu dienen, den derzeitigen Rechtstext aus dem Jahr 1991 zu modernisieren, europaweit stärker vereinheitlichte Regeln zu schaffen und die Sicherheit beim legalen Besitz und Gebrauch von Schusswaffen zu stärken. In Deutschland gibt es nach Expertenmeinung bereits jetzt ein sehr strenges und gut funktionierendes Waffenrecht. In der Praxis wird die Richtlinie das aktuell geltende deutsche Recht nicht oder sehr geringfügig ändern, da für die in Zukunft verbotenen Waffen mit großen Magazinen bereits jetzt ein Anwendungsverbot in Deutschland herrscht. Die neue Richtlinie sieht zudem vor, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von dieser Höchstbeschränkung für Sportschützen nach nationalem Recht vorsehen können. In anderen Mitgliedstaaten ist das Waffenrecht derzeit nicht immer so streng wie in Deutschland. Es macht daher Sinn, Bereiche wie die Markierung, Registrierung und Nachverfolgbarkeit von Waffen, Bedingungen zur sicheren Aufbewahrung und Lagerung von Waffen oder auch recht neue Phänomene, wie Sicherheitsanforderungen für den Online-Handel von Waffen und Bestandteilen in die neue Richtlinie einzuarbeiten und somit europaweit für einen Überblick über die sich im Umlauf befindenden Waffen zu sorgen. Viele der anderen Vorschläge der Kommission gingen jedoch am eigentlichen Ziel vorbei.
Aus diesem Grund haben sich die zuständigen Ausschüsse LIBE (Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) sowie IMCO (Binnenmarkt) im Europäischen Parlament sehr intensiv mit dem Vorschlag der Kommission befasst und ihn weitreichend korrigiert. Während der Verhandlungen haben wir immer wieder die berechtigten Sorgen von Jägern, Sammlern, Reservisten, Traditions-, Böller- und Sportschützen eingebracht und nunmehr während des wohl letzten Trilogs am 7. Dezember ein Ergebnis erzielt, das wir für ausgewogen halten:
- Aufgrund von Expertenanhörungen wurde klar, dass die jährlichen medizinischen Untersuchungen, wie von der Europäischen Kommission gefordert, keinen Beitrag zur Sicherheit leisten würden, der den Aufwand rechtfertigen würde. Aus diesem Grund wurde der Vorschlag obligatorischer, regelmäßiger medizinischer Überprüfungen bei (Neu-)Erteilung oder Verlängerung des Waffenscheins fallen gelassen. Stattdessen wurde die Verantwortlichkeit für angemessene Kontrollen an die Mitgliedstaaten rückübertragen, die anlassbezogene medizinische Tests einführen oder (wie im Falle Deutschlands) beibehalten können. Die Gültigkeit der waffenrechtlichen Erlaubnis wird auch in Zukunft dauerhaft erfolgen und nicht auf fünf Jahre beschränkt. Vielmehr sollen die Mitgliedstaaten nach eigenem Ermessen, über die Einführung einer Beschränkung der waffenrechtlichen Genehmigung entscheiden. Auch hier haben sich das Europäische Parlament und der Rat gegen die Forderungen der Kommission durgesetzt. Mindestanforderung der Richtlinie ist lediglich, dass die Mitgliedstaaten ein kontinuierliches Überwachungssystem („continuous monitoring“) einrichten, das unter anderem auch medizinische und psychologische Befunde mit einbezieht. In Deutschland gibt es bereits ein solches System. Hierzulande werden Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen bereits jetzt in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihre persönliche Eignung geprüft. Das existierende deutsche Recht kann also beibehalten werden. In einem Erwägungsgrund wird klargestellt, dass MS entscheiden können, ob medizinische Tests als Voraussetzung für die waffenrechtliche Erlaubnis notwendig sind, oder nicht. Dieses Triloergebnis erfordert im deutschen Recht keine Änderung und ist im Sinne der Parlamentsposition.
- Die von der Kommission vorgeschlagenen zusätzlichen Anforderungen für Minderjährige wurden abgelehnt und stattdessen der geltende Rechtstext als Position verankert.
- Das Europäische Parlament hat klar zum Ausdruck gebracht, dass es den Vorschlag der Kommission Kategorie A auf halbautomatische Waffen und Waffen, die nur wie solche aussehen auszuweiten, entschieden ablehnt, da es einem Verbot für Privatpersonen gleichkommen würde. Das Parlament hat sich für justiziable technische Kriterien eingesetzt, die wir durch diese Einigung mit dem Rat auch etablieren konnten. Im Trilog konnten sich Rat und Parlament sich auf folgendes einigen:
o A6: Künftig sollen automatische Feuerwaffen, die zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaut wurden verboten werden. Es soll allerdings einen Bestandsschutz geben für Feuerwaffen, die bis heute rechtmäßig erworben wurden und diese sollen auch an Personen mit der gleichen Erlaubnis verkauft werden können.
o A7: Kurzwaffen über 20 Schuss und Langwaffen über 10 Schuss sollen verboten werden. Magazine mit einer hohen Schusszahl sollen nur durch Personen mit der entsprechenden Waffenerlaubnis erworben werden können. In Deutschland herrscht bereits jetzt ein Anwendungsverbot für Waffen mit großen Magazinen. Insofern ändert die Richtlinie an der aktuellen Praxis in Deutschland nichts. Zudem erhält in der Richtlinie jeder Mitgliedstaat die Kompetenz, Ausnahmegenehmigungen zuzulassen. Wie Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können, hängt von der konkreten Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten ab.
o In Zukunft soll die Waffenerlaubnis für Kategorie B Feuerwaffen entzogen werden, wenn bei einem Halter illegale Magazine mit einer hohen Schusszahl gefunden werden.
o In einem Recital wird aufgeführt, dass Feuerwaffen, die für Militärzwecke entworfen wurden wie AK 47 und M 16, nicht für Zivilpersonen erhältlich sein sollen, auch wenn sie in halbautomatische Waffen umgebaut wurden (siehe: Kategorie A6).
- Zusätzlich zu eben genannten Regeln zur Kategorisierung von Waffen konnten wir erzielen, dass eine Ausnahmeregel geschaffen wurde, wonach es für Feuerwaffen der Kategorie A die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für Sportschützen geben soll. Der Kommissionsvorschlag sah eine solche Ausnahme nicht vor. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigungen nach der Einigung zwischen Parlament und Rat sind: eine positive Bewertung der medizinischen/psychologischen Informationen, die nach dem Artikel über medizinische Untersuchen überprüft werden. Der Sportschütze muss zudem an offiziell anerkannten Wettbewerben oder Trainings teilnehmen und muss seit mindestens 12 Monaten in einem solchen Verein Mitglied sein. Die Schusswaffe muss zudem den Merkmalen entsprechen, die für die Sportdisziplin nötig sind. Wir haben uns für Ausnahmegenehmigungen für Sportschützen eingesetzt, damit diese ihrem Sport weiterhin nachgehen können und können insofern mit dem Trilogergebnis zufrieden sein. Die konkrete Ausgestaltung des Vorgangs, wie eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten ist und ob beziehungswelche welche zusätzlichen Schritte notwendig sind, um eine solche zu erhalten, obliegt der Kompetenz der Mitgliedstaaten. Um die Teilnahme an internationalen Wettbewerben auch in Zukunft zu erleichtern, werden auch die Regeln zum Europäischen Waffenpass aktualisiert, der dann auch die Waffen der Kategorie A umfassen soll, die bei internationalen Wettbewerben von Sportschützen gebraucht werden. Einige Mitgliedstaaten, zum Beispiel Frankreich und die Tschechische Republik, haben solche Ausnahmen für den Schieß- und Jagdsport bereits angekündigt. Für die Notwendigkeit einer Ausnahmeregel für besondere Fälle, wie beispielsweise die Ausübung bestimmter Schießsportarten zeigt sich auch die Bundesregierung verständnisvoll. Wir werden genau verfolgen, ob die von europäischer Seite aus eingerichteten Möglichkeiten auf nationaler Ebene genutzt werden, um legitimen Interessen gerecht zu werden.
- Museen und Sammler können auch in Zukunft Waffen der Kategorien B und C problemlos sammeln und ausstellen. Handelt es sich um Waffen der Kategorie A, müssen Sammler eine Ausnahmegenehmigung beantragen und gewisse Sicherheitsanforderungen erfüllen.
- Auch natürliche Personen können sich weiterhin am Fernabsatz von Feuerwaffen beteiligen, wenn sie registriert und legitimiert sind.
Wie Sie sehen, konnten wir die berechtigten Belange gesetzestreuer Jäger, Sportschützen, Traditions- und Böllerschützen in nahezu allen Streitpunkten durchsetzen. Während der Sitzung am 20. Dezember haben die Mitgliedstaaten dem im Trilog abgestimmten Ergebnis offiziell zustimmt. Die derzeitigen Zeichen geben Anlass zur Hoffnung, dass Ende Januar 2017 über die Einigung im federführenden Binnenmarktausschuss abgestimmt werden kann. Die Abstimmung im Plenum ist für die erste Jahreshälfte 2017 angesetzt. Ich darf Ihnen noch einmal für Ihren Einsatz in dieser wichtigen Frage danken und stehe Ihnen gerne auch in Zukunft für einen Austausch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Monika Hohlmeier