Frage an Monika Hohlmeier von Jochen R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hohlmeier,
wie ich der Internetseiten "LobbyPlag" und "netzpolitik.org", sowie dem "gutjahrs blog" entnommen habe, wird zur Zeit im Europäischen Parlament an einer sogenannte Datenschutzreform gearbeitet: "General Data Protection Regulation (GDPR)".
Wie ich den oben genannten Quellen entnommen habe, nehmen scheinbar verschiedene Unternehmen und Interessenverbände dabei großen Einfluss auf die Ausgestaltung der Gesetzestexte. Genauer, Textvorlagen werden von MitarbeiterInnen dieser Unternehmen und Interessenverbänden verfasst und scheinbar in unterschiedlichem Umfang von einigen Abgeordneten in deren Gesetzestextvorschläge übernommen. Schließlich werden die Vorschläge dann zur Abstimmung im Parlament eingereicht.
In diesem Zusammenhang habe ich folgende Fragen an Sie:
1. Wie stehen Sie zum Thema "Einflussnahme auf die Politik durch LobbyvertretterInnen"?
2. Wie ist Ihre Position bzgl. der oben genannten Datenschutzreform?
Vielen Dank für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen,
Jochen Raidl
Sehr geehrter Herr Raidl,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über das Portal Abgeordnetenwatch und Ihr damit verbundenes Interesse an meiner Arbeit.
Zum Thema der Datenschutzgrundverordnung, die Sie angesprochen haben, möchte ich folgendes voranstellen: Der von der Kommission zu Beginn 2012 vorgelegte Vorschlag wird im Europäischen Parlament federführend im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres verhandelt. Im Namen der EVP Fraktion wird das Thema federführend von meinem Kollegen Axel Voss betreut. Ich verfolge die Verhandlungen mit großer Aufmerksamkeit und äußere mich daher gerne zu den von Ihnen gestellten Fragen:
Ich teile die Meinung, dass das Ziel, einen umfassenden Datenschutz für die Europäische Union zu entwickeln, eine besondere Trag- und Reichweite hat. Die aktuell geltenden Gesetze stammen aus der Zeit, als die Auswirkungen des Internets und der damit verbundenen Entwicklungen noch nicht so fortgeschritten waren. Entsprechend höher ist heute die Herausforderung, nicht nur ein Gesetz zu schaffen, das die technische Komplexität im Umgang mit Daten berücksichtigt, sondern auch für alle Personen und Einrichtungen, die Daten in der EU verarbeiten, gelten soll. Das Europäische Parlament muss sich deshalb als gleichberechtigter Mitgesetzgeber die notwendige Zeit nehmen, um der Komplexität der auftretenden Fragestellungen gerecht zu werden. Der derzeit bereits gültige Datenschutz in Deutschland ist in vielen Bereichen Vorreiter und sollte soweit irgend möglich Berücksichtigung finden. Es ist jedoch auch wesentlich, das Internet als Schwungrad für wirtschaftliche und soziale Entwicklung nicht unnötig zu behindern, sondern die Sicherheit des Internets und den notwendigen Schutz von Daten adäquat in Einklang zu bringen mit den wirtschaftlichen und sozialen Chancen, die diese neuere Technologie mit sich bringt. Da die Verhandlungen und Gespräche noch nicht abgeschlossen sind, kann ich Ihnen jedoch noch keine Einzeldetails für Entscheidungen mitteilen.
Zu Ihrer Frage bezüglich des Verhältnisses von Interessenvertretern zu Politikern ist die unterschiedliche Aufgabenstellung klar. Abgeordnete des Europäischen Parlaments werden regelmäßig von verschiedenen regionalen, nationalen sowie internationalen Interessensgruppen kontaktiert. Diese Gruppen sind verschiedenster Prägung und vertreten unterschiedlichste Interessen. Die Annahme, nur große Unternehmen oder Interessen bestimmter finanzkräftiger Akteure seien vertreten, ist nicht zutreffend. Die Bandbreite der Interessengruppen ist riesig und naturgemäß glaubt jede, die besten Argumente und wichtigsten Ansichten auf ihrer Seite zu haben. Neben den von Ihnen angesprochenen Unternehmensverbänden gibt es vielfältige Verbraucherschutz-, Umwelt- oder Gewerkschaftsorganisationen, die ihre Auffassungen den Abgeordneten mitteilen.
Ich betrachte den Dialog mit verschiedenen Interessenvertretern als wichtige Informationsquelle in meiner täglichen Arbeit, die mir Einblick in die Realität der praxisrelevanten Fragestellungen gibt. Sie gewährt jedoch auch Einblick in die jeweiligen Interessenslagen und ihre Art der Vertretung. Ich bin z.B. Berichterstatterin für die Richtlinie gegen Angriffe auf Informationssysteme, betreue den Haushalt des Europäischen Parlamentes für das kommende Jahr und verfolge im Namen der EVP Fraktion die Verhandlungen für ein gemeinsames Europäisches Asylsystem. Zugleich erreichen mich täglich viele Anfragen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger aus Oberfranken oder auch aus anderen Gebieten Deutschlands. Hier sind z.B. besonders Themen der regionalen Wirtschaftsförderung für kleine und mittelständische Unternehmen, Fragen des Verbraucherschutzes, Probleme in der Landwirtschaft oder der Fischerei Gegenstand der Diskussion. Angesichts der Fülle und der Komplexität der Themen wäre es geradezu verantwortungslos wenn ich auf die Erfahrung und das Fachwissen von Experten verzichten würde. Es ist dann meine Aufgabe als Abgeordnete die Argumente abzuwägen, mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu besprechen und dann Entscheidungen zu treffen. Es würde meine Arbeit erheblich verschlechtern, wenn ich keinen Kontakt zu von Gesetzen Betroffenen und ihren Organisationen halten oder Gespräche grundsätzlich verweigern würde. Da die Themen jedoch vielfältig sind, müssen wir uns als Kolleginnen und Kollegen die Arbeit aufteilen und Schwerpunkte setzen. Besonders wichtig ist für mich bei diesem Thema auch, dass ich versuche, die Auswirkung von Richtlinien auf andere Mitgliedsstaaten miteinzubeziehen. Denn wenn ich als Abgeordnete Verständnis für Anliegen meines Heimatlandes erreichen will, muss ich auch ein offenes Ohr für die Anliegen anderer haben. Die Abwägung dieser Interessen, genauso wie eine Herangehensweise die unseren europäischen Nachbarn gerecht wird, treffe ich mit höchster Sorgfalt und mit Rücksicht auf meine Verpflichtungen als Volksvertreterin.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihre Monika Hohlmeier