Frage an Monika Hohlmeier von Laura Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Hohlmeier,
gestern habe ich mit Freunden in größerer Runde darüber diskutiert, ob Handel mit nicht-demokratischen Regimes, welche die Menschenrechte nicht achten, von der Politik unterstützt oder unterbunden werden sollte. Dabei haben wir festgestellt, dass dieses Thema eine sehr wichtige Frage der kommenden Wahl für uns ist.
Gerade im Hinblick auf die kommende Wahl wäre es für uns interessant, Ihre Meinung hierzu zu kennen. Ihre Antwort könnte unter Umständen entscheiden, wo wir unser Kreuz setzen werden.
Ich würde mich über eine ausführliche Antwort freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Laura Zwosta
Sehr geehrte Frau Zwosta,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 14.12.2012.
In der Tat ist der Handel mit nicht-demokratischen Regimen politisch umstritten. Die Frage, ob dieser generell verboten oder unter gegebenen Umständen zugelassen werden sollte, lässt sich nicht pauschal beantworten. Maßnahmen der EU sind in diesem Bereich eine stetige Gratwanderung. Ob Handelsembargos gegen Staaten wirksam sind und den individuell verfolgten Zweck erfüllen, sollte immer im Einzelfall analysiert werden.
Handelsembargos können unter Umständen wirksame Mittel im Kampf gegen Staaten sein, die die eigene Bevölkerung unterdrücken, Menschenrechte missachten oder eine militärische Bedrohung für andere Staaten darstellen. In diesen Fällen können Handelsverbote mit einzelnen Staaten große Wirkung erzielen, weil durch sie die Wirtschaft in den betroffenen Staaten stark geschwächt werden kann und durch wirtschaftliche Isolation betroffene Staaten zu Verhandlungen bewegt werden können.
Das Risiko solcher Embargos dabei ist, dass die Zivilbevölkerung mehr unter der Isolation leidet als die Machthaber selbst, die sich weiter finanzielle, soziale und persönliche Vorteile verschaffen und für sich selbst auf illegalem Wege Güter besorgen, die der normalen Bevölkerung nicht zur Verfügung stehen. Verbesserungen der Menschenrechtsstandards werden so vielfach nicht erreicht. Handelsembargos werden daher auf Güter beschränkt, die die existenziell notwendige Grundversorgung der Zivilbevölkerung nicht gefährden, wie zum Beispiel chemische Stoffe oder Material zum Bau von Waffen. Da Handelsverbote aber auch den Stillstand politischer Beziehungen untereinander bewirken können, setzt die EU häufig auf politische Verhandlungen; in Kombination mit Handelsbeschränkungen.
Das 2012 von der EU erlassene Ölembargo für den Iran hat zum Beispiel nicht die erwartete Verhandlungsbereitschaft in der Atompolitik bewirkt. Im Gegenteil, der Iran hat sich in dieser Frage noch mehr abgeschottet und schaffte es, die verhängten Sanktionen teilweise zu umgehen. Iranisches Öl wird weiterhin in die Welt exportiert. Langfristig wird sich Iran ohne weitere eingreifende Maßnahmen auf neue Handelspartner einstellen und sich weiter von der westlichen Welt isolieren. Das könnte dazu führen, dass es schwieriger wird, mit den Machthabern zu verhandeln oder in irgendeiner Weise Druck auf den Iran seitens der EU auszuüben. Wie wir heute wissen, konnte der Iran trotz weitreichender Sanktionen und Überwachung sein Atomprogramm fortführen. Das ist sehr besorgniserregend.
Handelsverbote mit nicht-demokratischen Regimen sind also nicht pauschal zu befürworten oder abzulehnen. Vielmehr gilt es, kritisch den jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Ob eine wirtschaftliche Isolation zielführend, wirksam und im Hinblick auf all seine Folgen angemessen ist. Die EU setzt neben der Handelspolitik auf unterschiedliche Formen der Entwicklungshilfe, gerade in Bezug auf Menschenrechte und die Stärkung demokratischer Prozesse. Der Umbruch zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit ist oft ein langer und schwieriger Weg, bei dem
die EU mit Handelsembargos nur teilweise etwas erreichen kann.
Mit den besten Grüßen
Monika Hohlmeier
Mitglied des Europäischen Parlaments