Frage an Monika Hohlmeier von Gisela S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Hohlmeier!
Im Amtsblatt der Europäischen Union Ausgabe C 91 A/1 vom 9. April 2010 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2010:091A:FULL:DE:PDF ist die Stelle eines Generaldirektors des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung OLAF für die Nachfolge des im Januar verstorbenen früheren Generaldirektors Franz-Hermann Brüner ausgeschrieben.
In der Stellenausschreibung heißt es wörtlich: "Vorzug wird Kandidaten gewährt, die die Fähigkeit haben, in englischer oder französischer Sprache zu arbeiten.”
Halten Sie dies für ein angemessenes Auswahl-Kriterium?
Warum wurde die deutsche Sprache nicht entsprechend berücksichtigt, obwohl sie doch eine der drei Arbeitssprachen der EU-Kommission ist?
Was können Sie als Mitglied des Ausschusses für Haushaltskontrolle in dieser Angelegenheit unternehmen?
Können Sie eine Korrektur der Ausschreibung verlangen, die ja gegenwärtig noch offen ist?
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Schönschmied
Sehr geehrte Frau Schönschmied,
vielen Dank für Ihre Frage. Dem Haushaltskontrollausschuss ist die von Ihnen angesprochene Stellenausschreibung vor Veröffentlichung vorgelegt worden. Die Person, die für die Stelle des Generaldirektors des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung OLAF in Frage kommt, muss demnach verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählen die Fähigkeit, in einem komplexen multikulturellen Umfeld zu arbeiten, ausgezeichnete Kenntnis der wesentlichen rechtlichen und praktischen Aspekte der Betrugsbekämpfung sowie mindestens eine fünfzehnjährige, nach Erwerb des Hochschulabschlusses erworbene Berufserfahrung. Im Haushaltskontrollausschuss haben wir außerdem ergänzt, dass die Person Erfahrungen im Justizbereich oder in der Ermittlungsarbeit mitbringen soll. Als weitere Voraussetzung sind in der Stellenausschreibung die gründliche Kenntnis einer Amtssprache der Europäischen Union und ausreichende Kenntnisse einer zweiten Amtssprache angegeben. Kandidaten die Englisch oder Französisch sprechen wird Vorzug gewährt. Englisch ist nicht nur die meistgesprochene Sprache innerhalb der Europäischen Union, auch die Tätigkeiten von OLAF über die Grenzen Europas hinaus, machen Englischkenntnisse absolut notwendig. Der Sitz von OLAF liegt mit Brüssel in einem vorwiegend französisch-sprachigen Gebiet, deswegen ist auch die französische Sprache für die Stelle wichtig. Sicher wäre es wünschenswert, wenn der neue Generaldirektor auch Deutsch spräche, allerdings würde eine weitere zwingende Voraussetzung in der Stellenausschreibung die Zahl der Bewerber unnötig einschränken.
Eine Änderung der Ausschreibung ist nach Veröffentlichung nicht mehr möglich und wäre aus meiner Sicht auch aus oben genannten Gründen nicht wünschenswert.
Ich stimme Ihnen dahingehend zu, dass die deutsche Sprache innerhalb der Kommission und deren Dienste einen höheren Stellenwert bekommen muss. Neben den Ländern in der EU mit Amtssprache Deutsch, gibt es in mehreren Ländern der Union anerkannte deutsche Minderheiten, zum Beispiel in Belgien, Dänemark, Italien, Polen, Rumänien und Ungarn. Im Jahr 2007 hatten 18 Prozent der EU-Bevölkerung Deutsch als Muttersprache. Damit ist es die meistgesprochene Muttersprache in der Europäischen Union. Darüber hinaus sprechen 14 Prozent der Europäer Deutsch als Fremdsprache. Insgesamt beherrschen damit rund 32 Prozent der Bürger in Europa Deutsch. Zum Vergleich: Englisch ist mit 47 Prozent die meistgesprochene Sprache in der EU (13 Prozent Muttersprache, 34 Prozent Fremdsprache), Französisch liegt mit 23 Prozent Verbreitung hinter Deutsch auf Platz drei (12 Prozent Muttersprache, 14 Prozent Fremdsprache). Schon allein deswegen müssen wir uns dafür einsetzen, dass Deutsch als Arbeitssprache erhalten und gepflegt wird.
In der Europäischen Kommission zählt Deutsch neben Englisch und Französisch längst zur Arbeitssprache. Auf Initiative einiger Abgeordneter, darunter Ernst Strasser, Elmar Brok und meine Person hat die Außenministerkonferenz Ende April 2010 für den neu einzurichtenden Europäischen Auswärtigen Dienst beschlossen, dass Deutsch als Arbeitssprache anerkannt wird. Dieser Entscheidung müssen nun noch das Parlament und die Kommission zustimmen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit klären.
Mit herzlichen Grüßen
Monika Hohlmeier