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Misbah Khan
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfgang U. •

Frage an Misbah Khan von Wolfgang U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wie stehen Sie zum Thema Scheinselbstständigkeit?
Es geht mir nicht um den von seinem Arbeitgeber aus Kostengründen tatsächlich in die Scheinselbständigkeit gedrängten Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich, sondern um den gut ausgebildeten Wissensarbeiter, der bewusst und selbstbestimmt selbstständig tätig sein will.
Die aktuelle Gesetzeslage definiert hier leider immer noch sehr unklar, wie ist Ihre Meinung dazu?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr U.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich hiermit gerne beantworte.

Um die soziale und ökologische Modernisierung zu meistern, brauchen wir auch die innovative Kraft von Gründer*innen. Wir wollen alle, die den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit wagen, dabei unterstützen, sich besser und einfacher abzusichern und Ungleichbehandlungen gegenüber Arbeitnehmer*innen zeitnah abzubauen. Gesetzlich versicherte Selbständige wollen wir bei den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen mit geringeren Mindestbeiträgen sehr deutlich entlasten. Wir wollen eine freiwillige Arbeitsversicherung für Selbstständige, die erschwinglich, für alle Selbstständigen geöffnet und gerechter ausgestaltet ist. Wahltarife sollen dabei mehr Flexibilität für Selbstständige ermöglichen. Wir wollen alle nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen in die gesetzliche Rente einbeziehen und ihnen eine größere Beitragsflexibilität als heute ermöglichen. Selbständige sollen in guten Zeiten höhere Beiträge vor- oder nachzahlen können, damit sie in schlechten Zeiten entlastet werden. Wir wollen den ersten Schritt zur Bürger*innenversicherung gehen und hierfür die nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen, Minijobber*innen und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Auch Langzeitarbeitslose sollen wieder versichert werden. Für die Selbständigen und insbesondere die Existenzgründer*innen wird es Übergangsregelungen geben. Zudem wollen wir Selbständigen mit Beitragsrückständen bei der Krankenversicherung helfen und Schulden erlassen.

Selbständige und deren Verbände nehmen die verschiedenen Feststellungsverfahren im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht zu Recht zunehmend als Problem war. Wir setzen uns dafür ein, Rechts- und Planungssicherheit herzustellen, indem die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung eindeutig und praxistauglich geregelt wird.

Selbständige, Unternehmer und Gründerinnen haben wegen ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Eigenständigkeit und des Willens zur persönlichen Verantwortung große Bedeutung für unsere Gesellschaft. Die Zahl der (hochqualifizierten) selbständigen Wissensarbeiter wächst in Deutschland nachhaltig. Der aktuelle gesetzliche Rahmen bietet derzeit aber keine verlässliche Rechts-und Planungssicherheit. Berufliche Selbständigkeit ist die Form einer Erwerbstätigkeit und keine Eigenschaft des Berufstätigen. Gemeinsames Merkmal ist die Unabhängigkeit von einem Arbeitgeber. Diese kann grundsätzlich immer nur für den jeweiligen Job geprüft werden. Wir sehen, dass das für Selbständige mit großen Belastungen und Unsicherheiten einhergehen kann. Wir wollen aus diesem Grund das Statusfeststellungsverfahren ändern. Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern Selbständige bei einer eindeutigen wirtschaftlichen Unabhängigkeit auf das Statusfeststellungsverfahren verzichten können. Dies muss allerdings im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht stehen. Dem Anliegen die Prüfverfahren zu modernisieren könnte insofern entsprochen werden, als dass ein offener Katalog an Positivkriterien für eine selbständige Tätigkeit formuliert und entsprechend auch im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht festgeschrieben würde.

Problematisch ist zudem, dass die unterschiedlichen Feststellungsverfahren im Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht bislang unabhängig voneinander laufen. So müssen sich etwa die Finanzämter nicht an die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung halten und kommen somit ggf. zu abweichenden Einschätzungen. Das erschwert deutlich die Planungssicherheit. Besser wäre es, wenn gleichlautende Kriterien über die verschiedenen Rechtskreise hinweg abgestimmt Anwendung fänden. Als ein erster Schritt ist das Ergebnis der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung mit der arbeitsrechtlichen Prüfung zu verknüpfen.

Wie soziale Sicherung im digitalen und demografischen Wandel nachhaltig, solidarisch und armutsfest organisiert werden kann, ist eine der großen Herausforderungen. Dazu gehört auch, dass die Grenzen zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit noch schwimmender werden. Wir wollen eine breite Debatte vorantreiben.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Bitte nutzen Sie Ihr Wahlrecht!

Mit den besten Grüßen
Misbah Khan

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