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Miriam Block
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Frage von Peter M. •

Frage an Miriam Block von Peter M. bezüglich Verkehr

Moin,

in der Heimfelder Straße sind in Vergangenheit die Fahrradwege entfernt worden. Diese Straße ist recht schmal und mir fällt jedesmal auf, dass überholende Fahrzeuge den Mindestabstand teilweise extrem unterschreiten.

1. Warum sind die Radwege entfernt worden? Platz für Fußgänger und Radfahrer ist ausreichend auf der Fläche vorhanden
2. Wie lässt sich diese Verschlechterung für Radfahrer mit dem allgemeinen Trend für sichereres Radfahren vereinbaren?
3. Ist die Gestaltung des Ehestorfer Wegs mit dem gestrichelten Fahradweg auf der Straße die Lösung, die auf uns auf allen entsprechenden Straßen zukommt? Und haben die Verantwortlichen schon bemerkt, dass dieser "Radweg" mehrmals plötzlich aufhört?

Danke für die Antworten.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Moin,

Ihre Frage fällt eher in den Bereich der Bezirkspolitik. Ich habe mich deshalb bei der grünen Bezirksfraktion Harburg erkundigt und würde Sie da für weitere Nachfragen gerne hin verweisen. Sie erreichen die Fraktion über fraktion@gruene-harburg.de

Die folgenden Antwort hat Michael Sander für Sie erstellt:
1. Die Radwege waren sanierungsbedürftig, ließen sich aber nicht so herstellen, wie es die aktuellen Qualitätsanforderungen für Radwege erfordern (z. B. Mindestbreite 1,50m plus Barrierestreifen zum Gehweg). Deswegen wurde der Radverkehr auf die Fahrbahn verlagert und der entstehende zusätzliche Platz dem Gehweg zugeschlagen, der vorher auch nicht die Mindestbreite erreichte. Allerdings gingen der Bezirk und vor allem die Bezirksversammlung beim Beschluss zur Verlagerung des Radverkehrs auf die Fahrbahn davon aus, dass zeitgleich mit diesem Schritt auch eine Anordnung für Tempo 30 durch die Straßenverkehrsbehörde erfolgen würde. Trotz zahlreicher (einstimmiger!) Beschlüsse der Bezirksversammlung und Initiativen in Richtung der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) und der Behörde für Inneres (BIS) konnte bisher keine Anordnung von Tempo 30 erreicht werden. Nach Auskunft der BIS / Polizei handelt es sich bei der Heimfelder Straße um eine Hauptstraße, auf der nur unter bestimmten Umständen Tempo 30 angeordnet werden darf. Außerdem würde bei Tempo 30 der Busverkehr gebremst und damit der HVV weniger attraktiv.
Wir als GRÜNE setzen uns bundesweit für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts ein mit der Option, auf Durchgangsstraße Tempo 50 zuzulassen. Bis das umgesetzt werden kann, möchten wir in Hamburg die Widmung zahlreicher Straßen dahin gehend ändern, dass das erste genannte Argument der Polizei entfällt, die Heimfelder Straße also keine Hauptstraße mehr ist.
Das Argument mit dem Busverkehr trifft insofern nicht zu, als dass ja auch der KfZ-Verkehr entsprechend langsamer unterwegs wäre, sich also für Busse zwar zeitliche Nachteile gegenüber dem Radverkehr, nicht aber gegenüber dem "motorisiertem Individualverkehr" (MIV) ergeben. Mit der Anordnung von Tempo 30 halten wir den so genannten "Mischverkehr" von KfZ und Fahrrädern auf der Fahrbahn für die beste realisierbare Lösung. Weit reichende Änderungen am Fahrbahnquerschnitt wären nur unter Verlust des Allee-Charakters umzusetzen. Das möchten wir nicht. Auch eine immer mal wieder geforderte Einbahnstraßenregelung in der Heimfelder und in der Haakestraße lehnen wir ab, da Einbahnstraßen den KfZ-Verkehr immer beschleunigen und damit den Radverkehr gefährlicher machen.

2. Siehe auch Antwort zu 1. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Sicherheitsgefühl der Radfahrenden auf der Fahrbahn und der objektiven, also messbaren Sicherheit. In zahlreichen Studien nachgewiesen wurde, dass Radverkehrsführungen auf gleichem Niveau und im Sichtfeld der KfZ erhebliche Sicherheitsvorteile gegenüber einer Radverkehrsführung auf Hochbordradwegen abseits der Fahrbahn bringen. Das Sicherheitsgefühl kann verbessert werden, in dem der Geschwindigkeitsunterschied zwischen Fahrrädern und KfZ vermindert wird. Außerdem hat es viel mit Gewohnheit zu tun, ob man sich in einer Situation sicher fühlt oder nicht. Das gilt für die Gewohnheit der Radfahrenden, aber auch für die Gewohnheit der KfZ-Fahrer*innen, die umso rücksichtsvoller fahren, je mehr Fahrräder unterwegs sind (und je häufiger sie selbst mit dem Fahrrad unterwegs sind).

3. Die im Ehestorfer Weg umgesetzte Lösung mit den so genannten "Radschutzstreifen" ist ein aus unserer Sicht schlechter Kompromiss, der für den Radverkehr keinen Sicherheitsgewinn bringt, aber trotzdem die Gewohnheiten der KfZ-Fahrer*innen einschränkt. Auch der Fußverkehr hat kaum etwas von der neuen Lösung außer mehreren Sprunginseln als Querungshilfen. Das "Aufhören" an diesen Stellen ist eigentlich keins, denn auf der gesamten Strecke gilt, dass KfZ und Fahrräder jeweils die gesamte Fahrbahn nutzen dürfen. Die gestrichelte Linie verpflichtet weder die KfZ noch die Fahrräder dazu, auf "ihrer" Seite der Linie zu bleiben. Die Wahrnehmung ist natürlich eine andere und deswegen ist das schlecht.
Wir GRÜNE haben uns sehr für vollwertige Radstreifen auf beiden Seiten der Fahrbahn eingesetzt (durchgezogene 25cm breite Streifen, die einen 2m breiten Radstreifen von der Fahrbahn trennen und von KfZ nicht überfahren werden dürfen). Diese Option ist letztlich daran gescheitert, dass die Anwohner*innen nicht auf die Abstellmöglichkeit ihrer PKW an der Straße verzichten wollten und die damalige GroKo in Harburg sich diesem Wunsch nicht widersetzt hat. Wir halten (dünne gestrichelte) Radschutzstreifen insgesamt für keine geeignete Form des Radverkehrs, weil sie keinen echten Schutz bieten, da sie zu schmal sind und außerdem die KfZ dazu verleiten, mit zu wenig Abstand zu überholen. Dort, wo keine vollwertigen Radstreifen passen, ist die Anordnung von Tempo 30 mit Mischverkehr aus unserer Sicht besser geeignet um die Sicherehit für den Radverkehr zu erhöhen. Ein bestimmungsgemäßer Hochbordradweg benötigt mehr Platz als ein Radstreifen und kann auf einigen Strecken mit hohem Schwerverkehrsanteil und mehreren Richtungsfahrstreifen sinnvoll sein; im Ehestorfer Weg eher nicht.

Ich möchte Ihnen darüber hinaus noch bezüglich der grünen verkehrspolitischen Pläne für die kommende Legislatur der Bürgerschaft die folgenden Informationen rund um das Thema grüne Maßnahmen für Verkehrssicherheit mitgeben. Unser Leitgedanke ist: null Verkehrstote. In der nächsten Legislatur werden wir darum zum Beispiel regelhaft Haltezonen vor dem ruhenden Verkehr mit Vorbeifahrstreifen planen, rote Markierungen von Radwegen an Kreuzungen durchsetzen, Vorrangschaltungen sowie eigene Ampelphasen für Radfahrende einführen und jedes Jahr die fünf unfallauffälligsten Verkehrsknotenpunkte zu protected intersections umbauen.

Herzliche Grüße
Miriam Block

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