Frage an Michael Westenberger von Jan B. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Westenberger,
eine lebensweltliche Frage: Was versprechen Sie sich von dem Alkoholverbot auf dem Kiez?
Mit einem Schmunzeln habe ich bisher bei verschiedenen USA-Aufenthalten das in Amerika übliche Alkoholverbot unter freiem Himmel hingenommen. Es kam mir immer unheimlich verkrampft vor, dass man in dem ach so freien Amerika noch nicht mal ein Bierchen vor der Tür einer Bar trinken darf.
Offenbar um der zunehmenden (ist das so?) Gewaltkriminalität an der Reeperbahn zu begegnen, hat Ihre Partei nun auch für den Hamburger Kiez ein solches Alkoholverbot beschlossen. Ohne die tatsächliche Entwicklung der Kriminalitätsstatistik zu kennen, kommt mir dieses Verbot aus folgenden Gründen widersinnig vor.
1. Nur ein sehr geringer Anteil der Kiezbesucher ist gewalttätig. Dass sich gerade die potentiellen Gewalttäter an dass Alkoholverbot halten werden, halte ich für unwahrscheinlich.
2. Die Davidswache ist bereits jetzt eine der am Stärksten belasteten Polizeiwachen in Deutschland. Nun müssen die Polizisten auch noch brave Kiezbesucher vom Alkoholkonsum unter freiem Himmel abhalten.
3. Gerade die Polizeipräsenz ist aber geeignet, spontane Straßenkeilereien zu unterbinden. Die Aufmerksamkeit der Streifenpolizisten sollte hierauf gerichtet bleiben.
4. Eine weitere Ursache der Gewaltkriminalität dürfte im Bereich der Zuhälterei und Bandenkriminalität liegen. Diese wird vom Alkoholverbot nicht berührt. Sie werden eher durch die Zusatzbelastung der Polizei weniger Aufmerksamkeit der Ordnungsorgane erhalten.
5. Polizeiliche Kontrollen verderben Feierlaune und heizen eine möglicherweise angespannte Stimmung auf. Das Verbot könnte insofern kontraproduktiv wirken, indem es zusätzliches Konfliktpotential auf den Kiez bringt.
Mit Freude habe ich festgestellt, dass Sie einer der wenigen Wahlkreis-Kandidaten sind, der die Fragen in diesem Forum detailliert beantwortet. Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Jan Behrendt
Sehr geehrter Herr Behrendt,
im vergangenen Jahr nahmen schwere Körperverletzungen in Hamburg leider um 5,3 Prozent zu (insgesamt 5529 Taten, Schwerpunkt Reeperbahn). Nach Polizeiangaben werden wöchentlich 10 bis 15 Kiez-Besucher mit abgebrochenen Glasflaschen verletzt.
Sie werden mir bestätigen, dass man dieser Entwicklung gerade auf dem Kiez nicht tatenlos zusehen darf.
Ursprünglich wollte der Senat mit einem harten Maßnahmenkatalog dagegen vorgehen. Ein generelles Glasflaschenverbot auf dem Kiez und ein Verbot, an den Wochenenden auf dem Kiez Alkohol zu verkaufen, waren geplant.
Erfreulicherweise haben sich jedoch die Interessenvertreter, Tankstellen, Kioske und Läden auf der einen und Behördenvertreter auf der anderen Seite, zusammengesetzt und eine Vereinbarung unterzeichnet, die vorsieht dass in der Zeit zwischen 20 Uhr und 8 Uhr morgens nur Bier in Dosen oder Plastikflaschen verkauft wird. Premiumbiere müssen sofort in Plastikbecher umgefüllt und die Flaschen zurückgegeben werden. Später soll auch Schnaps und Wein in Plastikflaschen verkauft werden.
Diese Regelung muss unbedingt eingehalten werden, wenn nicht ab Mai auf dem Kiez der Konsum von Alkohol auf der Straße verboten werden soll.
Hoffen wir, dass es klappt und alle halten sich an die Vereinbarung, sodass Ihnen und anderen Kiez-Besuchern die ungetrübte Feierlaune erhalten bleibt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Westenberger