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Michael Thews
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Frage von Mirko N. •

Frage an Michael Thews von Mirko N. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Thews,

ich möchte mich erstmal bedanken, das Sie meine Frage so schnell beantwortet haben. Ich respektiere Ihre Entscheidung, die Sie getroffen haben.

Leider muß ich Sie noch mit ein paar Fragen belästigen, die mir auf den Nägel brennen:

-Wie sollen denn die (im schlimmstenfalls) 23 Mrd. Euro nun finanziert werden ? (Sie werden ja kaum den Hut bei der nächsten Sitzung rumgehen lassen).

-Wird es zu einer Erhöhung des "Solis" kommen, wie es schon durch die Medien ging?

-Wie ist der Plan "B", falls es in Griechenland so weitergeht wie in den letzten 5,5 Jahren und die Reformen nicht umgesetzt werden, bzw. falls in einem Jahr ein viertes Rettungspaket fällig ist?

-Da die Bonität Griechenland ziemlich mies ist (Ramschniveau, sind die Hilfen nun noch Kredite oder schon Transferzahlungen ?

- Wenn es Transferzahlungen sind, verstossen die nicht gegen geltendes EU Recht (Masstricher Verträge --> No Bail Out Klausel) ?

-Warum hat Großbritannien rechtliche Sicherheiten, und bekommt von den ausgezahlten Geldern (hier Brücken-Kredit in Höhe von 7,1 Mrd Euro) einen Teil als Sicherheit auf ein Sperrkonto?

Über eine baldige Antwort würde ich mich freuen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Napiany,

gerne beantworte ich Ihnen auch Ihre weiteren Fragen:

- Wie sollen denn die (im schlimmstenfalls) 23 Mrd. Euro nun finanziert
werden ?

Die 23 Mrd. Euro, auf die Sie sich beziehen, ergeben sich, wie Sie zu recht ausführen, wenn man den derzeit geschätzten Finanzbedarf für ein 3. Hilfsprogramm von 82-86 Mrd. Euro in Bezug setzt zum deutschen Anteil am Kapitalstock des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM von 27 %. Diese müssen aber aufgrund der Arbeitsweise des ESM nicht neu von Deutschland finanziert werden. Der ESM hat einen Kapitalstock von rund 705 Mrd. Euro, davon 80 Mrd. Euro eingezahltes Kapital. Als größte Volkswirtschaft der Eurozone hat Deutschland den größten Anteil. Er entspricht dem Anteil an der EZB und liegt bei knapp 27 Prozent. Der deutsche Anteil am Gesamtkapital beträgt also rund 190 Mrd. Euro, am eingezahlten Kapital knapp 22 Mrd. Euro. Dieser Kapitalstock erlaubt es dem ESM, die Gelder, die bei einem neuen Hilfsprogramm zur Kreditvergabe benötigt werden, zu extrem niedrigen Zinsen an den Märkten aufzunehmen (durch Anleihen und andere Papiere). Mit den Rückzahlungen Griechenlands zahlt der ESM dann seinerseits seine Schulden bei den Investoren zurück, die seine Papiere gekauft haben.

-Wird es zu einer Erhöhung des "Solis" kommen, wie es schon durch die Medien ging?

Eine Erhöhung des „Soli“ wurde von dem Ökonomen Clemens Fuest vorgeschlagen. Wir Sozialdemokraten sehen dafür überhaupt keinen Grund. Nach meiner Kenntnis, ist dieser Vorschlag auch von den anderen im Bundestag vertretenen Parteien abgelehnt worden.

-Wie ist der Plan "B", falls es in Griechenland so weitergeht wie in den letzten 5,5 Jahren und die Reformen nicht umgesetzt werden, bzw. falls in einem Jahr ein viertes Rettungspaket fällig ist?

Der aktuelle Vorschlag für ein drittes Anpassungsprogramm unterscheidet sich hinsichtlich der Programmdauer, des Programmvolumens und der angekündigten Möglichkeit für weitere Schuldenerleichterungen maßgeblich von der Verlängerung des zweiten Anpassungsprogramms. Er stellt damit eine echte Möglichkeit dar, Griechenland mit Hilfe seiner europäischen Partner auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen.

Ich bin überzeugt, dass es funktionieren kann. Den Beleg, dass ein wirtschaftliches Anpassungsprogramm funktionieren kann, liefern nicht nur andere „Programmländer“ wie Irland, Portugal und Spanien, in denen es nach der Krise wieder aufwärts geht, sondern in Ansätzen auch Griechenland selbst. Denn trotz aller Probleme, die es bisher bei der Umsetzung von Reformen gab, war 2014 in Griechenland eine positive Entwicklung erkennbar: es gab erstmals wieder ein gewisses Wirtschaftswachstum, der griechische Staat konnte mit den laufenden Einnahmen zwar seine Schulden noch nicht zurückzahlen, aber immerhin schon wieder seine laufenden Ausgaben bestreiten. Es kam dann aber in den letzten zwölf Monaten zu einer Lockerung der Reformmaßnahmen, die zu einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in Griechenland geführt hat. Jetzt muss dringend an die vorherige positive Entwicklung angeknüpft werden.

Das griechische Parlament hat das Ergebnis des Euro-Gipfels am 15. Juli mit großer Mehrheit gebilligt (229 der 300 Abgeordneten stimmten dafür) und bereits konkrete Gesetzesänderungen beschlossen, u.a. erste Elemente einer Mehrwertsteuerreform und einer Rentenreform.

Die griechische Regierung muss jetzt bei jedem Schritt beweisen, dass sie hinter ihre bereits gemachten Zusagen nicht wieder zurückfällt. Das gilt für den weiteren Verhandlungsprozess. Es gilt vor allem aber für die Zeit, in der ein neues Programm in den nächsten drei Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden muss.

Alle müssen jetzt alles dafür tun, dass Plan A aufgeht.

-Da die Bonität Griechenland ziemlich mies ist (Ramschniveau, sind die Hilfen nun noch Kredite oder schon Transferzahlungen ?
- Wenn es Transferzahlungen sind, verstossen die nicht gegen geltendes EU Recht (Masstricher Verträge --> No Bail Out Klausel) ?

Es handelt sich um Kredite zu sehr günstigen Konditionen. Ein Verstoß gegen EU-Recht liegt nicht vor. Das hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, nachdem ein irischer Abgeordneter gegen die Einrichtung des ESM geklagt hatte („Pringle-Verfahren“). In der Pressemitteilung des EuGH heißt es:

„Mit der „Nichtbeistandsklausel“, nach der die Union oder ein Mitgliedstaat nicht für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaats eintritt und nicht für sie haftet, soll der Union und den Mitgliedstaaten nicht jede Form der finanziellen Unterstützung eines anderen Mitgliedstaats untersagt werden. Sie soll vielmehr sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten auf eine solide Haushaltspolitik achten, indem sie gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten bei ihrer Verschuldung der Marktlogik unterworfen bleiben. Sie verbietet es daher nicht, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten einem Mitgliedstaat, der für seine eigenen Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern haftbar bleibt, eine Finanzhilfe gewähren, vorausgesetzt, die daran geknüpften Auflagen sind geeignet, ihn zu einer soliden Haushaltspolitik zu bewegen. Der ESM und die daran teilnehmenden Mitgliedstaaten haften aber nicht für die Verbindlichkeiten des Empfängermitgliedstaats einer Stabilitätshilfe und treten auch nicht im Sinne der „Nichtbeistandsklausel“ für sie ein.“

-Warum hat Großbritannien rechtliche Sicherheiten, und bekommt von den ausgezahlten Geldern (hier Brücken-Kredit in Höhe von 7,1 Mrd Euro) einen Teil als Sicherheit auf ein Sperrkonto?

Die Brückenfinanzierung erfolgt aus dem EU-Haushalt über den Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus EFSM. Da dieser alle 28 EU-Staaten betrifft und nicht nur die 19 Staaten der Eurozone, haben alle Nicht-Euroländer verlangt, gegen Risiken der Brückenfinanzierung gesondert abgesichert zu werden. Die Eurostaaten haben dies zugestanden und stellen dafür die sogenannten SMP-Mittel bereit (Zentralbankgewinne aus griechischen Staatsanleihen, die eigentlich an Griechenland zurücktransferiert werden sollten, aber nicht ausgezahlt wurden, weil das zweite Programm nicht abgeschlossen wurde). Aber auch die Euro-Staaten haben darauf bestanden, dass das Risiko der Brückenfinanzierung bei Griechenland liegt. Sollte der Fall eintreten, würden die Ansprüche Deutschlands und anderer Länder aus Mitteln bedient, die in den nächsten Jahren im EU-Haushalt für Griechenland vorgesehen sind.

Für weitere Einzelheiten zur Griechenland-Hilfe, kann ich Ihnen die Bundestagsdrucksache 18/5590 empfehlen. Dies ist der Antrag des Bundesfinanzministeriums an den Deutschen Bundestag auf Zustimmung, der umfassend alles offen legt und alle entscheidenden Dokumente (auch in deutscher Übersetzung) enthält.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Thews

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