Frage an Michael Schweiger von Thilo B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Schweiger,
der Zugang für Menschen mit Behinderungen zu sozialversicherungspflichtiger Arbeit bleibt schwer und die jüngsten Einsparungen bei Fördermaßnahmen haben die Situation nicht verbessert. Welche Ideen haben Sie, um die Chancen auf einen angemessenen Arbeitsplatz für Menschen mit Behinderungen zu fördern?
Ich freue mich auf Ihre Antwort. Viele Grüße Thilo Bock
Sehr geehrter Herr Bock,
vielen Dank für Ihre Frage. In der Tat ist die Situation am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung nach wie vor enorm angespannt. Vom Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung von 2% (Bund/Hamburg) im Vergleichszeitraum von November 2009 - November 2010 profitieren Menschen mit Handicaps leider nicht. Insbesondere die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung ist mit 14% annähernd doppelt so hoch wie der durchschnittliche Bundeswert. Die Gründe hierfür sind komplex und vielschichtig. Um die Situation der Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt deutlich zu verbessern, braucht es ein großes "Kraftpaket" mit verschiedenen Handlungsansätzen:
1. Beratungsleistungen für Arbeitgeber weiter ausbauen. In vielen Unternehmen bestehen Unsicherheiten bezüglich der Beschäftigung von Menschen mit Handicaps. Sie benötigen Hilfestellung bei der Gestaltung der Arbeitsplätze, den Fördermöglichkeiten über Integrationsämter, Arbeitsagentur/Jobcenter und der Rehaträger.
2. Bereitstellung von sogenannten Integrationsarbeitsplätzen. Diese werden über die Ausgleichsabgabe gefördert und sind in den letzten Jahren in Hamburg kontinuierlich weniger geworden. Sie bedürfen einer materiellen Besserstellung. Diese ist vor dem Hintergrund der vorhandenen Mittel innerhalb der Ausgleichsabgabe (Hamburg hat in 2010 insgesamt 22 Mill € erhoben) durchaus darstellbar.
3. Besonders beeinträchtigte Menschen an der Schwelle der Erwerbsfähigkeit benötigen angepasste Hilfen, da sie häufig den Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht standhalten können. Für diese braucht es eine öffentlich geförderte Beschäftigung ohne ständigen "Vermittlungsdruck"
4. Insbesondere Menschen mit einer psychischen Erkrankung benötigen Arbeitsplätze in einer "Zuverdienststruktur" Diese ermöglicht Ihnen den Arbeitsplatzerhalt bei krankheitsbedingten Leistungsschwankungen. Entsprechende Modelle in Anlehnung der Bundesarbeitsgemeinschaft Integrationsfirmen und der Bundesarbeitsgemeinschaft Unterstützte Beschäftigung unterstütze ich ausdrücklich.
5. Die Förderstruktur der Arbeitsagentur und des Jobcenters muss noch konsequenter auf die Belange von Menschen mit Behinderung abgestimmt werden. Hier wird es darauf ankommen, dass Hamburg seinen Einfluss in der sogenannten "gemeinsamen Einrichtung" (ehemalige Arge) geltend macht zu Gunsten einer stadtteilbezogenen Beschäftigungs- und Förderstruktur. Unser grünes Programm RISE (Rahmenprogramm integrierte Stadtteilentwicklung) zeigt diese Wege dezidiert auf und sollten in der kommenden Legislatur zur Umsetzung gelangen.
Herzliche Grüße
Michael Schweiger