Werden Sie sich für eine Anpassung der Zinsschranke einsetzen, sodass es großen Unternehmen erschwert wird weiterhin ihre Gewinne ins Ausland zu transferieren?
Sehr geehrter Herr K.,
firmeninterne Kredite sind für etwa ein Drittel der globalen Gewinnverschiebung verantwortlich. Besonders Immobilieninvestmentfonds nutzen sie, um Gewinne aus den in Deutschland steuerpflichtigen Objektgesellschaften in niedrigbesteuerte Holding-Gesellschaften im Ausland zu verschieben.
Damit wollen wir uns nicht abfinden. Durch internationale Steuerkooperation muss verhindert werden, dass Vermögen und Unternehmensgewinne der Besteuerung entzogen werden. Darum brauchen wir ein globales Register für mehr Transparenz (Public Country-by-Country-Reporting). Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat in der Bundesregierung das Konzept einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmen entwickelt und internationale Verhandlungen hierzu initiiert. Der Vorschlag ist in den seit einigen Jahren laufenden Prozess bei der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufgenommen worden. Beim Treffen der G7-Finanzministerinnen und Finanzminister am 4./5. Juni in London ist nun ein großer Durchbruch gelungen. Die wichtigsten Industrieländer haben sich auf Eckpunkte für eine umfassende Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung geeinigt. Wir werden den Aufbau einer globalen Steuerkoordinationsstelle bei der UN und die OECD in ihrem Kampf gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung unterstützen (vgl. SPD-Wahlprogramm S. 22 und 62).
Die Vorschriften des § 4h Einkommensteuergesetz (EStG) und § 8a Körperschaftsteuergesetz (KStG) sehen bereits eine Beschränkung der Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen in Abhängigkeit vom Gewinn vor. Deutschland muss die Zinsschranke also nicht neu einführen, da sie schon mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 eingeführt wurde. Die Zinsschranke nach deutschem Vorbild wird im Rahmen des BEPS-Prozesses von den anderen Staaten umgesetzt.
Die Zinsschranke ließe sich allerdings verschärfen. So besteht eine Freigrenze von 3 Mio. Euro, bis zu der Zinsausgaben immer abzugsfähig sind. Zinsausgaben sind über der Freigrenze hinaus in Höhe des EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) abzugsfähig. Die Freigrenze könnte abgesenkt werden. Statt des EBITDA könnten andere Grenzen (z.B. ohne Berücksichtigung der Abschreibungen) gezogen werden. Eine Absenkung der Freigrenze würde allerdings mittlere Unternehmen treffen. Generell würden niedrigere Obergrenzen auch Unternehmen treffen, die zwar einen hohen Fremdfinanzierungsbedarf haben, aber keine Gewinnverlagerungen vornehmen. Bei einer zu engen Fassung der Zinsschranke besteht die Gefahr, dass dies die Investitionsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigt. Die These, dass die Zinsschranke nur nach einer Verschärfung wirksam wäre, greift womöglich zu kurz.
Wir wollten die Zinsschranke im Zusammenhang mit den Beratungen zum Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) und des ATAD-Umsetzungsgesetzes (ATADUmsG) modifizieren. Auch aus dem Bundesrat kamen entsprechende Initiativen. Dies ist am Widerstand von CDU und CSU gescheitert.
Sehr wohl sind in dieser Wahlperiode aber Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen ergriffen worden:
- Das ATAD-UmsG sieht schärfere Regelungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung von im Ausland niedrigbesteuerten Einkünften, bei der Verlagerung von Betriebsvermögens (Entstrickung) und vor allem bei der Bekämpfung hybrider Gestaltungen vor.
- Eine weitere Konkretisierung der Verrechnungspreisregelungen für konzerninterne Finanzierungsaufwendungen wurde wegen der Ablehnung durch CDU und CSU nicht vorgenommen. Das alternative Instrument zur Beschränkung von Gewinnverlagerungen über konzerninterne Finanzierungsaufwendungen ist die Zinsschranke.
- Mit dem Steueroasen-Abwehrgesetz können wir den Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen, die in Zusammenhang mit bestimmten Steueroasen entstanden sind, nach einer bestimmten Frist ganz versagen. Das sind bisher die schärfsten Maßnahmen gegen Gewinnverlagerungen. Sie gelten aber nur gegenüber den Steueroasen, die auf der schwarzen Liste der EU aufgeführt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schrodi