Vertritt Ihre Partei noch die Interessen der jüngeren, berufstätigen Menschen in Deutschland?
Sehr geehrter Herr Schrodi,
nachdem viele Länder in den vergangenen Jahrzehnten die Altersversorgung für künftige Generationen - auch unter Einbeziehung des "bösen" Kapitalmarkts - erfolgreich reformiert und auf eine breitere Basis gestellt haben, wurde dies in Deutschland lange Zeit sträflich versäumt. Nun wurde nach mehreren Verzögerungen das sogenannte Rentenpaket II vorgestellt. Dieses wird in der Presse vielfach als Frontalangriff auf die jüngere Generation berzeichnet. Angesichts der Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft das Rentenniveau festgeschrieben wird und am Renteneintrittsalter und der Rente mit 63 nicht gerüttelt werden darf, ist diese Einschätzung wohl auch nicht falsch. Als einzige Stellschrauben bleiben somit der Rentenbeitrag und der Steuerzuschuss in die Rente übrig, Für Berufstätige unter 50 Jahren ist also Schlimmes zu befürchten. Warum also sollte ein junger, im Berufsleben stehender Mensch die SPD wählen?
Sehr geehrter Herr R.,
Vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die SPD ist sich bewusst, dass der demografische Wandel und die daraus resultierenden Herausforderungen für das Rentensystem Weichenstellungen erfordern, um sowohl die jetzigen als auch die zukünftigen Generationen abzusichern. Es ist unser Ziel, ein Rentensystem zu gewährleisten, das gerecht und nachhaltig ist, denn eine auskömmliche Rente sichert nicht nur einen angemessenen Lebensstandard im Ruhestand, sie ist auch Ausdruck von Wertschätzung und Respekt vor der Lebensleistung. Seit über 30 Jahren haben verschiedene Rentenexperten die Implosion der gesetzlichen Rente vorhergesagt. Einer davon, Herr Raffelhüschen, war gleichzeitig in Aufsichtsgremien großer Versicherungskonzerne, die auf einen großen Markt für private Versicherungsprodukte hofften. Alle damaligen Annahmen haben sich nicht bewahrheitet, die solidarische gesetzliche Rentenversicherung ist und bleibt das verlässliche Instrument zur Absicherung eines auskömmlichen Einkommens im Rentenalter. Diese gesetzliche Rentenversicherung haben wir mit dem Rentenpaket II zukunftsfest gemacht.
In naher Zukunft gehen die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er („Babyboomer“) in den Ruhestand. Der Renteneintritt der Babyboomer wird eine demografische Herausforderung für das Rentensystem. Nach der mittleren Variante der aktuellen Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes stehen in 2040 rund 43 Menschen im Rentenalter 100 Menschen im Erwerbsalter gegenüber. Dies bedeutet dass unsere Gesellschaft voraussichtlich deutlich altern wird und die demografische Belastung wird bis 2040 zunehmen. Jedoch lassen die aktuellen Vorausberechnungen den Schluss zu, dass diese Belastung weniger stark ausfällt, als noch vor einigen Jahren angenommen.
Mit dem Rentenpaket II hat die Ampel schon jetzt eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, die darauf abzielen, das Rentensystem langfristig zu stabilisieren und gerecht zu gestalten. Mit dem sog. Generationenkapital wird die auf dem Kapitalmarkt erhoffte Rendite den Beitrag zur Rentenversicherung stabilisieren.
Zusätzlich zur Stabilisierung des Rentenniveaus bei mindestens 48 Prozent haben wir uns für die Angleichung der Renten zwischen Ost und West eingesetzt, um eine gerechtere Behandlung aller Rentenempfänger in Deutschland zu gewährleisten. Diese Maßnahme ist ein Zeichen unseres Engagements für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit.
Im Gegensatz zu den Forderungen von Union und FDP wird es unter einer SPD-geführten Regierung keine Erhöhung des Renteneintrittsalters geben. Auch das ist ein Zeichen unseres Engagements für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit. Eine Anhebung würde vor allem diejenigen benachteiligen, die in körperlich anspruchsvollen Berufen gearbeitet haben und ohnehin bereits während ihrer Erwerbszeit niedrigere Durchschnittslöhne erzielten als beispielsweise Menschen im Dienstleistungssektor. Für uns ist dies eine Frage des Respekts, die auch ArbeitnehmerInnen unter 50 betrifft.
Um dies auszugleichen strebt die SPD an, die Beschäftigungsquoten durch verschiedene Maßnahmen zu erhöhen, was langfristig zu einem höheren Beitragsvolumen führen wird. Dazu gehören Investitionen in Aus- und Weiterbildung junger Menschen, die Erhöhung der Frauenerwerbsquote durch bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie die Integration von Geflüchteten und die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sowie die Tarifbindung und gute Arbeitsbedingungen insgesamt. All diese Maßnahmen dienen dazu, das Rentensystem durch eine breitere Beitragsbasis zu stützen. Denn entscheidend ist am Ende immer der Zusammenhang: gute Arbeit, gute Löhne, gute Rente, und das ist auch im Interesse junger Menschen.
Herzlichen Dank für Ihr Schreiben und den Dialog, den wir führen müssen, um unser Rentensystem zukunftssicher zu machen. Die SPD setzt sich dafür ein, dass alle Generationen von einem gerechten und stabilen Rentensystem profitieren können – heute wie auch in Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Schrodi