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Michael Schrodi
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Frage von Robert O. •

Einführung einer progressiven Besteuerung von passiv-Einkommen aus Anlage sowie Revitalisierung Spekulationsfrist

Sehr geehrter Herr Schrodi,
als Kleinanleger, der sein erarbeitetes Geld in Aktien/ETF investiert, ärgert es mich, wenn ich sehe, dass sich der Staat an MEINEN Investitionen über Gebühr bereichert. Der Finanzminister hat die Freigrenze um knapp 200 EUR erhöht (sie lag mal viel höher), doch habe ich seit April die Freigrenze überschritten und muss jetzt mehr als 25 % meiner Erträge an einen Staat abführen, der kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat. Was halten Sie davon, dass die Kapitalertragssteuer gestaffelt wird (z. B.): Ab 1k EUR passiv-Einkommen 5 %, ab 5k EUR dito 10 %, ab 10k EUR 20 % und ab 20k EUR 25 %? Über die Prozentsätze kann man sich streiten. Da ich die Einnahmen reinvestiere, wäre eine solche Besteuerung extrem hilfreich, Vermögen aufzubauen. Wie wäre es ferner mit einer Wiederbelebung der Spekulationsfrist? Vielen Danke für eine Antwort!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr O.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Der Sparer-Pauschbetrag wurde nicht durch den Bundesfinanzminister, sondern durch das vom Deutschen Bundestag beschlossene Jahressteuergesetz 2022 zum 01.01.2023 von 801 auf 1.000 Euro angehoben. Darauf hatten sich die Koalitionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bereits im Koalitionsvertrag geeinigt.

Richtig ist, dass der frühere Sparerfreibetrag höher lag. Dafür war aber die Werbungskostenpauschale deutlich geringer. Mit der Einführung der pauschalen Abgeltungsteuer von 25 % wurde beides durch den  Sparer-Pauschbetrag abgelöst. Mit der ohnehin nur noch pauschalen Abgeltungssteuer von 25 % ist ein hoher zusätzlicher steuerlicher Freibetrag nicht zu vereinbaren.

Grundsätzlich vertritt die SPD die Auffassung, dass Einkommen aus Arbeit und Kapital wieder gleich besteuert werden sollten, nämlich im Rahmen des progressiven Steuertarifs. Die pauschale Abgeltungsteuer würde damit wieder abgeschafft. Das entspricht m. E. grundsätzlich Ihren Vorstellungen, wonach Kapitalerträge ab einem bestimmten Freibetrag - Grundfreibetrag + evtl. wieder einzuführender Sparerfreibetrag - dem progressiven Steuertarif von 14 bis max. 45 % (derzeit ab 227.826 Euro zu versteuerndes Einkommen) unterworfen werden sollten. Bei einer Abschaffung der Abgeltungsteuer und einer Besteuerung privater Kapitaleinkünfte mit dem individuellen Steuersatz treten wir für eine fristenunabhängige Besteuerung der Veräußerungsgewinne ein. Die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist halten wir nicht für notwendig. Ein Großteil der Wertzuwächse wurde früher aufgrund von Spekulationsfristen überhaupt nicht besteuert. Bei einer Streichung der pauschalen Abgeltungsteuer müssten allerdings ein individueller Abzug von Werbungskosten und eine einkünfteübergreifende Verlustverrechnung vorgesehen werden.

Ihre pauschale  Aussage, der Staat habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem, kann ich leider nicht teilen. Pandemie und Ukraine-Krieg haben deutlich gemacht, wie wichtig ein funktionierender, handlungsfähiger und solide finanzierter Staat ist. Die aufgrund des Klimawandels notwendige ökologisch-soziale Transformation muss angestoßen, unterstützt und, wo notwendig, sozial abgefedert werden. Zugleich gibt es sehr hohe Einkommen und Vermögen, nimmt die Ungleichheit in der Gesellschaft zu. Die Frage notwendiger Ausgaben, gerechter Besteuerung von Einkommen und Vermögen sowie sinnvoller Kreditfinanzierung von Zukunftsinvestitionen ist daher nicht mit Ideologie und einfachen Schlagworten zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schrodi

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