Frage an Michael Schrodi von Michael B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schrodi,
die Staatsverschuldung wird in der Corona Krise immer mehr zum Hauptthema.
Deutschland war hier in den Vergangen 12 Jahre sehr vorbildlich und hat die Verschuldung deutlich verringert. Nun werden wir uns wahrscheinlich neu verschulden und von 60% auf 80% kommen.
Muss sein Hilft nix.
Haben wir in den Letzten 12 Jahren die Chance genutzt und die bestehenden Schulden der Vergangenheit mit teils hoher Zinslast umgewandelt und die niedrigen Zinsen ausgenutzt?
Wenn nicht, warum?
Freundliche Grüße
Michael Bennison
Sehr geehrter Herr Bennison,
herzlichen Dank für ihre Frage. Ich teile Ihre Auffassung, dass die Corona-Pandemie außerordentliche Anstrengungen erfordert. Hierzu z. B. https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-wir-duerfen-die-corona-schulden-nicht-zurueckzahlen/25813024.html?ticket=ST-2695643-g1XN3x5V25xZPIoXpIQU-ap2.
Aber auch schon vor der Corona-Krise gab es eine wichtige und ernstzunehmende Debatte, ob die Fixierung auf die Staatsverschuldung nicht dazu geführt hat, dass allzu viele notwendige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur (Bildung, Verkehr, Umwelt, Digitales usw..) zu Lasten kommender Generationen unterblieben sind. Vgl. https://www.iwkoeln.de/presse/in-den-medien/beitrag/michael-huether-die-schuldenbremse-ist-nicht-zeitgemaess.html
Zu Ihrer eigentlichen Frage: Natürlich muss man sich die Staatsverschuldung nicht als unbeweglichen Block vorstellen - mit auf Dauer hohen Zinsen. Selbst in Zeiten geringer oder sogar ohne Neuverschuldung hat der Bund Bundesanleihen auf den Markt gebracht, um alte Schulden zu besseren Konditionen, also niedrigeren Zinsen abzulösen. Zum Verständnis: "Der Bund deckt mehr als 90 Prozent seines Kreditbedarfs über Einmalemissionen im Primärmarkt. Dabei erfolgt die Emission grundsätzlich im Tender- bzw. Auktionsverfahren, an dem sich Finanzinstitute beteiligen können, sobald sie in die Bietergruppe Bundesemissionen aufgenommen wurden." Eine interessante Übersicht zur Zusammensetzung der Bundeswertpapiere sowie weitere Informationen finden Sie unter https://www.deutsche-finanzagentur.de/de/institutionelle-investoren/bundeswertpapiere/
Wie Sie auf Seite 40 des Monatsberichts der Deutsche Bundesbank Juli 2017 sehen können, hat sich die Durchschnittsverzinsung des Staates von ca. 8 % zu Beginn der 1990er Jahre auf nur noch 2 % im Jahr 2016 verringert (vgl. https://www.bundesbank.de/resource/blob/665400/8ab6760c121a26feb297c6d6216768a0/mL/2017-07-zinsausgaben-data.pdf). Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase ist davon auszugehen, dass die derzeitige Durchschnittsverzinsung auf diesem Niveau oder sogar noch niedriger liegt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Schrodi