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Michael Schrodi
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Frage von Birgit D. •

Frage an Michael Schrodi von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Schrodi,

mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!

Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.

Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.

Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.

Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
B. D.

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Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich bin, wie auch meine Partei, für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration, weil dieser Eingriff dem Tierschutz widerspricht. Wir müssen aber dafür sorgen, dass die Sauhalterinnen und Sauhalter praktisch in der Lage versetzt werden, auf diese Methode zu verzichten, dabei rechtlich abgesichert sind und die Vermarktung nicht gefährdet ist.

Nach der Änderung des Tierschutzgesetzes 2013 war eine Übergangsfrist für die betäubungslose Ferkelkastration bis zum 31. Dezember 2018 vorgesehen. Der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und große Teile der CDU/CSU haben durch ihre Verweigerungshaltung diese 5 Jahre verstreichen lassen, ohne Alternativen weiterzuentwickeln und bereit zu stellen.

Es gibt Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration (Ebermast, Impfung, Isofluran-Narkose), aber sie stehen in Deutschland noch nicht flächendeckend zur Verfügung. Jede Methode birgt Nachteile, bedingt durch Tierschutz, die Verfügbarkeit von Medikamenten, benötigte Gerätschaften, Verfügbarkeit von Tierärzten oder die Vermarktung der Schlachtkörper. Dies muss abgeklärt und gelöst werden. Würden wir die Frist jetzt nicht verlängern, wäre zu befürchten, dass es in Deutschland zu massiven Strukturbrüchen bei den deutschen Sauhalterinnen und Sauhaltern käme. Die Folge: Wir müssten Ferkel aus anderen europäischen Ländern importieren, die nicht nach deutschen Tierschutzstandards kastriert wurden und lange Transportwege zurücklegen müssen. Deshalb haben sich nahezu alle Sachverständigen (z.B. der Bundesverband praktizierender Tierärzte und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) in der Anhörung des Landwirtschaftsausschusses am 26. November 2018 für die Fristverlängerung ausgesprochen.

Damit jetzt aber nicht wieder jahrelang nicht passiert, haben wir im Gesetz Sicherungen eingebaut, die garantieren, dass in zwei Jahren flächendeckend Alternativen zur Verfügung stehen. Alle Alternativmethoden sollen praxistauglich gemacht werden, damit die Landwirte frei wählen können, welche für ihren Betrieb am besten geeignet ist. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) muss die Voraussetzung für die Alternativmethoden bis zum 30. Mai 2019 im Rahmen einer Rechtverordnung schaffen: Dazu gehören die Unterstützung der Betriebe bei der Anschaffung der notwendigen Arzneimittel und Narkosegeräte, wofür 38 Millionen EUR bereitgestellt werden, und Schulungsprogramme. Das BMEL, das sich fünf Jahre verweigert und die Übergangsfrist einfach verstreichen lassen hat, muss jetzt endlich handeln. Das ist ein großer Erfolg.

Die Diskussion um die Versäumnisse des BMEL haben wir außerdem genutzt, um einen Paradigmenwechsel in der Nutztierhaltung einzufordern. Unser Entschließungsantrag enthält konkrete Forderungen: Das BMEL soll bis Mitte der Legislatur die Nutztierstrategie weiterentwickeln. Außerdem fordern wir Vereinbarungen mit Schlachtunternehmen und dem Lebensmitteleinzelhandel was die Vermarktung von Fleisch aus alternativen Verfahren zur betäubungslosen Kastration angeht. Kein Verfahren soll benachteiligt oder ausgeschlossen worden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schrodi

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