Frage an Michael Pietsch von Cornelia B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Hallo, Herr Prof. Dr. Pietsch
Der UN-Sonderbeauftragte hat es noch mal deutlich gemacht: Deutschland hat ein ernstes Problem in Sachen Bildung und Bildungsgerechtigkeit. Wie wollen Sie und Ihre Partei gewährleisten, dass Schüler unterschiedlichster sozialer Herkunft und Begabungen gleichermaßen gefördert werden? Dass die schwachen Schüler nicht über- und die starken Schüler nicht unterfordert sind?
Wie stehen Sie zur Lernmittelfreiheit? Gerade in Zeiten von Hartz IV und zunehmender Ausweitung der Schere zwischen Arm und Reich ist sie meiner Meinung nach eine Grundvoraussetzung, um Diskriminierung von Kindern armer Eltern zu vermeiden und Chancengleichheit herzustellen.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrte Frau Baudisch,
mit der Bildungsgerechtigkeit sprechen Sie ein wichtiges Thema an! Dabei ergeben sich für etliche Kinder die späteren Probleme durch Fehler in der Anfangsphase ihrer Schullaufbahn. Als wohl größtes Problem hat sich die mangelhafte Sprachkompetenz vieler Kinder und hier insbesondere von Kindern mit Migrantenhintergrund in unseren Grundschulen ergeben. Ich bin deshalb der Meinung, dass vor der Einschulung durch einen Test das Sprachniveau jedes einzelnen Kindes festgestellt werden sollte, um durch gezielte Frühförderung einen guten Start in der Grundschule zu ermöglichen. Denn wer nicht gut Deutsch kann, wird auch in den anderen Unterrichtsfächern nicht mitkommen und dann Schwierigkeiten beim Übergang in die weiterführende Schule haben. Es ist bekannt, dass gerade die kleinen Kinder besonders wissbegierig sind; auch ich habe das bei unseren Kindern festgestellt. Die CDU Rheinland-Pfalz will deshalb die Kinder zwar mit 5 Jahren einschulen, ihnen aber in einer flexiblen Eingangsstufe je nach ihrem individuellen Vermögen das Durchlaufen der ersten beiden Schuljahre in 1-3 Jahren ermöglichen. Wir nennen das die „fördernde Grundschule“. Um auch in den weiterführenden Schulen eine Überforderung schwacher Schüler und eine Unterforderung starker Schüler – wie Sie schreiben – zu vermeiden, müssen wir an einem gegliederten, aber in alle Richtungen durchlässigen Schulsystem festhalten. Bei den Vergleichen der Schulformen stellt sich immer wieder die Überlegenheit dieses Systems heraus. Allerdings muss die Hauptschule wieder zu dem gemacht werden, was sie einmal war: eine Schulform, in der eine gute Grundlage für eine berufliche Qualifikation gelegt wird. Davon sind wir heute leider weit entfernt. Zum Thema Lernmittelfreiheit: Bei unserer Bürgerbefragung "Wir wollen´s wissen" im vergangenen Herbst haben 46% der Teilnehmer geäußert, dass sie diese für eine wichtige Reform halten. Eine generelle Lernmittelfreiheit ist derzeit aber nicht finanzierbar. Allerdings müssen einkommensschwache Familien diese in jedem Fall erhalten. Ich empfinde es deshalb als einen Skandal, dass die SPD-geführte Landesregierung über Jahre die Einkommensgrenze für die Gewährung von Lernmittelfreiheit nicht angehoben hat. Durch die in den vergangenen Jahren gestiegenen Einkommen ist der Kreis derjenigen, die davon profitieren, immer kleiner geworden. Es ist wirklich unsozial, so etwas billigend in Kauf zu nehmen. Die Gewährung der Lernmittelfreiheit für diejenigen, die sie wirklich brauchen, kann nicht von der Kassenlage des Landes abhängig gemacht werden. Hier muss nach dem Regierungswechsel dringend nachgebessert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Pietsch