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Michael Luther
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Frage von Erwin M. •

Frage an Michael Luther von Erwin M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Luther,

nachdem Sie dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanisten und der Verlängerung zugestimmt haben, würde es mich interessieren, ob Sie immer noch von einem Friedenseinsatz sprechen, oder vielleich schon in Erwägung gezogen haben, dass sich die Bundesrepublik im Krieg mit den Taliban befinden. Die toten Soldaten und leider auch Zivilisten deuten nicht auf Frieden hin. Und wie steht es da mit Ihrer christlichen Einstellung zum Krieg. Sie waren auch in der NVA und haben sich sicher auch mit den Ideen von "Frieden schaffen- ohne Waffen" und " Schwerter zu Pflugscharen" beschäftigt. Und wie ist es mit der Verpflichtung der Bundesrepublik " kein Krieg mehr von deutschem Boden".

MfG
Erwin Marks

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Marks,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Mandatsverlängerung der Bundeswehr und zur Lage in Afghanistan. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob wir uns bei der angespannten Sicherheitslage nicht besser aus Afghanistan zurückziehen sollten.

Deshalb muss zunächst einmal die entscheidende Grundsatzfrage gestellt werden: Warum ist die Bundeswehr überhaupt in Afghanistan? Bis zu ihrem Sturz 2001 hatten die Taliban in Afghanistan einen fundamentalistischen Gottesstaat errichtet. Die Bevölkerung wurde schikaniert, Frauen mussten sich komplett verschleiern und durften ohne die Begleitung eines männlichen Verwandten nicht allein auf die Straße, Mädchen durften nicht zur Schule gehen, weltliche Musik war verboten. Die Terrorgruppe al-Qaida um Osama Bin Laden hatte Afghanistan als Basis für ihren Heiligen Krieg auserkoren. Ziel des sog. Dschihad war und ist die weltweite Vernichtung aller Ungläubigen, d.h. aller Menschen, die nicht dem Islam angehören.

Durch den Einsatz der internationalen Staatengemeinschaft wurde das Taliban-Regime in Afghanistan beendet. Unser Ziel ist es nun, Afghanistan weiter zu unterstützen, damit ein funktionstüchtiger Staat entstehen kann, der selbst für seine Sicherheit sorgt. Dafür braucht es eine starke Zentralregierung, eine effiziente Verwaltung, demokratische Strukturen sowie eine schlagkräftige Armee und Polizei, die sich selbständig gegen die Taliban verteidigen können. Umfragen zeigen, dass weit über 80 Prozent der Bevölkerung dieses Ziel unterstützen.

Wenn der Bundeswehr-Einsatz jetzt beendet würde, würde das Land erneut dem Fundamentalismus anheim fallen. Eine erneute Herrschaft des Terrorismus würde für Tausende Afghanen den sicheren Tod bedeuten und es würde eine riesige Welle von Hunderttausenden von Flüchtlingen nach Europa, aber auch nach Deutschland kommen. Dies ist genauso wenig in unserem Interesse wie ein von Terroristen gelenktes Afghanistan. Man stelle sich einmal vor, ein erneut von den Taliban geführter Staat, der irgendwann auch Zugriff auf Atomwaffen bekäme, würde die Ideologie des Dschihad weitweit verfolgen können, wohlgemerkt als Staat.

Wie aktuell die Gefahr des islamistischen Terrorismus auch für uns in Deutschland ist, zeigt eine aktuelle Fahndung der Sicherheitsbehörden. Den westlichen Geheimdiensten liegen Hinweise vor, nach denen der 20 Jahre alter Saarländer Eric Breininger (!) aus Pakistan nach Europa, möglicherweise auch schon nach Deutschland, zurückgekehrt sei und sich um die Beschaffung von Sprengstoff bemühe. Der Mann gilt als extrem gefährlich. Er ist am Hindukusch in einem Terrorcamp ausgebildet worden und hat in mehreren Propagandavideos im Internet angekündigt, als Selbstmordattentäter sterben zu wollen. In einem Filmclip vom Mai 2008 sagte er laut ZDF: "Gelobt sei Allah, der mir diesen Weg zum Dschihad geöffnet hat. Mit dem Leben in Deutschland hab ich schon längst abgeschlossen. Mein Leben wird hier im Dschihad sein. Inshallah wird Allah mich als Märtyrer zu sich nehmen."

Wenn die Islamisten in Afghanistan wieder an die Macht kämen, würde ein ganzer Staat so denken wie dieser radikale Konvertit. Dann gerieten wir auch in Deutschland in eine sehr reale Gefahr. Die freie Welt würde das Angriffsziel von Terroristen werden. Um das zu verhindern, ist die Bundeswehr in Afghanistan. Unsere Soldaten befinden sich dort in einem sehr gefährlichen Einsatz und riskieren Leib und Leben, um noch weitaus größere Gefahren für uns alle abzuwehren und um den unschuldigen Menschen in Afghanistan zu helfen.

Die Anschläge auf die Bundeswehr zeigen, welche gefahrvolle Aufgabe unsere Soldaten übernehmen, damit wir in Sicherheit leben können. Uns war immer klar: Auslandseinsätze und die Bekämpfung des Terrorismus sind mit außergewöhnlichen Gefahren verbunden. Aber die Einsätze bleiben wichtig und nötig für unsere nationale Sicherheit.

Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche ein aktualisiertes Afghanistankonzept beschlossen. Darin wird deutlich: Wir wollen Kurs halten, um Afghanistan in einem schwierigen regionalen Umfeld zu stabilisieren und weiter aufzubauen. Um erfolgreich zu sein, müssen wir aber auch unsere Anstrengungen erhöhen, um der afghanischen Bevölkerung zu helfen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und den staatlichen und gesellschaftlichen Wiederaufbau abzusichern.
Deshalb begrüße auch ich den Vorschlag der Bundesregierung, die Mandatsobergrenze um 1.000 Mann auf 4.500 zu erhöhen und die Mittel für den zivilen Wiederaufbau um 30 Millionen auf 100 Millionen Euro aufzustocken. Das Konzept ist eine gute Grundlage für die im Oktober anstehenden Diskussionen zu den Mandatsverlängerungen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Luther