Frage an Michael Luther von Heinz F. bezüglich Recht
Sehr geehrte Herr Dr. Luther, MdB
Sie müssen in den letzten Wochen bestimmt häufig Fragen zum Waffenrecht beantworten.
Zuerst der Massenmord in Winnenden, der die Sportschützen genauso erschüttert hat wie den Teil der Bevölkerung, der mit Waffen nichts zu tun hat, danach der Mehrfachmord in Eislingen. Diese unbegreiflichen Taten wurden von den Medien ausgiebig gegen die legalen Waffenbesitzer aus populistisch und gewinnträchtigen Auflagen, meiner Meinung nach, ausgenutzt ohne ausreichend recherchiert zu haben. Sicher können auch die Argumente der Befürworter des legalen Waffenbesitzes als populistisch betrachtet werden. Nun die „schnelle“ Reaktion aus der Politik, wo je nach Partei mehr oder weniger so getan wird, als ob durch eine weitere Verschärfung des Waffenrechts die Gefahr von Amokläufen nennenswert vermindert könnte.
Wir Sportschützen haben in den letzten Jahren die Aufbewahrungsvorschriften erfüllt und z.T. beträchtliche Summen in Stahlschränke investiert. Die jetzt anstehende Anschaffung von biometrischen Blockiersystemen bedeutet für uns eine kollektive, sinnlose Geldstrafe - Ausfluss des Aktionismus mancher Parlamentarier.
Es gibt zur Zeit nur einen Anbieter, die Firma Armatix. Und deren Produkt war einem Test in der Fachzeitschrift VISIER ( Heft 3/09, S.96ff ) zufolge innerhalb von zwei Minuten außer Kraft gesetzt.
Ich bin Mitglied der SV Gussenstadt und dort als Sportschütze im Sport wie auch ehrenamtlich aktiv, kenne also die Befindlichkeit der Schützen in unserer Gegend.
Ganz gleich, aus welchem Gau ein Schütze stammt - er fühlt sich als gesetzestreuer Bürger schikaniert und unter Generalverdacht gestellt.
Nach der langen Vorrede meine Fragen:
Wie stehen Sie als Abgeordneter zu den geplanten Verschärfungen des Waffenrechts?
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Fick
Sehr geehrter Herr Fick,
vielen Dank für Ihren Brief vom 07.06.2009 zum Thema Waffenrecht. Angestoßen durch die bestürzenden Ereignisse von Winnenden im März 2009 hatten die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD in einem Brief an die Familien der Opfer zugesagt zu prüfen, durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen die Sicherheit im Zusammenhang mit legalen Schusswaffen zu erhöhen sei.
Hierbei war den nachvollziehbaren Forderungen der Angehörigen der Winnenden-Opfer Rechnung zu tragen. Gleichzeitig war es wichtig, Jäger und Schützen, deren weit überwiegende Mehrheit einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Waffen pflegt, nicht unter einen Gesamtverdacht zu stellen und unangemessenen Belastungen oder Beschränkungen auszusetzen.
Im Vordergrund stand unser Bestreben, eine praxistaugliche Lösung herbeizuführen. Durch die Erschwerung des Zugangs Unbefugter zu Schusswaffen sowie durch verbesserte Kontrollmöglichkeiten, bei gleichzeitiger Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Rechte von Schützen und Jägern, haben wir mehr Sicherheit geschaffen. Das Ergebnis kann von allen Betroffenen mit getragen werden.
Um bei der gesetzlichen Neuregelung eine möglichst große Lebensnähe zu gewährleisten, haben wir uns nahe am Fall von Winnenden orientiert. Hier tötete ein 17-jähriger mit einer großkalibrigen Pistole fünfzehn Menschen und sich selbst. Die Schusswaffe gehörte dem Vater des Täters, der diese als Sportschütze legal besaß, jedoch nicht in dem vorgeschriebenen Waffenschrank sondern im Nachttisch aufbewahrte. Der Täter konnte also jederzeit auf die Waffe zugreifen.
Da dieser vorsätzliche und gefährliche Umgang mit Schusswaffen kein Einzelfall ist, sahen wir uns einerseits gezwungen, der Waffenbehörde die Möglichkeit einzuräumen, auch verdachtsunabhängig das Vorhandensein von etwa Waffenschränken kontrollieren zu können (§ 36 Absatz 3 Satzes 2 des WaffG neu). Die bisherige Rechtslage hatte dieses nicht vorgesehen. Nun muss der Waffenbesitzer – ähnlich einer Alkoholkontrolle im Straßenverkehr – mit einer verdachtsunabhängigen Nachschau rechnen. Allerdings wird durch den unverändert geltenden § 36 Absatz Satz 3 WaffG klargestellt, dass Wohnräume gegen den Willen des Waffenbesitzers nach wie vor nur zur Verhütung dringender Gefahren betreten werden dürfen.
Jedoch kann bei wiederholter und nachhaltiger Verweigerung des Nachweises der sicheren Aufbewahrung die Behörde (gemäß des unverändert geltenden § 5a Abs.2 Nr. 5 WaffG) wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers ein Verfahren zum Widerruf der Waffenerlaubnis betreiben. Zudem wird durch eine Änderung des § 36 Absatz 3 Satz 1 WaffG zukünftig verlangt, dass bei Antragstellung für eine Waffenbesitzerlaubnis die Maßnahmen zur sicheren Aufbewahrung bei der Behörde nachgewiesen werden. Aus der „Holschuld“ der Behörde wird nun eine „Bringschuld“ des Antragsstellers.
Andererseits wollten wir den vorsätzlichen – nicht den fahrlässigen – Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften unter Strafe stellen. Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschriften waren bisher lediglich bußgeldbewehrt. Mit der Einführung des neuen § 52 a WaffG und der damit einhergehenden Strafbewehrung wird zum Ausdruck gebracht, dass die vorsätzliche Verletzung der Aufbewahrungsvorschriften mit der dadurch hinzutretenden konkreten Gefahr des Abhandenkommens bzw. des Zugriffs Dritter kein Kavaliersdelikt darstellt. Hiervon ausgenommen sind jedoch Spezialfälle wie beispielsweise die vorübergehende Aufbewahrung auf dem Transport oder im Umfeld einer Jagd, um Waffenbesitzer unter diesen besonderen Umständen nicht zu kriminalisieren.
Weiterhin soll die Waffenbehörde durch die Änderung von § 4 Abs. 4 Satz 3 WaffG künftig nicht nur wie bisher nach Ablauf von 3 Jahren nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis, sondern auch nach Ablauf dieses Zeitraums das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses von Waffenbesitzern überprüfen können. So soll festgestellt werden, ob etwa ein Schütze noch aktiv und sein Bedürfnis noch gegeben ist.
Bei Sportschützen verlangt eine Erweiterung der bisher zugebilligten Grundausstattung mit Sportwaffen, durch eine Ergänzung des § 14 Abs. 3 WaffG, künftig eine regelmäßige Wettkampfteilnahme. Durch eine Änderung des § 27 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 WaffG wird das Mindestalter für das Schießen mit großkalibrigen Waffen grundsätzlich von 14 auf 18 heraufgesetzt. Damit soll erreicht werden, dass diese Altersgruppe zwar mit Kleinkaliberwaffen für Wettkämpfe üben kann, der Umgang mit den besonders gefährlichen Großkaliberwaffen aber verwehrt bleibt.
In der neuen Fassung des § 36 Abs. 5 WaffG wird das Bundesinnenministerium ermächtigt, künftig neue Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen und Munition durch Rechtsverordnung zu regeln. Hierin sollen biometrische Sicherungen von sowohl Waffenschränken als auch von Schusswaffen nach dem Stand der Technik zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werden. Solche Sicherungen müssen ausgereift und für den Waffenbesitzer bezahlbar sein. Durch § 43a WaffG wird bis 2012 ein elektronisches nationales Waffenregister eingeführt und so die Transparenz der im Umlauf befindlichen legalen Waffen erhöht. Weiterhin soll die Meldebehörde zukünftig an die Waffenbehörde Namensänderungen, Umzug oder Tod melden.
Durch eine befristete Amnestieregelung schließlich sollen Besitzer illegaler Waffen diese bis Ende 2009 straffrei abgeben können. Im Zusammenhang mit Winnenden hat uns weiterhin die Frage nach „Spielen“ wie Laserdrome oder Paintball/Gotcha beschäftigt, die das Verletzen oder Töten von Menschen realitätsnah simulieren. Wir halten dieses für besorgniserregend, wenn auch nicht für zwangläufig verbotswürdig. Die CDU/CSU-Fraktion spricht sich für eine wissenschaftliche Prüfung der Gefährlichkeit dieser Spiele aus.
Bereits vor den in der letzten Sitzungswoche des Bundestages beschlossenen Änderungen besaß Deutschland eines der strengsten Waffengesetze weltweit. Durch die jetzigen Anpassungen haben wir auf aktuelle Entwicklungen reagiert und so die öffentliche Sicherheit weiter verbessert. Wir haben hierbei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheitsbedürfnis und den Interessen von Schützen und Jägern geachtet. Trotzdem sollte uns allen bewusst sein, dass Vorkommnisse, wie das in Winnenden, auch durch noch so perfekte Gesetze nicht völlig ausgeschlossen werden können. Auch in Zukunft kommt es in erster Linie auf das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Waffenbesitzers an.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Luther