Frage an Michael Leutert von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Leutert,
Afghanistan - nur europäische Abgeordnete und friedensbereite Afghanen können den Krieg beenden!
Werden Sie sich an Gesprächen mit den Taliban beteiligen?
Herr Ströbele antwortete mir am 18.10.08 in Abgeordnetenwatch:
"Ihre Idee, daß auch deutsche Abgeordnete die Möglichkeiten eines Waffenstillstandes erkunden sollten, muß geprüft werden".
In Afghanistan können alle Kriegsbeteiligten auch zukünftig ihre Ziele nicht erreichen - also ein sinnloses Blutvergießen.
Die Taliban sind in ihrer Haltung zu Gesprächen gespalten. Auch auf Seiten der afghanischen Regierung unterstützen nicht alle eine Verhandlungslösung.
Die deutsche Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kabul Koch-Laugwitz und der frühere Isaf-Kommandant Gliemeroth halten Gespräche mit den Taliban nicht nur für legitim sondern auch für notwendig.
Bitte lesen Sie sueddeutsche.de vom 8.10.08 unter der Überschrift: "Mit den Taliban am Tisch".
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
Ich teile Ihre Einschätzung, dass keine der Kriegsparteien in Afghanistan in der Lage ist, ihre Kriegsziele durchzusetzen. Das kann den Krieg zu einem Dauerzustand werden lassen, aber auch die Möglichkeit zu einer Verhandlungslösung eröffnen. Ein Problem der Verhandlungslösung ist immer, dass alle Parteien diese wollen müssen. Das kann weder von der Regierung Karsai und den sie stützenden Kräften behauptet werden, noch von Taliban. Das ändert nichts daran, dass es in diesen Gruppierungen nicht trotzdem verständigungsbereite Kräfte gibt. Über die realen Kräfteverhältnisse innerhalb dieser Machtgruppen kann man aber zur Zeit keine klare Aussage treffen. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt: Einen Verhandlungsfrieden wird es in Afghanistan ohne Beteilung der Taliban nicht geben können. Die USA und ihre Verbündeten werden mit ihrer Strategie, der vollständigen militärischen Niederlage der Taliban, scheitern. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat es bereits informelle Gespräche zwischen Vertretern der Bundesrepublik und moderaten Taliban gegeben. Mit der Wahl Barack Obamas zum 44. Präsidenten der USA deutet sich auch eine dahingehende Strategiekorrektur der USA in der Afghanistanpolitik an. Laut eines Artikels der "Washingten Post" vom 12.11.2008 sprechen sich die außenpolitischen Berater Obamas dafür aus, zumindest mit den so genannten "gemäßigten" Taliban zu verhandeln, um die festgefahrene Situation in Afghanistan aufzulösen.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Leutert