Frage an Michael Leutert von toni s. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Michael Leutert,
Meine Frage bezieht sich auf die geheime Überwachung von Verdächtigten Personen durch die Polizei. Mit Ihrem Fachwissen können Sie mir bestimmt weiterhelfen.
Besteht eigentlich eine Auskunftspflicht bei einer Nachfrage bei den Justizbehörden, ob man elektronisch (per telefon, e-mail) überwacht wird? Beispiel: (Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!)
Aber stellen wir uns einmal vor, ein Bürger hat unwissentlich eine Verdächtigung auf sich gezogen, oder unwissentlich gegen ein Gesetz verstoßen. Sollte dem Bürger der Verdacht kommen, dass er elektronisch überwacht wird, und er würde dadurch darauf kommen, wie er sich verdächtig gemacht hat oder welches Gesetz er übertreten hat, ..Nicht die Chance gegeben werden, den Sachverhalt klarzustellen, oder sich gegebenenfalls zu stellen? Die Nachfrage wird aber dadurch unmöglich gemacht, (selbst wenn sie rechtens wäre, das man sich heutzutage schon durch Nachfragen verdächtig macht.) Was falls der Bürger sich getäuscht hat, wiederrum unnötige Folgen hätte. Ich finde es Schade, dass solche Zwickmühlen entstehen, die den Bürger verunsichern, und dadurch auch der Justiz schaden. Es sollte Platz sein, Reue zu zeigen und sich zu stellen oder den Sachverhalt klarzustellen bevor man durch die Überwachung in den Wahnsinn getrieben wurde. Oft wird dann Einzelpersonen während dieser Überwachung, eben das in den Weg gelegt, für das Sie eine Schwäche entwickelt haben. Diese Versuchungen durch Überwachungsorgane, grenzen zum Teil an Mittäterschafft.
Ich bin schon viel gereist, und habe dadurch Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Politischen Systemen. Deutschland hat meiner Meinung nach immer noch eine sehr faire und gerechte Demokratie. Das sollten wir uns nicht nehmen lassen!
Uns zu der Globalen Escalations Politik hinreissen zu lassen, halte ich für einen grossen Schritt weg von der Demokratie.
Es liegt in Ihrem Ermessen ob Sie dies veröffentlichen, Ihre Antwort und Meinung würde mir genügen.
Hochachtungsvoll
Toni Stark
Sehr geehrter Herr Stark,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Wenn Sicherheitsbehörden verdeckte Überwachungsmaßnahmen gegen Verdächtige oder Kontaktpersonen von Verdächtigen durchführen, sind sie verpflichtet, den Betroffenen nach Beendigung der Maßnahme darüber zu informieren, sofern der Zweck der Überwachung dadurch nicht nachträglich gefährdet werden kann, indem beispielsweise Quellen offenbart werden. In der Praxis zeigt sich leider, dass der Informationspflicht in vielen Fällen nicht ausreichen nachgekommen wird.
Darüber hinaus hat jeder Bürger das Recht, bei allen Behörden Auskunft zu verlangen, welche Daten über ihn erhoben, gespeichert und verarbeitet werden. Im Falle verdeckter Überwachungsmaßnahmen wird naturgemäß die Auskunft auch erst nach Beendigung der Maßnahme erfolgen, sofern dann überhaupt noch Daten gespeichert sind.
Die Frage, ob jemandem die Gelegenheit zur Reue gegeben werden soll, nachdem er auf Nachfrage von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen erfahren hat, ist kompliziert. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen greifen in der Regel nur bei schweren und schwersten Straftaten. Ob man von echter Reue sprechen kann, wenn ein Täter bemerkt, dass sich die Schlinge schon weit zugezogen hat, um sich sodann selbst zu stellen, um womöglich Vorteile bei der anstehenden Gerichtsverhandlung zu erreichen, sei dahingestellt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Instrument der verdeckten Ermittlung jeden Wert verlieren würde, wären die Behörden in solchen Fällen zur Auskunft vorab verpflichtet.
Anders sieht das Problem bei dem sich immer mehr ausweitenden Überwachungsstaat aus. Im Zuge der Terrorismusbekämpfung wurden die Überwachungsbefugnisse der Ermittlungsbehörden immer mehr erweitert. Ins Visier der Fahnder können mittlerweile alle geraten. Auch völlig Unschuldige sind von der Vorratsdatenspeicherung betroffen, es gibt keine stichhaltigen Definitionen, was Gefährder oder Kontaktpersonen sind. Dennoch können Behörden umfängliche Überwachungsmaßnahmen gegen solche Personen starten. Zudem greifen staatliche Sicherheitsbehörden immer wieder den unantastbaren Kernbereich des Privaten an, was zu mittlerweile elf Verfassungsgerichtsurteilen führte, die Sicherheitsgesetze ganz oder teilweise als nichtig erklärten.
Die Linksfraktion im Bundestag setzt sich daher dafür ein, dass Überwachungsmaßnahmen auf ein Minimum und auf solche Fälle beschränkt werden, in denen tatsächlich Straftaten verfolgt werden. Wer sich nicht zu Schulden kommen lässt, muss das Recht haben, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden. Leider ist es derzeit so, dass die Überwachungsgesetze weniger der Strafverfolgung dienen als viel mehr Instrumente zur Gewinnung von Verdachtsmomenten sind. In diesem Sinne setzen wir uns dafür ein, dass bei der Anordnung von verdeckten Überwachungsmaßnahmen der Richtervorbehalt gestärkt wird. Es ist nicht akzeptabel, dass manche Richter pro Anordnung einer Maßnahme nur wenige Minuten zeit zur Prüfung des Falls haben. Schließlich fordert DIE LINKE im Bundestag, dass die Fälle, bei denen verdeckte Überwachungsmaßnahmen angeordnet werden können, so eingeschränkt werden, dass tatsächlich nur Fälle von schwerster Kriminalität betroffen sind. Für den reuigen Täter bleibt so noch immer die Gelegenheit, sich selbst zu stellen, ohne dass die wünschenswerte Strafverfolgung negativ betroffen wäre.
Mit freundlichen Grüßen