Michael Leutert
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DIE LINKE
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Frage von Peter P. •

Frage an Michael Leutert von Peter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Leutert,

als Sprecher der Bürgervereinigung Markersdorf-Süd bewegen mich folgende Probleme.
Demokratie lebt von bürgerschaftliches Engagement, vom sich einmischen, sich einbringen, vom streben nach Veränderung, genauso wie vom bewahren von Bewährten und Vertrauten. Dazu ist von Staat und Politik der Handlungsrahmen zu schaffen.
Wie wollen Sie das leider häufig gestörte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und seine Institutionen, sowie der Politik und ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern überwinden?
Was für Vorstellungen haben Sie die Menschen besser zu informieren, in sie interessierenden Fragen einzubeziehen und bei sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen?
Wie wollen Sie den Menschen bei juristische Spitzfindigkeiten oder bürokratischen Hürden helfen?
Oft sind die Probleme von Sachzwänge und Interessengegensätze geprägt.
Was sind ihre Vorstellungen zur Schaffung von Möglichkeiten, damit die Bürgerinnen und Bürger sich entsprechend ihren Vorstellungen, Zeit- und Kraftressourcen einbringen können und dabei Freude und Genugtuung an gesellschaftlicher Arbeit erleben.
Die Menschen müssen wieder erkennen es lohnt sich, nur Demokratie und Freiheit und nicht der „starke Mann“, der Führer oder wie er sich sonst nennen mag egal ob politisch oder religiös, kann die Probleme lösen. Mitmenschlichkeit, Humanismus und Solidarität sollten in der Gesellschaft wirklich bestimmend sein.
Was wollen Sie also gerade als Bundestagsabgeordneter konkret tun, um unsere Gesellschaft ein Stück bürgerfreundlicher zu gestalten? Wie stehen sie zu einer Entwicklung der demokratischen Strukturen und welchen eigenen Beitrag wollen sie dabei leisten? Wie sehen sie gerade im Prozeß der Wahrheitsfindung ihre Rolle? Wie stehen sie überhaupt zur direkten Demokratie oder sollten die bestehenden Einrichtungen nur etwas transparenter also kosmetisch überarbeitet werden?

Mit freundlichen Grüßen
Peter Pitsch

Michael Leutert
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Pitsch,

vielen Dank für Ihre Fragen. Das sind ebenso interessante wie anspruchsvolle Fragen. Ich hoffe, Sie sehen mir nach, dass die Antwort darauf in Wahlkampfzeiten einen Moment gedauert hat.

Am verbreiteten Misstrauen in die Politik sind meiner Meinung nach Politiker und Parteien oft selbst Schuld. Wenn es schon normal ist, dass vor Wahlen das eine versprochen wird und hinterher das andere gemacht wird, darf man sich nicht wundern. Sie brauchen sich nur mal die Geschichte der Mehrwertsteuererhöhungen anzuschauen, die vor Wahlen meist in Abrede gestelt wurden, um sie hinterher doch durchzusetzen. Ein ´Meisterstück´ vollbrachte in der Hinsicht Helmut Kohl 1990 mit seiner Aussage, dass zur Finanzierung der deutschen Einheit keine Steuererhöhungen nötig seien. 2005 war es dann die SPD, die im Wahlkampf (im Gegensatz Merkel!) sagte, sie werde keiner Mehrwertssteuererhöhung zustimmen, um nach den Wahlen sogar noch über die Forderung der CDU hinauszugehen. Ein weiterer Grund für Politikverdrossenheit sind Lobbyismus und Korruption. Angesichts von großen Unternehmensspenden an Parteien verstehe ich, dass manche Bürgerinnen und Bürger sich fragen, wer da eigentlich die Politik macht. Aus diesem Grund nimmt Die Linke generell keine Unternehmensspenden an. Meiner Meinung nach sollte dies gesetzlich so geregelt werden. Zudem müssen die Korruptionsregelungen für Abgeordnete durch eine Pflicht zur transparenten Angaben aller Nebeneinkünfte verschärft werden. Darüber hinaus brauchen wir endlich ein Lobbyregister, wie es in anderen Ländern längst üblich ist. Politik darf nicht käuflich sein. Schon dadurch würde das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik Institutionen wieder steigen.

Nicht nur ich persönlich, sondern meine Partei sind zudem für einen Ausbau der direkten Demokratie. In der Zeit der rotroten Landesregierung in Berlin wurden die Quoren für Volksbegehren und Volksentscheide so abgesenkt, dass sie nun leichter möglich sind. Seit dem hat es mehrere gegeben. (Nicht alle haben uns politisch gepasst, aber darum geht es auch nicht.) In Kürze, am 03.11.2013 findet der Volksentscheid über die Gründung eines kommunalen Energieunternehmens statt. Die ersten beiden Stufen des Volksbegehrens wurden locker genommen. Sollte der Volksentscheid Erfolg haben, ist er bindend für den Berliner Senat. Ein schönes Beispiel, wie man direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung fördern kann.
Meine Vorstellung von linker Politik hat viel mit Emanzipation, Partizipation und Demokratisierung der Gesellschaft zu tun. Dazu möchte ich noch auf zwei Punkte eingehen. Zum einen freue ich mich, dass diese Inhalte in unserem Wahlprogramm so breiten Raum finden. Auch wenn die dortigen Punkte übersichtlich sind, so nehmen sie doch zu viel Raum ein, um hier im einzelnen darauf einzugehen. Ich möchte Sie daher bitten, sich den Abschnitt selbst anzuschauen und sich eine Meinung über unsere und eben auch meine Ziele zu bilden, für die ich mich einsetze: http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/wahlprogramm/vdemokratischeteilhabefuereinedemokratieindereswaszuentscheidengibt/
Das andere ist: Wie sie zu recht schreiben, kostet gesellschaftliche Teilhabe Zeit und Geld. Gerade Menschen, die viel arbeiten müssen, oder solche, denen die materiellen Voraussetzungen fehlen, sich zu engagieren, haben hier Nachteile. Wir stellen leider fest, dass soziale Schranken auch ein Problem für die Demokratie schaffen. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, ihre eigenen Interessen in diesem Staat wahrzunehmen. Auch deshalb bin ich ein Verfechter der Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens, dass - so offen will ich gerne sein - in unserer Partei noch keine Mehrheit hat, aber in der Diskussion ist. Gerade Ihre Frage, wie "Bürgerinnen und Bürger sich entsprechend ihren Vorstellungen, Zeit- und Kraftressourcen einbringen können und dabei Freude und Genugtuung an gesellschaftlicher Arbeit erleben", findet meines Erachtens darin eine Antwort.

Sie fragen mich, wie ich Menschen bei juristischen Spitzfindigkeiten oder bürokratischen Hürden helfen will. Dies tue ich in Chemnitz ganz praktisch. Die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis können sich an mich wenden. Natürlich kann auch ich keine Wunder bewirken, aber ich kümmere mich darum. Manchmal hilft es schon, wenn ein Bundestagsabgeordneter - wie schon geschehen - bei der ARGE nachhakt.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte und Sie einen Eindruck von meinen Vorstellungen und Wirkungsmöglichkeiten bekommen haben. Bei Nachfragen können Sie sich gerne an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Leutert