Frage an Michael Leutert von Thomas K. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Michael Leutert,
Was halten Sie von der UN Konvention über die Rechte behinderter Menschen?
o Was werden Sie bzw. Ihre Partei für die Umsetzung tun?
o In Artikel 3 Punkt C heißt es „volle und wirksame Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ dies ist für viele auf Grund der fehlenden Mobilität nicht möglich, und wird nur gefördert wenn man einer Arbeit nachgeht bzw. den Nachweis über eine Arbeitsstelle hat. Was ist mit Familien mit behinderten Kindern, Rentnern oder Menschen welche auf Grund Ihrer Krankheit nicht arbeiten gehen können?
o In Artikel 20 heißt es: „persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit zu sichern“ dies ist für viele nur durch ein speziell umgebautes Fahrzeug möglich. Ist ihre Partei bereit dafür diesen Artikel umzusetzen und dafür die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland zu ändern?
o Was ist vorgesehen wenn man das Bildungssystem in Sachsen betrachtet?
Gleichberechtigter Zugang zu Grundschulen und Schulen des Sekundarbereiches. Artikel 24 Ziffer 2 Punkt b
Mit freundlichen Grüßen
Th. Körper
Sehr geehrter Herr Körper,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Die Fragen möchte ich gern beantworten.
Die derzeitige Lage von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen sowie die (Nicht-)Bewilligungspraxis der Sozialbehörden widersprechen eklatant der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Umsetzung der Konvention wird ein langer Prozess werden, deshalb drängt DIE LINKE darauf, unverzüglich damit zu beginnen - unter aktiver Einbindung von Betroffenen und ihren Interessenvertretungen. Mit dem Umsetzungsprozess der Konvention hoffen wir auch auf einen Mentalitätswechsel, der dazu führt, dass nicht behinderte Menschen beginnen, ressourcenorientiert zu denken und beeinträchtigte Menschen mit ihren besonderen Kompetenzen als Teil der gesellschaftlichen Vielfalt schätzen lernen. Die entsprechende Fortbildung von Verantwortlichen und von Angestellten in den Sozialämtern / Behörden gehört natürlich dazu.
Aktive und selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, insbesondere auch für Menschen mit Behinderung, ist nur dann möglich, wenn man mobil ist. Insofern haben Sie recht, wenn Sie von der Politik fordern, dass sie die Voraussetzungen schafft, dass Sie die Rechte gemäß Art. 20 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wahrnehmen und einfordern können. Meine Partei DIE LINKE fordert daher im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 u. a. einen diskriminierungsfreien Ausgleich für Menschen mit Behinderungen umfassend herzustellen.
In Bezug auf Assistenz und Mobilität hat DIE LINKE bereits im November 2006 einen Antrag auf ein Nachteilsausgleichsgesetz (Bundestagsdrucksache 16/3698) in den Bundestag eingebracht, in dem es u. a. heißt: "Schwerpunkt der Nachteilsausgleichsleistungen wird personale Assistenz in vielfältigen Erscheinungsformen sein. Dabei richtet sich der Umfang personaler Assistenz am individuellen Bedarf des behinderten Menschen aus. Das neue sog. Persönliche Budget soll durch einmalige und/oder regelmäßige Leistungen erweitert werden können, wenn der behinderte Mensch im Einzelfall plausible Mehrbedarfe hat; insbesondere bei Kindererziehung und Elternassistenz, Kleiderkosten, Reisekosten (auch für Assistentinnen und Assistenten), Reinigungskosten, Wohnraum, Wärme, Heil- und Hilfsmitteln, behinderungsadäquater Größe und Ausstattung von Personenfahrzeugen etc." Der Antrag wurde leider abgelehnt.
Im Dezember 2008 haben wir als Bundestagsfraktion einen Änderungsantrag eingebracht, der die fehlerhafte Übersetzung der Konvention kritisierte. Mit der Übernahme der Übersetzungsmängel in den Gesetzestext wird der Konventionstext abgeschwächt. Dies wiederum kann weit reichende Auswirkungen auf die Umsetzungspraxis haben. Dem wollten wir einen Riegel vorschieben. Leider wurde auch dieser Antrag abgelehnt.
DIE LINKE unterstützt die aktuelle Kampagne großer Behindertenverbände für ein Teilhabesicherungsgesetz (dazu gehört auch Sicherung persönlicher Mobilität) und wird diese Forderung in der kommenden Wahlperiode parlamentarisch umsetzen.
Auch ist mir bekannt, dass die von Ihnen benannten Gruppen (Familien mit behinderten Kindern, RentnerInnen und Menschen die aufgrund ihrer Krankheit nicht arbeiten gehen können) unter Ausgrenzung besonders zu leiden haben. Die fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zum Beispiel mangels Mobilität verschlechtert die Lebenssituation dieser Menschen stetig. Deshalb fordert DIE LINKE in ihrem Wahlprogramm u. a., Altersarmut zu verhindern (kein Mensch darf im Rentenalter weniger als 800 Euro/Monat zum Leben haben, aus gesetzlicher Rente oder Grundsicherung). Weiterhin fordert DIE LINKE, eine bedarfsorientierte Kindergrundsicherung sowie eine bedarfsorientierte und sanktionsfreie Mindestsicherung einzuführen.
Diese finanziellen Mindestsicherungen sollen eine weitere Diskriminierung und Ausgrenzung verhindern und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben besser als bisher ermöglichen.
Wir wollen eine Schule für alle! Dies forderte DIE LINKE in Sachsen in ihrem Landtagswahlprogramm 2009. Die Überwindung des mehrgliedrigen, sozial und kulturell auslesenden sächsischen Schulsystems bleibt eines unserer wichtigsten Ziele.
DIE LINKE möchte ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen (Bundestagswahlprogramm 2009).
Mit freundlichen Grüßen
Michael Leutert, MdB, DIE LINKE