Frage an Michael Kretschmer von Jörg W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kretschmer,
ich bitte Sie, mir etwas zu erklären was ich nicht verstehen kann, weil ich wahrscheinlich zu ungebildet bin oder zu naiv. Da kungeln 3 Parteivorsitzende einen
Bundespräsidenten aus der mehr als 80 Millionen Bürger vertreten soll. Dann gibt es noch die Alibiveranstaltung der Wahl, wo auch der Bürger, der von diesen Bundespräsidenten vertreten werden soll, nichts zu sagen hat. Bitte erklären Sie mir, was das für eine Form der Demokratie ist - ich verstehe diese Form nicht.
Was ist in Österreich nicht so demokratisch wie in Deutschland, wenn dort die Bürger ihren Bundespräsidenten direkt wählen können.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meine Wissenslücken beheben könnten.
MfG
Jörg Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie mich nach der Wahl des Bundespräsidenten fragen. Gern möchte ich Ihnen antworten.
Ich halte es für richtig, dass wir den Bundespräsidenten in einer eigens hierfür einberufenen Bundesversammlung wählen. Anhand der Geschichte der Weimarer Republik können wir sehen, dass die Direktwahl von Parlament und Präsident in unserem Land zu schwerwiegenden Konflikten darüber geführt haben, wer in Deutschland die politische Richtung vorgibt: Präsident oder Parlament. Die schlechten Erfahrungen mit der erbitterten Konkurrenz zwischen dem vom Volk direkt gewählten Präsident und Parlament haben die Verfasser unseres Grundgesetzes dazu bewogen, sich eindeutig für ein starkes Parlament zu entscheiden.
In unserer repräsentativen Demokratie möchten wir sicherstellen, dass politische Entscheidungen von den vom Volk gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages getroffen werden. Eine Direktwahl des Bundespräsidenten würde die herausragende Stellung des Deutschen Bundestages in unserem politischen System schwächen. In Deutschland nimmt der Bundespräsident deswegen rein repräsentative Aufgaben im In- und Ausland wahr. Die Wahl erfolgt über die Stimmen der Delegierten der Bundesversammlung, die im kommenden Jahr voraussichtlich zwischen vier Kandidaten wählen können.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kretschmer