Frage an Michael Krämer von Andreas L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Krämer,
als Mitinitiator der Gruppe brothers4sisters beschäftige ich mich intensiv mit der sexuellen Ausbeutung in der Prostitution.
Meine favorisierte Partei, die ÖDP fordert auf Bundesebene seit 2013 die fortschrittlichste Gesetzgebung. Es handelt sich um das sog. "Nordische Modell", da Schweden es 1999 als erstes eingeführt hat. Seit Frankreich es 2016 eingeführt hat, wird es auch "Gleichstellungsmodell" genannt. Neben Prävention und umfangreichen Ausstiegshilfen sieht es ein Sexkaufverbot vor, bei welchem nicht die, sich anbietenden Frauen/Männer bestraft werden, sondern die nachfragenden Kunden.
Mit dem Prostituiertenschutzgesetz hat man sich in Deutschland dem Gleichstellungmodell leicht angenähert. Jetzt sind allein die Käufer verpflichtet Sorge zu tragen Kondome zu nutzen und können mit einem Bussgeld von bis zu 50.000 Euro bestraft werden.
Tatsächlich verlangen allerdings nach wie vor viele Freier nach Sex ohne Kondom und soweit ich es mitbekommen habe, gibt es bisher keinen ernsthaften Versuch in Bayern, übergriffige Männer zur Verantwortung zu ziehen.
Wie denken Sie, könnten eingeschüchterte Frauen in die Lage versetzt werden, sich bei entsprechenden Anfragen mutig zur Wehr zu setzen, und Anzeige zu erstatten?
Wie denken Sie, sollte die Bayerische Polizei und Justiz damit umgehen?
Mit freundlichen Grüßen,
A. L.
Sehr geehrter Herr L.,
zunächst einmal geht es bei diesem Problem nicht allein um die Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen. Das Prostituiertenschutzgesetz vom 1.7.2017 schützt weibliche wie männliche Prostituierte. Die übergriffigen Kund*innen mögen weit überwiegend Männer sein, aber auch in diesem Personenkreis dürfte es Frauen geben.
Das Gesetz beinhaltet eine Meldepflicht für alle Personen, die diesem Gewerbe nachgehen. Das ist immerhin schon ein Fortschritt. Ein nächster Schritt könnte die Gründung eines anerkannten Berufsverbandes sein - mit den üblichen Rechtsschutzversicherungen. Die Prostituierten (Frauen wie Männer) müssen beruflich aufgewertet werden, während ihre männliche wie weibliche Kundschaft stärker als bisher in den Fokus der Polizei- und Justizbehörden gerückt werden müssen. Schweden ist sicher ein gutes Vorbild. Übergriffige Freier*innen sollten mit der Angst leben, es bei gesetzwidrigem Verhalten mit einer starken Gewerkschaft, mit spezialisierten Anwält*innen und organisierten Selbsthilfegruppen von
weiblichen und männlichen Prostituierten zu tun zu bekommen. Die Opfer wenden sich vielleicht eher hilfesuchend an ihre eigenen Interessenvertretung, bevor sie den Gang zur Polizei wagen. Der Staat muss sich aber diesem Thema öffnen und Anlaufstellen für weibliche wie männliche Prostituierte schaffen. Freier*innen, die illegale Angebote
von Prostituierten kaufen oder erzwingen, müssen mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden.
Herzliche Grüße
Michael Krämer