Michael Huffer
DIE LINKE
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Frage von Veit M. •

Frage an Michael Huffer von Veit M. bezüglich Verbraucherschutz

Ich möchte gerade Sie um Ihre Einschätzung zur Vormundschaft bitten, da Ihre Partei das seit 1992 geltende Recht nicht mitgestaltet hat. Damals wurde die V. in das freundlichere Wort „Betreuung“ umbenannt. In der Broschüre des BMJ zum Betreuungsgesetz heißt es: „Jeder kann in gesunden Tagen vorausschauend für den Fall der evtl. später eintretenden Betreuungsbedürftigkeit einer Person seines Vertrauens die Wahrnehmung einzelner oder aller Vermögensangelegenheiten übertragen.“ Wäre hier nicht angebracht: Jeder MUSS, will man nicht bei Eintritt eines möglichen Betreuungsfalles die Entscheidung darüber einem Vormundschaftsgericht überlassen? Mit der am 1. September anstehenden Umbenennung der Vormundschaftsgerichte in Betreuungsgerichte will man nun die Begriffe Entmündigung und Vormundschaft ganz aus dem Vokabular der Öffentlichkeit streichen. Im Übrigen sieht das Betreuungsrecht vor, dass praktisch jeder Bürger bei Gericht eine Betreuung anregen kann.

Was viele nicht wissen, selbst Ehepartner und Angehörige haben nach dem Gesetz gar nicht das Recht, die Betreuung einfach zu übernehmen. So kann es vorkommen, dass Konten gesperrt werden und der gesunde Ehepartner zum entmündigten Bittsteller gegenüber einem per Gericht bestimmten Fremdbetreuer wird. Diesen mit zu finanzieren wird derjenige obendrein auch noch gezwungen. Das ein Betreuer seine Kunden jemals persönlich zu Gesicht bekommt ist noch nicht einmal sicher, obwohl das Gesetz eine persönliche Betreuung vorsieht. Rechtlich kann ein Betreuer nicht dazu gezwungen werden. Sagen Juristen.

Zwar kann man sich per Vorsorgevollmacht bei der Bundesnotarkammer in Berlin registrieren. Sagen Sie mir bitte, wieso soll es nicht möglich sein, gesunden Menschenverstand walten zu lassen und die gesetzliche Betreuung von außerhalb zum Ausnahmefall zu machen? Weshalb werden immer häufiger kommerzielle Betreuer bevorzugt? Wem dienen unsere Volksvertreter, dem Volk oder einer wachsenden Betreuungs- und Rechtsberatungsindustrie?

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mühling,

vielen Dank für Ihre Frage zum Betreuungsgesetz. Es hat zwar etwaas
gedauert, aber hier nun meine Antwort:

Mit dem Betreuungsrecht wurde die "Vormundschaft" für Volljährige nicht etwa nur umbenannt sondern abgeschafft. Für Minderjährige gibt es nach wie vor die Vormundschaft. Das hat den Sinn, dem Betreuten eine Person zur Seite zu stellen, die die Rechtsgeschäfte gleichberechtigt zu diesem wahrnehmen kann. Diese Regelung ist in etwa gleichzusetzen einem Rechtsanwalt, dem Sie eine Vollmacht zu Ihrer Vertretung erteilt haben. Der Betreute kann auch weiterhin seine Rechtsgeschäfte wahrnehmen, der Betreuer jedoch auch. Die Bestellung des Betreuers erfolg durch ein Gericht, das seine Tätigkeit in jedem einzelnen Fall auch kontrolliert. Früher war der "Bevormundete" per se geschäftsunfähig, heute ist das eben nicht mehr der Fall. Die rechtliche Verbesserung im Sinne des Betreuten ist also unübersehbar. Im Betreuungsgesetz heißt es zu Recht dass Jeder einer Person seines Vertrauens die Wahrnehmung seiner Interessen übertragen k a n n. Ihn dazu zu zwingen wäre so als wollten Sie jeden Menschen in diesem Lande dazu zwingen eine Patientenverfügung für den Krankheitsfall abzufassen. Es wäre widersinnig.

Dass Angehörige nicht so ohne Weiteres eine Betreuung übernehmen können erscheint mir durchaus sinnvoll. Stellen Sie sich bitte eine Partnerschafts- oder Familienkrise vor in der ein Streitender für seinen Kontrahenten Rechtsgeschäfte abwickeln könnte, für die der Andere dann gerade stehen müsste. Dabei fällt mir das alte Lied ein: " Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen ........".

In dem entsprechenden Gesetz gibt es Einschränkungen und Vorschriften zur Betreuerbestellung die ausdrücklich die Wünsche des Betreutensichern und die Familienangehörigen berücksichtigen. Ob diese Paragrafen in jedem Fall ausreichend berücksichtigt werden steht dann wieder auf einem anderen Blatt. Aber dies ist ja nun mal das Problem aller Gesetze - ihre Durchführung obliegt Richtern, und die können auch Fehler machen. Tatsächlich ist es so, dass der Betreuer mindestens einmal im Jahr Rechenschaft ablegen muss und einen detailierten Bericht schreibt, in dem auch die Besuchshäufigkeit vermerkt ist. Es gibt Gerichte, die auf einem monatlichen Besuch bei den Betreuten bestehen. Ich gebe Ihnen aber recht wenn Sie der Meinung sind dass eben diese Besuchsfrequenz vom Gesetzgeber besser geregelt werden müsste.

Nun zu Ihrer Frage ob man nicht besser den gesunden Menschenverstand walten lassen sollte: Ich habe mich bei Praktikern kundig gemacht und erfahren, dass die Gerichte selbst hinter ehrenamtlichen Betreuern, auch aus der Verwandschaft, her sind wie der Teufel hinter der armen Seele, da sie im Falle fehlenden Vermögens des Betreuten die Kosten der Betreuung aus der Bezirkskasse zahlen müssen. Und die Bezirksrevisoren machen den Gerichten immer wieder die Hölle heiß. Darum kann von einer Bevorzugung kommerzieller Betreuer auch absolut nicht die Rede sein. Allerdings werden die Fälle immer komplizierter und die Familien sind oft nicht bereit oder in der Lage die Betreuung zu übernehmen. So bleibt am Ende dann doch nur wieder der Berufsbetreuer. Lassen Sie mich zum Schluss bitte folgendes sagen. Jeder Fall ist ein Einzelfall, so wie jeder Betreute, und der steht im Mittelpunkt, ein Individuum mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen ist. Wir müssen es den Gerichten überlassen den rechten Weg für den einzelnen betreuten Menschen zu finden - in dessen Interesse! Wir als Angehörige oder Freunde können und sollten sie bei ihrer Arbeit darin unterstützen.

Mit freundlichem Gruß,

Michael Huffer