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Frage von Dr. Inge K. •

Frage an Michael Groß von Dr. Inge K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Groß,
auf meine Frage von Juni 2020 haben Sie mir den gleichen Textbaustein geschickt, wie er in der Email vom 19.5.2020 zu finden ist. Um die Unsitte der Antwort durch Textbausteine aufzuweichen, habe ich bewusst den Weg über Abgeordnetenwatch gewählt, hoffend, ich bekäme nun meine Frage persönlich und ehrlich beantwortet. Ich wiederhole meine Frage gerne mit anderen Worten:
Mit einer Wohnung erwirbt der Käufer Miteigentum am Grundstück der Wohnanlage, also nicht nur den "umbauten Raum", sondern auch Miteigentum am Gemeinschaftseigentum und am Grundstück (Wir zahlen als Wohnungseigentümer Grundsteuer!!).

Dass Kommunen über eine Wohnraumverdichtung nachdenken, dürfte Ihnen als "Spezialist für das Wohnungswesen" bekannt sein. Insofern ist meine Frage bezüglich der geplanten Änderung des Beschlussquorums ("allstimmig" auf "einfache Mehrheit") berechtigt. Und auch die Frage, ob Sie das neue WEG als Vorbereitung sehen, einem steigenden Wohnungsbedarf durch Dachgeschossausbau, Gebäudeaufstockung, Kellerumbau zu Souterrain- Wohnungen oder Bebauen von Freiflächen mit Garagen oder Wohnungen usw. zu begegnen, dürfte berechtigt sein.

Als selbstnutzende Wohnungseigentümerin fürchte ich, dass das herabgesetzte Quorum zu einem Missbrauch der Privilegierungsregelung durch marktwirtschaftlich agierende Firmen verleitet, die bereits Pläne für Wohnraum-Verdichtungen entwickeln: Auf Dächern und Freiflächen lassen sich Photovoltaik-Anlagen installieren, und in Tiefgaragen könnten Wallboxen im 24-Stunden-Betrieb vermietet werden, auch an anlagen-fremde Dritte (z.B. Sharing der E-Ladeplätze). Damit wären Forderungen nach CO2-Reduzierung im Dienste des Klima-Hypes erfüllt.

Herr Groß, sind Sie wirklich der Meinung, dass für privilegierte bauliche Veränderungen, die das neue WEG vorsieht, unbedingt das Beschlussquorum, so weit herabgesetzt werden muss, wie geplant?
Die derzeit gültige Regelung der doppelt-qualifizierten Mehrheit für bauliche Veränderungen in der z.Zt. gültigen WEG-Fassung bietet ausreichend Schutz vor Missbrauch, den vor allem Selbstnutzer fürchten.
Freundliche Grüße von Dr. Inge Karger.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau D. K.,

vielen Dank für Ihre erneute Mail und die Übermittlung Ihrer Kritikpunkte. All Ihre Fragen diskutieren wir derzeit sehr intensiv - auch mit dem Koalitionspartner.

Als SPD-Bundestagsfraktion begrüßen wir den Gesetzesentwurf. Sein Ziel ist es, das Konfliktpotenzial innerhalb der Eigentümergemeinschaft zu reduzieren, Eigentümerrechte zu stärken und Blockaden von Modernisierungen zu verhindern.

Positiv bewerten wir vor allem die Regelung, dass in Zukunft ein einzelner Wohnungseigentümer den Einbau einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, einen barrierefreien Umbau, Einbruchsschutz und einen Glasfaseranschluss von den anderen Eigentümern verlangen kann, wenn er die Kosten dafür selbst trägt. Das ist ein wichtiger Beitrag, um die klimafreundliche Elektromobilität zu fördern und sichere vier Wände zu schaffen, ohne finanziell schwächere Eigentümer zu überfordern.

Die Sachverständigenanhörung hat jedoch gezeigt, dass noch Präzisierungsbedarf beim Gesetzentwurf besteht. So sind wir u.a. der Auffassung, dass der Gesetzentwurf in seiner derzeitigen Fassung eine zu starke Stellung des Verwalters beinhaltet. Dies wollen wir ändern und die Vertretungsbefugnis des Verwalters beschränken. Die Entscheidung darüber, was ein Verwalter darf oder nicht darf, muss bei den Eigentümern verbleiben. Ohne Beschluss der Eigentümer soll der Verwalter grundsätzlich nur Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung und ohne erhebliche Verpflichtungen für die Wohnungseigentümergemeinschaften vornehmen dürfen. Vor wichtigen Vertragsabschlüssen soll der Verwalter den Beirat informieren. Auch soll der Beirat als Gegengewicht zum Verwalter gestärkt werden und diesem gegenüber Rechte der WEG durchsetzen können. Anders als die Union wollen wir, dass ein Eigentümer auch weiterhin Ansprüche unmittelbar gegen den Verwalter geltend machen kann, wenn der Verwalter der WEG einen Schaden zufügt. Für sinnvoll erachten wir auch die Erhöhung der Pflichtversicherungssumme für Verwalter, die wir von 500.000 Euro pro Schadensfall und 1 Million im Jahr auf 1 Million pro Schadensfall und 2 Millionen im Jahr verdoppeln wollen. Dies lehnt unser Koalitionspartner allerdings ebenso ab wie die Einführung eines Sachkundenachweises für gewerbliche Verwalter. Wir hingegen halten den Sachkundenachweis für zwingend notwendig, um die Qualität und Vertrauen zu sichern.

Grundsätzlich begrüßen wir auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung für bauliche Veränderungen. Viel zu häufig entsteht derzeit in den Häusern Streit zwischen denen, die Sanierungsmaßnahmen wollen, und denen, die sich diese nicht leisten können. Wird das notwendige Quorum nicht erreicht, kann nicht renoviert werden. Wird das Quorum überschritten, müssen alle zahlen. Das ist weder zielführend, noch gerecht. Hier versucht das neue WEMoG durch eine differenzierte Kostentragungsregelung für Modernisierungsmaßnahmen Lösungen zu finden. Dass nach § 21 Abs. 3 WEG-E nur derjenige die Modernisierungsmaßnahme bezahlen muss, der sie auch fordert, halten wir für angemessen. Für notwendig erachten wir aber ein höheres Zustimmungsquorum. Wenn nur 50% der Anwesenden über den Bau eine Maßnahme entscheiden dürfen, kann dies zu Legitimationsproblemen innerhalb der WEG führen – selbst wenn die Maßnahme nicht von allen bezahlt werden muss. Auch die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung, nach der überstimmte Eigentümer Kosten von Baumaßnahmen zu tragen haben, wenn die Baumaßnahme dem Baustandard der umgebenden Häuser entspricht, wollen wir nicht. Denn das birgt die Gefahr, dass überstimmte Eigentümer Luxusmodernisierungen zu bezahlen haben, die sie nicht wollen.
Einvernehmlich haben wir uns zusammen mit dem Justizministerium und der Union vorgenommen, die WEG-Reform sorgfältig zu beraten. Einen zeitlichen Druck gibt es entgegen der öffentlichen Berichterstattung nicht. Erst wenn ein ausgewogener Kompromiss gefunden wurde, der die Eigentümerrechte sichert, werden wir die Beratungen abschließen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Groß