Frage an Michael Groß von Karl S. bezüglich Umwelt
Hallo, Herr Groß! Wie ist ihre Position zum Fracking?
Sehr geehrter Herr Siebert,
vielen Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch.de zum Thema Fracking, welche ich sehr gerne beantworte. Mir ist bewusst, dass Fracking umstritten ist. Ich selbst lehne Fracking ab, so lange die Folgen für Natur, Mensch und Umwelt nicht wissenschaftlich abschätzbar sind bzw. eine Gefährdung darstellen. Bereits seit Frühjahr 2011 haben wir SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Recklinghausen das Thema in Veranstaltungen und mehreren Pressemitteilungen aufgegriffen.
Vieles, was in der Öffentlichkeit derzeit zum Thema Fracking geschrieben wird, ist so nicht richtig. Richtig ist, dass die Koalition plant, die gesetzlichen Anforderungen an Fracking zu verschärfen. Darüber haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt. Dazu zählen das Verbot umweltgefährdender Substanzen, eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung sowie der bessere und generelle Schutz von Trinkwasser. Das Bundesministerium für Wirtschaft und das Bundesministerium für Umwelt arbeiten derzeit an der Abstimmung zweier Gesetzesentwürfe dazu. Beide Gesetzesinitiativen setzen ganz klar den Schutz der Gesundheit und des Trinkwassers an erste Stelle. Ich werde im Deutschen Bundestag keinem Gesetz zustimmen, welches besonders sensible Gebiete z.B. zur Generierung von Trinkwasser gefährden würde!
Aus meiner Sicht ist ganz klar, dass mit dem potenziellen Einsatz der Fracking-Technologie in Deutschland weder unsere Energieversorgung vollständig gesichert noch unsere Klimaschutzziele erreicht werden können. Vielmehr erreichen wir dies vor allem durch den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz in der Wertschöpfung im Gebäude- und Verkehrsbereich und darüber hinaus. An dem Verbot des unkonventionellen Frackings aus Schiefer- und Kohleflözgestein hält die Koalition weiterhin fest. Allerdings wird Erdgas auch in Zukunft einen wichtigen Teil unserer Versorgung ausmachen. Daher sollen bis zum Jahr 2018 wissenschaftlich begleitete, nichtkommerzielle Probebohrungen geplant werden dürfen, um auszuloten, ob der Einsatz der Fracking-Technologie im Schiefer- und Kohleflözgestein überhaupt umweltverträglich möglich ist. Hierbei gelten strenge Anforderungen, wie beispielsweise ein Verbot des Einsatzes von wassergefährdenden Frackflüssigkeiten. Zusätzlich werden derzeit geltende Regelungen im Bergbau-, Umwelt- und Wasserrecht präzisiert, um die umweltverträgliche Entsorgung von Rückflüssen und Lagerstättenwasser zu gewährleisten. Klare Verbotsregeln sind hier – entgegen der öffentlichen Wahrnehmung – in Planung.
Sogenanntes konventionelles Fracking wird in Deutschland bereits seit den 60er Jahren angewendet. Dabei wird Erdgas aus gut durchlässigem Sandstein gefördert und ist nicht zu verwechseln mit der umstrittenen Erdgasförderung aus dichtem Schiefergestein wie in den USA. Dieses konventionelle Verfahren wird weiterhin möglich sein, allerdings unter sehr strengen Auflagen. So wird Fracking in Wasserschutzgebieten, Heilquellengebieten, Einzugsbereichen von Talsperren und Seen, die der Trinkwassergewinnung dienen, Naturschutzgebieten sowie Natura 2000-Gebieten untersagt. In Nationalparks und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Frackinganlagen darüber hinaus generell verboten werden. Dies ist besonders wichtig, da diese umfassend geschützten Gebiete den Kernbereich des Naturschutzes in Deutschland darstellen. Rund ein Viertel der Natura 2000-Gebiete sind gleichzeitig Nationalparks oder Naturschutzgebiete.
Mir ist wichtig, dass die Gefährdungspotenziale nachzuweisen sein müssen, damit das Verbot von Fracking auch gerichtsfest durchzuhalten ist. Auch wenn aus heutiger Sicht nicht alles im Vorhinein als gefährdend eingestuft werden kann, sollten wir hier ähnlich agieren wie beim Anbauverbot von gentechnisch verändertem Saatgut. Auch hier ist eine Gefährdung nicht einwandfrei nachgewiesen und dennoch hat sich der Deutsche Bundestag entschieden, gentechnisch veränderte Lebensmittel zu verbieten. Ich bin ein großer Befürworter unseres vorsorgenden Staates.
Ich lehne die Einrichtung einer Expertenkommission, die insbesondere vom Koalitionspartner CDU/CSU gefordert wird, zur Beurteilung ob Fracking zugelassen werden kann oder nicht, ab. Diese Entscheidung sollte einem demokratisch legitimierten Parlament vorbehalten sein. Der Deutsche Bundestag wird auf Grund dieser unterschiedlichen Auffassungen erst nach der Sommerpause über den Gesetzentwurf zum Fracking entscheiden. Wir erwarten von der CDU/CSU, sich klar im Sinne einer demokratischen Entscheidungsebene zu positionieren.
Es ist gut, dass Sie sich als Bürgerin, wie viele andere, in diesen Prozess aktiv einbringen und klare Haltung zeigen. Diese nehme ich gerade auch als Mitglied des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages sehr ernst.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Groß