Frage an Michael Cramer von Jörg W. bezüglich Verkehr
Hallo Herr Cramer,
wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ist die derzeitige Schraubenkupplung zum Verbinden von Eisenbahnfahrzeugen technisch veraltet und führt zu einem ineffizienten Betrieb im Einzelwagenverkehr und darüber hinaus auch zu Sicherheitsproblemen.
Trotz erheblicher Vorteile einer modernen automatischen Mittelpufferkupplung, scheiterte deren Einführung Ende der 70er aber daran, dass der zeitgleiche Umbau sämtlicher europäischer Eisenbahnwagons nicht finanzierbar war.
Nun gibt es aber eine neue Entwicklung, die die gleichen Vorteile bietet, aber eine schrittweise Umstellung ermöglicht: Die „Transpact C-AKv Kupplung“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/C-AKv-Kupplung ).
Diese Kupplung ist zu allen europäischen Kupplungen kompatibel, bietet aber folgende Vorteile:
Wesentlich höhere Zug- und Druckräfte möglich
-> Ermöglicht längere rationellere Güterzüge
Mechanische Stabilisierung in Gleisbögen
-> Geringer Verschleiß von Gleisen und Rädern
-> Höhere Entgleisungsicherheit
Automatisches Kuppeln
-> Rationelles rangieren
-> Elektrische Verbindung von Güterwagen ohne betrieblichen Mehraufwand
--> Ermöglicht die Einführung der EP-Bremse (beliebig schwere Züge bei gleichem Bremsweg)
--> Automatische Bremsprobe möglich (Reduzierter Personalaufwand)
--> Ermöglicht die Steuerleitungen für verteilte Traktion (Lokomotiven verteilt über den gesamten Zug)
--> Ermöglicht die einfache Umsetzung einer Zugvollständigkeitskontrolle bei Güterzügen (für ETCS Level 3)
Derzeit ist mir nur ein deutsches Forschungsprojekt bekannt, dass sich mit der Transpact C-AKv Kupplung beschäftigt ( http://www.railways.tu-berlin.de/menue/forschung/strategie/schienengueterverkehr/innocoupler/ ). Deshalb meine Fragen:
1.) Beschäftigen sich auch europäische Institutionen mit dieser neuen Kupplungstechnologie?
2.) Gibt es Pläne/Projekte die „Transpact C-AKv Kupplung“ europaweit zu erproben?
3.) Welche Schritte sind erforderlich, damit diese Kupplungstechnolgie in die entsprechenden TSIs aufgenommen wird?
MfG Jörg Wartenberg
Sehr geehrter Herr Wartenberg,
vielen Dank für Ihre Frage.
Politisch begrüßen wir alle technischen Fortschritte, die eine größere Interoperabilität zwischen den europäischen Bahnen ermöglichen.
Zur technischen Anerkennung kann ich Ihnen folgendes mitteilen: Parlament und Rat der EU haben Ende 2007 die Richtlinie zur "Interoperabilität des Eisenbahnsystems der EU", die so genannte cross acceptance, beschlossen. Sie muss bis Ende 2009 in nationales Recht umgesetzt werden.
Mit dem Beschluss wird die überfällige gegenseitige Anerkennung von Schienenfahrzeugen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten gesichert und von der Europäischen Eisenbahn-Agentur in Zukunft überwacht. Bezogen auf die Kupplungen bedeutet dies, dass sie in einem Mitgliedsstaat anerkannt werden müssen, um in der ganzen EU eingsetzt werden zu können - es sei denn, innerhalb von drei Monaten erhebt ein Mitgliedsstaat Einspruch und begründet, warum ein Betrieb aus Sicherheitsgründen nicht möglich ist.
Ob diese dann berechtigt sind, entscheidet die Europäische Eisenbahn-Agentur (ERA). Ist die Drei-Monatsfrist ohne Einspruch verstrichen, gilt die Zulassung für das gesamte Eisenbahn-Netz der EU. Dadurch können Schienenfahrzeuge in größerer Zahl hergestellt, ihre Kosten gesenkt werden.
Weitere, vor allem technische Informationen zum Thema erhalten Sie bei der ERA (www.era.europa.eu).
Mit freundlichen Grüßen
Michael Cramer