Frage an Michael Cramer von Gisela S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Cramer,
der Bundesrat hat am 12. Oktober 2012 einen Beschluss zur wirksamen Minderung von Motorradlärm gefasst (siehe Bundesrats-Drucksache 441/12). Im Kern geht es dabei darum, Motorradlärm an der Quelle, sprich am Fahrzeug selbst, zu reduzieren.
Wichtig hierzu ist, dass die Zulassungsvorschriften für neue Motorräder hinsichtlich Lärm so gestaltet werden, dass die vorgeschriebenen Messungen auch der Betriebspraxis entsprechen, also den Lärm widerspiegeln, der von den Fahrzeugen im Alltag erzeugt wird. Die bisherigen Geräuschmessverfahren für Krafträder mit beschleunigter Vorbeifahrt ab 50 km/h auf 20 m Messstrecke bilden das Spektrum des üblichen Fahrbetriebs nicht ausreichend ab. Die geltenden Regelungen ermöglichen auch keine praxistaugliche Überprüfung und ggf. Ahndung unerlaubter lärmsteigernder Bauartveränderungen bei Verkehrskontrollen.
Entsprechende Änderungen der Zulassungsvorschriften sind jedoch nicht im nationalen Alleingang sondern nur auf EU-Ebene möglich. Der o.g. Bundesratsbeschluss hat diesbezüglich leider noch keinen Erfolg gehabt.
Wie beurteilen Sie die europarechtlichen Regelungen hinsichtlich Motorradlärm und werden Sie sich für bessere Vorschriften im Sinne des oben genannten Bundesratsbeschlusses einsetzen?
Mit freundlichen Grüßen,
Gisela Splett
Sehr geehrte Frau Splett,
Vielen Dank für Ihre Frage, die ein sehr wichtiges Thema anspricht.
Verkehrslärm ist nicht nur lästig – laut Umfragen fühlen sich 55 % der Deutschen durch Straßenlärm gestört –, sondern auch eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Lärm nicht nur Stress, Gehörschäden und Schlafstörungen hervorruft, sondern auch das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen erhöht. Laut Schätzungen der Weltgesundheits-Organisation (WHO) verlieren die Bürgerinnen und Bürger in den Städten Europas pro Jahr insgesamt bis zu 1,6 Millionen gesunde Lebensjahre durch Verkehrslärm.
Ich begrüße deshalb den Vorstoß des Bundesrats, die Menschen besser vor Lärm – auch von Motorrädern – zu schützen. Motorräder stellen zwar nur einen kleinen Teil des gesamten Fahrzeugflotte, sind jedoch für punktuell oftmals extrem starke Lärmbelastungen verantwortlich. Neben einer Senkung des Lärms durch Autos, Züge und Flugzeuge muss die EU deshalb dringend auch beim Motorradlärm aktiv werden.
Ich stimme Ihnen zu, dass die bisherigen europarechtlichen Regelungen zu schwach sind. Zum einen sind die Vorgaben an sich zu lasch; zum anderen werden selbst diese laschen Vorgaben in der Praxis oftmals nicht eingehalten. Wir Grüne fordern deshalb eine schrittweise Verschärfung der Lärm-Grenzwerte sowie realistische Testverfahren bei der Zulassung von Motorrädern. Bei der Zulassung von PKW ist das teilweise bereits gelungen.
Zugleich müssen die nationalen Behörden die geltenden Vorschriften in der Praxis auch durchsetzen, vor allem durch Verkehrskontrollen.
Ich werde mich im Europäischen Parlament auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die EU-Gesetzgebung den Gesundheitsschutz beim Thema Verkehrslärm endlich ernst nimmt und strengere, realitätstaugliche Vorgaben macht.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Cramer