Frage an Michael Cramer von Jörg P. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Cramer,
mich würde interessieren, ob aus ihrer Sicht Menschen auf dem Lande eine andere Wertstellung in der Gesellschaft haben, als Menschen in der Stadt.
Und was ist für Sie wichtiger : Eine gesunde Umwelt bzw. ein zuhause oder Arbeitsplatz für alle ?.
Vielen Dank
Jörg Pohland
Sehr geehrter Herr Pohland,
selbstverständlich haben alle Menschen die gleiche gesellschaftliche Wertstellung, unabhängig davon, wo sie wohnen. Leider wird dies in der Politik zu häufig nicht berücksichtigt. In Abhängigkeit vom Wohnort ergeben sich unterschiedliche Anforderungen, um allen Bürgerinnen und Bürgern die gleichen Chancen und Möglichkeiten zur Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellen sich auf dem Lande vor allem Fragen der Daseinsvorsorge. Dazu gehören öffentliche Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Abfallbeseitigung, die Versorgung mit Wasser, ein leistungsfähiger Personennahverkehr, Gesundheitsdienstleistungen und eine Vielzahl weiterer sozialer Dienste. Es gehört zu den primären Aufgaben des Staates und seiner Kommunen, diese Dienstleistungen zu gewährleisten. Ich stehe dafür, dass jede und jeder mit lokalen öffentlichen Dienstleistungen von hoher Qualität versorgt wird, unabhängig davon, ob sie oder er in der Stadt oder auf dem Land wohnt. Darum müssen wir die Kommunen in die Lage versetzen, diese Leistungen auch zu erbringen. Auch aus diesem Grunde unterstütze ich den Lissabonvertrag. Denn er sieht eine ausdrückliche Achtung der "regionalen und lokalen Selbstverwaltung" durch die Europäischen Verträge vor.
Ihre zweite Frage legt nahe, wir müssten uns zwischen einer gesunden Umwelt und einer hohen Anzahl an Arbeitsplätzen entscheiden. Dies sehe ich nicht so, im Gegenteil: Umweltschutz muss in alle Bereiche wirken und ist daher auch Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Gedanke der Nachhaltigkeit. Wirtschaftliche Produktion und Verbrauch müssen so gestaltet werden, dass sie nicht heute die Lebenschancen von morgen zerstören. Auch auf europäischer Ebene müssen wir vorausschauend handeln, um unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Anstelle von Wachstum um jeden Preis müssen wir eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und einen schonenden Umgang mit Ressourcen sichern. Darum wollen wir Grünen ein Europa der starken Regionen als Zentren einer ökologischen Kreislaufwirtschaft.
Mittlerweile ist auch klar, dass der Klimawandel nicht nur unsere Ökosysteme betrifft, sondern auch unser Wirtschaftssystem. Nicht-Handeln wird in Zukunft enorme Kosten verursachen. Wir Grünen wollen, dass Europa mit einer intelligenten Energie- und Klimapolitik zum Schrittmacher wird. Darum müssen wir die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und Maßnahmen zur Energieeinsparung fördern. Denn der Aufbruch ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien fördert das regionale Handwerk, schafft neue Arbeit, stärkt Innovationen in wichtigen Zukunftsmärkten und macht uns weniger abhängig von steigenden Energie- und Rohstoffpreisen. Die verfehlte Abwrackprämie der Regierung ist hierfür ein gutes Beispiel. Hätte man die Auszahlung der Prämie an hohe Emissions- und Umweltstandards geknüpft, hätte man nicht nur die Umwelt entlastet, sondern auch technische Innovationen in diesem Sektor gefördert. Denn nur indem wir die Klima- und die Wirtschaftskrise gemeinsam anpacken, werden wir sie bewältigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Cramer