Frage an Metin Hakverdi von Renate S. bezüglich Bundestag
Was halten Sie von einer "Verkleinerung" des Bundestages? Ist die Qualität der parlamentarischen Arbeit abhängig von einer bestimmten Quantität der Abgeordneten?
Sehr geehrte Frau Schrittenlacher,
der Deutsche Bundestag ist als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger das Herz unserer parlamentarischen Demokratie. Hier werden die zentralen gesellschaftlichen Debatten geführt, Gesetze beraten und beschlossen, der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin gewählt und die Regierung kontrolliert. Die SPD-Bundestagsfraktion will sicherstellen, dass der Bundestag diese Aufgaben auch in Zukunft optimal erfüllen kann.
Das Gesetz sieht für den Bundestag eine Regelgröße von 598 Mandaten vor. Bei der nächsten Wahl könnten es nach dem aktuell geltenden Bundestagswahlrecht wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten über 800 Mandate werden. Der Bundestag könnte dadurch an die Grenzen seiner Arbeits- und Handlungsfähigkeit stoßen. Deshalb will die SPD Bundestagsfraktion das Wahlrecht reformieren.
Da in dieser Legislaturperiode die interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Wahlrechtsreform und Verkleinerung des Bundestages unter Leitung von Bundestagspräsident Schäuble leider ohne Erfolg geblieben ist, haben wir als SPD-Bundestagsfraktion nun einen neuen Kompromissvorschlag entwickelt: Mit einem zweistufigen Brückenmodell soll auf praktikable Weise einer weiteren Vergrößerung des Bundestages entgegengewirkt und den Weg für eine nachhaltige Wahlrechtsreform bereitet werden.
Wir wollen in einem ersten Schritt mit Wirkung bereits zur Wahl 2021 eine Übergangsregelung mit einer absoluten Mandatsobergrenze von 690 Abgeordneten einführen und dies mit der Einführung einer Paritätsregelung zur gleichmäßigen Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag verbinden. Überhang- und Ausgleichsmandate sollen bis zur Erreichung der Obergrenze unter Wahrung des Zweitstimmenproporzes zugeteilt werden, darüber hinausgehende Überhang- und Ausgleichsmandate nicht mehr. In einem zweiten Schritt schlagen wir vor, eine Reformkommission aus Abgeordneten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Bürgerinnen und Bürgern einzusetzen, die sich mit gegenwärtig diskutierten Reformalternativen für das personalisierte Verhältniswahlrecht auseinandersetzt und Empfehlungen für eine Wahlrechtsreform sowie zur Modernisierung der Parlaments- und Wahlkreisarbeit erarbeitet.
Weitere Einzelheiten und die konkrete mathematische Umsetzung unseres Vorschlags finden Sie auf der Homepage der SPD-Bundestagsfraktion:
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/beschluss-wahlrecht-spd-20200303.pdf
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/spd-brueckenmodell-zweibeispielrechnungen.pdf
Auf Basis dieses Vorschlages gehen nun die Verhandlungen mit allen Fraktionen weiter. Die SPD-Fraktion setzt ich dafür ein, dass noch in dieser Legislaturperiode eine Wahlrechtsreform verabschiedet wird, die einen weiteren Aufwuchs der Bundestagsgröße verhindert und den Weg für eine langfristig tragbare Lösung bereitet.
Mit freundlichen Grüßen
Metin Hakverdi