Frage an Mechthild Dyckmans von Robert F. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dyckmans,
auf Veranstaltungen der FDP ist fast jedes 2. Wort "Freiheit". Deshalb möchte ich Sie fragen, was Sie den Angriffen aufs Grundgesetzt durch Herrn Schäuble entgegensetzen. (Onlinedurchsuchung, Bundswehr im Inneren, Aufhebung der Unschuldsvermutung, Biometrische Daten in Ausweisen, Fingerabdruck-Register, Forderung Bundesrat zur Ausweitung der TK-Überwachung, usw.) Bisher habe ich da von der FDP leider nichts gehört.
Mit freundlichem Gruss
Robert Fröhlich
Sehr geehrter Herr Fröhlich,
herzlichen Dank für Ihre Frage vom 17. Juni 2007, in der Sie fragen, was die FDP den Angriffen auf das Grundgesetz durch Bundesinnenminister Schäuble entgegenzusetzen hat.
Gerne bringe ich Ihnen die Positionen der FDP näher. Mich wundert etwas, dass Sie in den von ihnen angesprochenen Bereichen Onlinedurchsuchung, Aufhebung der Unschuldsvermutung, Bundeswehreinsatz im Innern, Biometrische Daten in Ausweisen, Fingerabdruck-Register usw. noch nichts von der FDP gehört haben. Denn in jüngster Zeit hat sich gerade die FDP immer wieder dafür stark gemacht, dass in einem liberalen Rechtsstaat Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Rechte der Bürgerinnen und Bürger nur in äußerst engen rechtsstaatlichen Grenzen erlaubt werden dürfen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Regierungserklärung unter das Motto "mehr Freiheit wagen" gestellt. Die Bilanz der Bundesregierung im Bereich der Rechtspolitik wird diesem Motto jedoch nicht gerecht. Anstatt die Bürgerrechte zu stärken, sind weitere Eingriffe in geschützte Rechtspositionen zu befürchten.
Beinahe täglich schockiert Bundesinnenminister Schäuble die Republik mit neuen radikalen Vorstellungen zur Terrorbekämpfung, ohne dass die bisherigen Verschärfungen der Gesetze einer ausreichenden Erfolgsprüfung unterzogen worden wären. So will Bundesinnenminister Schäuble neben anderen Verschärfungen der Sicherheitsgesetze künftig auch einen automatischen Zugriff der Polizei auf digitale Passfotos sowie die Speicherung und Online-Übermittlung von Fingerabdrücken. Sein Amtsvorgänger, der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), hatte noch bei der Einführung des elektronischen Passes beteuert, dass die biometrischen Daten nur im Ausweis gespeichert würden. Diese Pläne sind der Weg zum Überwachungsstaat. Wer aus Meldeämtern polizeiliche Strafregister machen will, stellt alle Bürger unter kriminellen Pauschalverdacht. Das Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel wird dadurch missachtet.
So verliert Schäuble offensichtlich jedes rechtsstaatliche Maß, wenn er im Kampf gegen den Terror sogar die Unschuldsvermutung aufgeben will. Schäuble erweckt bewusst den Eindruck, es gäbe keine effektive präventive Gefahrenabwehr. Diese ist in der jüngeren Vergangenheit aber bereits stark ausgebaut worden, und er beruft sich auch selbst darauf, dass diese Maßnahmen effektiv seien. Wird die Unschuldsvermutung aufgegeben, so verliert der Staat seine Rechtsstaatlichkeit. Schäuble legt die Axt an die Grundprinzipien unseres freien Landes.
Die Unschuldsvermutung ist eine Voraussetzung des Rechtsstaates. Gerade als Minister ist er wie kein anderer aufgefordert, sich in seiner Vorbildfunktion an diese Grundsätze zu halten.
Beim Thema Online-Durchsuchungen möchte Ihnen insbesondere die Pressemitteilungen der Sprecherin für Innen- und Kommunalpolitik der FDP-Bundestagsfraktion Gisela Piltz zur Lektüre empfehlen. Diese finden Sie unter dem Link
http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_websiteprog.php/_c-649/_lkm-566/i.html
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Eine heimliche Schnüffelei des Staates auf den Festplatten der Bürgerinnen und Bürger ist nach Auffassung der FDP kein Mittel des Rechtsstaats. Die Befugnisse der Sicherheitsbehör-den wie auch der Geheimdienste dürfen nicht immer weiter ausgedehnt werden, ohne grundlegende Verfassungsrechte ad absurdum zu führen. Die Befürworter der Online-Durchsuchungen sehen im Schutz der Privatsphäre ein Sicherheitsrisiko und stellen damit jeden Bürger unter Generalverdacht. Das ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang zu bringen. Die wiederholt von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erhobene Forderung nach einer Rechtsgrundlage für heimliches Ausspionieren von Festplatten ist ein weiterer Schritt zur Aushöhlung der Grundrechte. Durchsuchungen müssen in einem Rechtsstaat offen erfolgen. Das heimliche Einbrechen in die Computer stellt daher grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats auf den Kopf.
Dies hat auch der Bundesparteitag der FDP am vergangenen Wochenende in Stuttgart so gesehen und die heimliche Online Durchsuchung einstimmig abgelehnt Die gestiegene Terrorgefahr in Deutschland ist keine Legitimation für die Pläne des Innenministers. Deutschland braucht keine schärferen Sicherheitsgesetze, die die persönliche Freiheit aller Bürger – egal ob verdächtig oder nicht – einschränken. Wir brauchen eine umfassende Sicherheitsstrategie, wie den wachsenden Gefahren des internationalen Terrorismus begegnet werden soll. Innenminister Schäuble muss die geforderten Ressourcen bei Polizei und Sicherheitsdiensten für die umfassende Überwachung wirklicher Terrorverdächtiger schaffen.
Die Bundesregierung muss daher unverzüglich einen Kurswechsel in ihrer Innen- und Sicher-heitspolitik vornehmen. Im Kampf gegen den Terrorismus muss eine vernünftige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gewahrt bleiben. Für uns Freie Demokraten ist klar: Man kann die Freiheit nicht verteidigen, indem man sie aufgibt.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat auf ihrer Frühjahrs-Klausur am 23. April 2007 dazu mit dem Beschluss „Terrorismus wirksam bekämpfen - Balance zwischen Freiheit und Sicherheit“ wahren - Erosion des Rechtsstaats beenden“ ausführlich Stellung genommen. Unter dem Link http://www.fdp-fraktion.de/files/723/Beschluss_Fruehjahrsklausur.pdf finden Sie diesen im Wortlaut. Ich würde mich freuen, wenn dieser Beschluss Ihr Interesse findet. Den Kurs, den Sie darin erkennen, werden wir Liberale auch weiterhin konsequent verfolgen.
Die FDP lehnt auch einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren ab. Die Polizei kann durch die Bundeswehr nicht ersetzt werden. Für einen großflächigen und regelmäßigen Einsatz im Inne-ren ist die Bundeswehr nicht ausgebildet. Zudem kann die Polizei in den Fällen des Art. 35 Grundgesetz bereits heute im Wege der Amtshilfe auf die Mitwirkung der Bundeswehr zu-rückgreifen. Einen Beschluss der FDP finden Sie hierzu unter dem Link http://www.fdp-fraktion.de/webcom/show_libargs_neu.php/_c-540/_nr-55/bis-/i.html
Die von Schäuble gemachten Vorschläge zu Online-Durchsuchungen, zentraler Abrufbarkeit von biometrischen Passdaten und Einsätzen des Militärs im Innern lassen das Bild von einem anderen Deutschland aufkommen, welches Schäuble sich offenbar wünscht. Schäuble behauptet, seine Gestaltung des Rechtsstaates schaffe die Sicherheit. Das Gegenteil ist richtig. Dies mit dem Kampf für die Freiheit zu begründen, klingt wie der reine Hohn.
Schäubles Vorschläge gefährden die freiheitlichen Prinzipien unseres Landes.
Ich hoffe, Sie haben nun einen Eindruck davon bekommen, dass die FDP sich zu Recht als Verteidigerin der Bürgerrechte und der Freiheit bezeichnet.
Ich würde mich freuen, wenn Sie uns unterstützen würden.
Nochmals vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihr Interesse. Ihnen persönlich alles Gute.
Mechthild Dyckmans, MdB