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Mechthild Dyckmans
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Frage von Jens S. •

Frage an Mechthild Dyckmans von Jens S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dyckmans.

Als Drogenbeauftragte der Bundesregierung zeichnen Sie verantwortlich für folgend verlinkte Pressemitteilung, anlässlich der Publikation der aktuellen Zahlen der Drogentoten in Deutschland:
http://drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_2013/130425_PM_Rauschgift.pdf

Die Zahlen belegen ein tödliches Gender-Gap zuungunsten von Männern, die gut 81%(!) der Toten stellen. Dies ignorierend machen Sie aus einem vorrangig männlichen ein weibliches Problem, weil die Geschlechter-Kluft ausnahmsweise um 4 Prozentpunkte zurückging.

Unerwähnt bleibt, dass es jetzt schon ein umfassendes Hilfesystem exklusiv für Frauen in der sozialen Arbeit allgemein und der Drogenhilfe im Besonderen gibt; für Männer besteht dergleichen „natürlich“ nicht und auch bei den offenen Angeboten werden Frauen oft bevorzugt berücksichtigt, wie etwa der Vermittlung in kommunale Wohneinrichtungen. Somit haben Frauen schon jetzt einen stark privilegierten Zugang zu Hilfsressourcen; sicherlich ein wichtiger Grund für den geringen Anteil weiblicher Drogentoten von aktuell 18,75%.

Tatsächlich wäre längst ein starker Rückbau der Kluft zu erwarten, da sich die Geschlechterrollen schon deutlich angenähert haben und weibliches (Suchtmittel)verhalten riskanter wurde.

Folgend die Fragen:
1.) (a): Wie rechtfertigen Sie, als für alle Bürger zuständige Drogenbeauftragte, die bereits bestehende Diskrepanz der Hilfsangeboten zu Lasten von Männern, angesichts der angeführten Zahlen?
(b): Und wie ist es bei einem Stand von 81% männlicher Drogentoter vertret- und begründbar Untersuchungen anzukündigen, ob das einseitige Hilfsangebot nur für Frauen noch weiter auszubauen sei?

2.) Mithin drängt sich abschließend auch die Frage auf, ob Sie Frauen qua Geschlechtszugehörigkeit generell für hilfswürdiger erachten?

Über eine kritisch-konstruktive Antwort freute ich mich.

Mit freundlichem Gruß
J. Schmidt.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Sie behaupten, dass es in Deutschland ein umfangreiches Hilfesystem speziell für suchtmittelabhängige Frauen, nicht aber für Männer gäbe.

Dieser Behauptung möchte ich ausdrücklich widersprechen. Die Deutsche Suchthilfestatistik weist für 2012 wesentlich höhere Anteile von Männern in der Behandlung aller suchtstoffbezogenen Probleme auf. Die Rangreihe der Geschlechterverhältnisse reicht im ambulanten Bereich von einem Verhältnis 8:1 bei pathologischem Glücksspielen, 6:1 bei Cannabis und Kokain, 3:1 bei Halluzinogenen bis zu 3:1 bei Alkohol, Opioiden und Stimulanzien. Ein leicht umgekehrtes Verhältnis findet sich bei Problemen im Umgang mit Sedativa/Hypnotika, bei denen der Anteil der betroffenen Frauen traditionell deutlich höher als der der Männer liegt. Damit verursachen Männer einen Großteil der Behandlungskosten.

In Deutschland verfügen wir inzwischen vereinzelt über sehr gute Angebote für suchtkranke Frauen. Die weibliche Perspektive, die gerade in der Suchtarbeit oft von Gewalterfahrungen geprägt ist, blieb in der Vergangenheit außen vor. Frauen benötigen gerade vor diesem Hintergrund aber einen geschützten Rahmen, um diese Erfahrungen aufzuarbeiten. Oft kann nur so die Suchterkrankung behandelt und therapiert werden.

Allerdings sind frauenspezifische Einrichtungen im Suchtbereich bundesweit nicht flächendeckend zu finden. Ein umfangreiches Angebot sieht für mich anders aus. Auch in diesem Punkt möchte ich Ihnen widersprechen und mein Statement aus der von Ihnen erwähnten Pressemitteilung unterstreichen, dass bestehende Angebote zu überprüfen sind, ob sie besser an die Bedürfnisse der drogenabhängigen Frauen angepasst werden müssen.

Die Suchthilfe und auch die Forschung orientierte sich in der Vergangenheit am männlichen Suchtkranken. In gemischtgeschlechtlichen Einrichtungen findet man nach wie vor eine Überzahl männlicher Patienten.

Und dennoch begrüße ich als Drogenbeauftragte der Bundesregierung Ansätze aus der Genderbewegung, auch spezielle männerspezifische Aspekte in der Suchtarbeit zu berücksichtigen.

Prof. Dr. Heino Stöver von der Fachhochschule Frankfurt am Main hat zum Thema Männlichkeiten und Sucht einige Werke publiziert:

https://www.fh-frankfurt.de/fachbereiche/fb4/kontakt/professorinnen/heino_stoever/veroeffentlichungen43.html .

Auch beim Männergesundheitsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es eine Rubrik Sucht:

http://www.maennergesundheitsportal.de/themen/suchtpraevention/ .

Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans