Frage an Mechthild Dyckmans von Erick S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dyckmans,
Sie haben ihre Position bereits bekannt gemacht...
Was mich interessieren würde ist, warum sich die Regierung anmasst zu bestimmen, welche Stoffe ein Bürger sich zuführen darf und welche nicht.
Ist es nicht heuchlerisch und unglaubwürdig vom Gesetzgeber den Konsum und Erwerb von Alkohol zu erlauben/regulieren und für Alkoholsüchtige Hilfsangebote bereitzustellen, während im gleichen Atemzug Menschen für eine opferlose "Straftat" wie Cannabiskonsum/-besitz(ich rede hier vom privaten, erwachsenen Gebrauch; keine Weitergabe an Dritte) kriminalisiert werden, aus Angst vor Repressionen suchen sich Menschen mit Suchtproblemen keine Hilfe.
Man sperrt doch auch keine Alkoholiker ein. Ein moralisch nicht zu rechtfertigendes Verhalten, was die Gesundheit der Drogenkonsumenten auf´s Spiel setzt, obwohl Sie behaupten, dass das BTMG die Menschen und deren Gesundheit schützen würde, was bereits ausreichend widerlegt ist.
Kartelle kaufen vom Geld, das sie aus den Hanfanbau erwirtschaftet haben, harte Drogen, Waffen, Menschenschmuggel findet statt - da frage ich mich ernsthaft, erhalten deutsche Politiker Schmiergelder von der Drogenmafia, denn die ist der einzige Profiteur vom Verbot. Nur der, der vom Verbot profitiert, hat ein Interesse es auch aufrecht zu erhalten...
Zu meiner Frage:
Was bitte sind am Umgang mit Cannabis die Wesensmerkmale einer Straftat im Sinne der Rechtsauffassung eines freiheitlichen Rechtsstaates?
Wie kann ein freiheitlicher Rechtsstaat Teile seiner Bürger für ein Verhalten zu Kriminellen erklären, welches weder Leben, Gesundheit, Ansehen oder Eigentum eines Anderen Schaden zufügt?
Danke für Ihre Mühen,
Erick Seemann
Sehr geehrter Herr Seemann,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie kritisieren die unterschiedliche rechtliche Einordnung von Alkohol und Cannabis.
Alkohol wird vorwiegend als Genussmittel konsumiert und findet Verwendung in vielen Bereichen, die nicht dem Rausch dienen. Zum Beispiel in Form von Wein im religiösen Kult. Bei dem Konsum von Betäubungsmitteln ist das Ziel aber typischerweise die Herbeiführung einer Rauschwirkung. So hat es auch das Bundesverfassungsgericht in seiner bekannten "Haschisch-Entscheidung" vom 9. März 1994 (Az: BVerfG, 2 BvL 43/92) festgestellt. Gleichwohl ist mir bewusst, dass gerade bei Jugendlichen die Gefahr besteht, Alkohol riskant zu konsumieren. Hier setzt die Bundesregierung auf einen Mix aus verhältnis- und verhaltenspräventiven Angeboten, um den Konsum zu reduzieren, riskante Konsummuster zu verhindern und über die Risiken aufzuklären.
Die Gefahren von Cannabis können Sie unter anderem dem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht entnehmen: http://www.drogenbeauftragte.de/presse/pressemitteilungen/2012-04/jahresberichte-ebdd-und-dbdd.html. Demnach wies ein Drittel der Personen, die wegen Drogenproblemen 2011 eine Suchtberatungsstelle aufsuchten, einen problematischen Cannabiskonsum auf. Viele von ihnen fangen bereits im Teenager-Alter mit dem Konsum an (Durchschnittsalter 15 Jahre). Der Anteil der Drogenpatienten, die wegen ihres Cannabiskonsums ambulant behandelt werden, liegt seit einigen Jahren ebenfalls bei etwa einem Drittel (2011: 34.7 %). Bei denjenigen, die das erste Mal in Suchtbehandlung sind, liegt der Anteil der Cannabisfälle bei 56,6 %. Besonders der Langzeitkonsum kann zu erheblichen gesundheitlichen Schäden und zur Abhängigkeit führen.
Die Bundesregierung hält daher an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus, der Einfuhr, der Ausfuhr, des Erwerbs und des Inverkehrbringens von Cannabis und anderen Betäubungsmitteln fest (§ 29 Absatz 1 Betäubungsmittelgesetz), weil sie diese nicht als harmlose Drogen ansieht. Durch die präventive Wirkung der Strafandrohung wird die Verfügbarkeit und Verbreitung der Substanz eingeschränkt. Natürlich ist es utopisch zu denken, man könnte die Gesellschaft komplett drogenfrei gestalten. Dennoch dient das Verbot zusammen mit einer reduzierten Konsumbereitschaft, die die Bundesregierung durch Aufklärungskampagnen fördern will, dem Schutz der öffentlichen Gesundheit.
Bei Besitz, Erwerb oder Anbau lediglich geringer Mengen Cannabis zum Eigenverbrauch kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen und das Gericht das Verfahren einstellen oder von einer Bestrafung absehen (§§ 31a und 29 Absatz 5 BtMG), wenn die Schuld des Täters gering ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Die "geringe Menge" im Sinne dieser Vorschriften wird durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften der Länder bestimmt.
In einer deutschlandweiten Umfrage aus dem vergangenen Jahr (Institut für Markt- und Trendforschung Ears and Eyes, Okt./Nov. 2011) wurden erwachsene Deutsche nach ihrer Einstellung zur Cannabislegalisierung befragt. Eine Mehrheit (60%) hat sich dabei gegen eine Legalisierung ausgesprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans