Frage an Mechthild Dyckmans von Torsten H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dyckmans,
die meisten Sachverständigen und Experten der Drogenpolitik sind der Meinung, dass der Konsument von Betäubungsmitteln nicht unnötig kriminalisiert werden sollte. Ich gehe davon aus, dass auch Sie dieser Meinung sind.
§ 31a BtmG bietet die Möglichkeit des Absehens von Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder die Einstellung des Verfahrens durch das Gericht, sofern es sich um BtmG-Straftaten nach §29 der Ziffern 1 und/oder 2 handelt. Soweit so gut.
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln (BTM) ist als Straftatbestand aber in § 29 Ziffer 3 explizit aufgeführt, so dass im Fall von nur nachgewiesenem Besitz eigentlich keine Anwendung von § 31a erfolgen kann.
In § 31a steht aber zusätzlich noch der "Besitz" drin, so dass man nun behaupten könnte, dass somit auch § 29 Ziffer 3 erfaßt würde. Da es sich aber um "Juristerei" handelt, bin ich mir sicher, dass dies damals nicht übersehen sondern bewußt so geregelt wurde.
In Anbetracht dieser Tatsache kann man aber nun meiner Meinung nach den bloßen Besitz von BTM juristisch einfandfrei nicht als "entkrimininalisiert" bezeichnen, zumal zudem § 31a als sogenannte "Kann"-Vorschrift besteht, die eher die (seltene) Ausnahme bezeichnet, im Gegensatz zu einer "Soll"-Vorschrift, die eine Regel beschreibt, von der es natürlich auch begründete Ausnahmen geben kann.
Nun zu meinen Fragen:
1.) Aus welchem Grund wird in § 31a (Absehen von der Verfolgung) der Straftatbestand von § 29 Ziffer 3 (Besitz von BTM) nicht mit einbezogen?
2.) Sind Sie der Meinung, dass die Konsumenten von Cannabis in der Bundesrepublik Deutschland wirksam entkriminalisiert sind?
3.) Könnten Sie sich vorstellen, dass § 31a als "Soll"-Vorschrift verfasst wird? Anm.: Ja, mir ist bewußt, dass nicht Sie dies entscheiden können, sondern, dass dies durch den Bundestag geschehen muss. Mich interessiert nur Ihr Standpunkt dazu.
In Erwartung der Beantwortung meiner Fragen verbleibe ich
mit freundlichem Gruß
Torsten Hergesell
Sehr geehrter Herr Hergesell,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
§ 31a Abs. 1 BtMG bezieht sich auf die Absätze 1, 2 und 4 des § 29 BtMG. Der von Ihnen angesprochene Besitz, der in § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG geregelt ist, ist somit explizit in die Möglichkeit des Ansehens von der Strafverfolgung miteinbezogen.
Der Gesetzgeber hat mit § 31a BtMG die Möglichkeit zur Entkriminalisierung von Konsumenten geschaffen. Die Verfolgung liegt allerdings im Ermessen der Staatsanwaltschaften und kann dementsprechend von Bundesland zu Bundesland variieren. Für die Festlegung von Einstellungsgrenzen sind die Bundesländer zuständig. Die meisten Bundesländer haben Richtlinien geschaffen in der Form von Hausverfügungen der leitenden Oberstaatsanwälte, Rundverfügungen von Generalstaatsanwälten, Runderlasse der Justizministerien oder andere. Diese Richtlinien unterscheiden sich inhaltlich, sei es in Bezug auf den Umgang mit anderen illegalen Substanzen als Cannabis, zum Umgang mit Wiederholungstätern oder auch in Bezug auf Ist-Soll-Vorschriften. So ist z.B. in Berlin beim Umgang mit Canabisharz oder Marhuana zum gelegentlichen Eigengebrauch das Ermittlungsverfahren grundsätzlich einzustellen.
Die Bundesregierung hält an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus, der Einfuhr, der Ausfuhr, des Erwerbs und des Inverkehrbringens von Cannabis und anderen Betäubungsmitteln fest, weil sie diese nicht als harmlose Drogen ansieht. Durch die präventive Wirkung der Strafandrohung wird die Verfügbarkeit und Verbreitung dieser Substanzen eingeschränkt. Auch Mengen, die für den Eigengebrauch gelagert werden, beinhalten immer die Gefahr der Weitergabe an Dritte.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans