Frage an Mechthild Dyckmans von Tanja K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dyckmanns,
ich bitte Sie mir die Gruende fuer die derartig harte Kriminalisierung von einfachen Hanfkonsumenten in Bayern zu nennen:
Mein Mann hatte an seinem Geburtstag mit ein paar Freunden ueber 18 Jahren zu Hause im privaten Rahmen ohne Gefaehrdung Dritter und unter Ausschluss der Oeffentlichkeit Cannabis konsumiert.
Am naechsten Tag kam es beim Kochen zu etwas Rauchentwicklung in unserer Wohnung. Daraufhin rief einer der Nachbarn die Feuerwehr, diese stellte fest, dass alles in Ordnung sei.
Jedoch kamen danach Polizeibeamte, die aufgrund der Jointstummel im Aschenbecher die Wohnung auf Drogen durchsuchten und 10 Gramm Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt unter 5% sicherstellten, das beim Geburtstag am Vortag ueber geblieben war und im Laufe der naechsten Tage privat verkonsumiert worden waere. Es handelt sich also zweifelsfrei um Eigenbedarf in geringer Menge, der lt. geltendem Gesetz straffrei ist.
Anschliessend haben die Beamten - wie sich inzwischen herausstellte - waren sie von der Abteilung fuer Drogendelikte - meinen Mann mit auf das Revier genommen.
Trotz fraglicher Umstaende der Beschlagnahmung und trotz geringer Menge wird in Bayern im Vergleich zu anderen Bundeslaendern enorm hart gegen einfache Hanfkonsumenten vorgeganegn. So stimmte mein Mann also unter dem ueblichen Druck der Beamten der Anwendung des Paragraph 31 BtmG zu, welcher gemaess Gesetz Straffreiheit bzw. Strafmilderung bringen soll.
Trotz dieser Hergaenge wurde mein Mann zu einer Geldstrafe von mehr als 3000 Euro verurteilt, die er nicht bezahlen konnte. Seit Freitag, 11.2.11 sitzt mein Mann eine Haftstrafe die bis 19.6. dauern soll ab und kommt nur frei, wenn die Geldstrafe bezahlt wird. Eine Ratenzahlung wurde abgelehnt.
Mein Mann und ich sind mit Kenntnis und Zustimmung der damals involvierten Polizeibeamte von Muenchen nach Amsterdam umgezogen, um weitere Probleme mit dem Gesetz zu vermeiden.
Warum wird so gegen friedliche Menschen vorgegangen? Ist das gerecht?
Sehr geehrte Frau Kemser-Urban,
vielen Dank für Ihre Frage.
Zu dem von Ihnen geschilderten Einzelfalles werde ich mich nicht äußern, da mir eine objektive Einschätzung aufgrund Ihrer Schilderung nicht möglich ist. Ich kann nur einige allgemeine Hinweise geben. Ob ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorliegt und ob eine Anklageerhebung im Einzelfall gerechtfertigt und sinnvoll ist, kann nur die zuständige Staatsanwaltschaft entscheiden.
In einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht (Schäfer und Paoli, Drogenkonsum und Strafverfolgungspraxis, Berlin 2006) wurde festgestellt, dass in den Bundesländern eine noch unterschiedliche Anwendung des § 31 a BtMG (Möglichkeit der Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaften bei gelegentlichem Eigenverbrauch, geringer Schuld und mangelndem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung) erfolgt. Der Anteil der Anklagen oder Anträge auf Erlass eines Strafbefehls schwankte im Untersuchungszeitraum zwischen 40,7% in Bayern und 4,9% in Schleswig-Holstein.
Diese Unterschiede in der Rechtsanwendung sind durch die föderale Struktur der Bundesrepublik bedingt. Fast alle Bundesländer haben Richtlinien zur Anwendung des §31a BtMG erlassen, die sich hinsichtlich der Bestimmung der geringen Menge und der Behandlung von Wiederholungstätern unterscheiden. Sie sind jedoch nicht so erheblich, dass nicht mehr von einer im Wesentlichen gleichen Rechtsanwendung gesprochen werden kann. Bayern hat sich dafür entschieden, die geringe Menge bei Cannabisdelikten auf bis zu 6g und die Einstellung des Verfahrens nur bei Erst-, nicht aber bei Wiederholungstätern obligatorisch zu machen. Diese Praxis mag im Vergleich zu anderen Bundesländern hart erscheinen, kann aber rechtlich nicht beanstandet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans