Frage an Mechthild Dyckmans von Michael M. bezüglich Gesundheit
Frau Dyckmans,
In vielen Ihrer Antworten zum Thema Cannabis behaupten Sie, einer Freigabe zu medizinischen Zwecken ermangele es derzeit die hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse. Diese Behauptung entpuppt sich als Hohn angesichts der Tatsache, dass bereits >300 klinische Studien zur Wirksamkeit existieren ( http://www.cannabis-med.org/studies/study.php ). Es offenbart den Wunsch konservative Wählerstimmen zu binden, und missachtet die Verpflichtung evidenzbasierte Gesetzgebung zu betreiben. Die Bundesregierung nimmt mit ihrer dogmatischen Haltung sehenden Auges in Kauf, dass Menschenleben gefährdet werden und Patienten Ihrer Lebensqualität und Würde beraubt werden.
Da, um nur 2 Beispiele zu nennen, durch Appetittanregung oft ein frühzeitiger Tod abgewendet werden kann und sich in Studien mittles Apoptose sogar eine krebsbekämpfende Wirkung ergab, ist Cannabis in einigen Fällen als lebensrettend anzusehen. Das gesetzgeberische (Nicht)-Handeln blockiert somit nicht nur die lebensqualitätwiederherstellenden Eigenschaften sondern auch lebensrettende Hilfe, wo sie dringendst benötigt wird.
Ich appelliere an Ihr Gewissen und das des gesamten Bundestages und fordere Sie auf, die drogenpolitische Ära der Ideologie hinter sich zu lassen, den Kampf um konservative Wählerstimmen nicht länger auf dem Rücken schwerkranker Patienten auszutragen und sich einer neuen, evidenzbasierten Betäubungsmittelgesetzgebung zuzuwenden, in der wissenschafltiche Erkenntnisse, Mitgefühl und Verantwortung einen Platz haben!
Weit über 300 Studien sprechen eine klare Sprache!
(Anm.: Ginge man zeitlich noch weiter zurück und berücksichtigte auch kleinere Studien, wären es sogar einige hundert mehr)
Meine Fragen:
1) Wie kann angesichts der klaren Studienlage weiterhin auf einen Studienmangel verwiesen werden?
2) Wiegt für einen Patienten das im GG Art.2 Abs.2 garantierte Grundrecht "auf Leben und körperliche Unversehrtheit" nicht schwerer als das Betäubungsmittelgesetz?
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie fordern eine Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken.
Wie Sie sicherlich inzwischen wissen, bereitet das Bundesministerium für Gesundheit gegenwärtig zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Menschen mit betäubungsmittelhaltigen Medikamenten Änderungen im Betäubungsmittelrecht vor, damit die Behandlung für Schmerzpatienten verbessert werden kann.
Neben der Optimierung der jederzeitigen Verfügbarkeit von Betäubungsmitteln in der Palliativversorgung (SAPV) und bei der Versorgung in stationären Hospizen sieht der Entwurf einer 25. Verordnung zur Änderung des Betäubungsmittelrechts (25. BtMÄndV) eine differenzierte Änderung der Position "Cannabis" in den Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) vor.
Mit dieser Regelung wird dafür Sorge getragen, dass in Deutschland zukünftig cannabishaltige Fertigarzneimittel hergestellt und als weitere Therapieoption - z.B. zur symptomatischen Therapie der Spastik bei Multipler Sklerose - unter den strengen Voraussetzungen des Arzneimittelgesetzes zugelassen und auf Betäubungsmittelrezept verschrieben werden können.
In Europa (Großbritannien und Spanien) wurden vor wenigen Wochen bereits Zulassungen für das Fertigarzneimittel Sativex® mit Cannabis-Extrakt in der Indikation ´Multiple Sklerose´ erteilt.
In Deutschland müssen Anträge auf Zulassung als Arzneimittel von den Pharmaunternehmen gestellt werden.
Die bereits erfolgten Zulassungen zeigen, dass sich der wissenschaftliche Erkenntnisstand beim Einsatz von Cannabis als Medizin jedenfalls im Bereich der Multiplen Sklerose zwischenzeitlich soweit verbessert hat, dass die strengen - in der EU harmonisierten - Anforderungen an eine arzneimittelrechtliche Zulassung in dieser Indikation als erfüllt angesehen werden konnten.
Die Bundesregierung greift mit dem Verordnungsentwurf die fachlichen Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel auf.
Ich habe mich schon seit längerem für diese Änderungen eingesetzt.
Auf meiner Homepage können Sie die aktuelle Pressemitteilung zu dem Thema finden: http://www.bmg.bund.de/nn_1197282/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/Drogenbeauftragte/2010/10-08-17_20PM_20Cannabis_20als_20Medizin.html?__nnn=true
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans