Frage an Mechthild Dyckmans von Martin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Werte Frau Dyckmans,
ich wünsche Ihnen zu Ihrem Antritt als Drogenbeauftragte der Bundesregierung alles Gute. Ich freue mich auf ein neues Kapitel deutscher Drogenpolitik, welches von mehr Kommunikation der Drogenbeauftragten mit bürgergesellschaftlichen Organisationen zu dem Drogenphänomen geprägt ist.
Im März 2009, nur einen Tag vor der Eröffnung des Treffens der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen, hat die Europäische Kommission den „Bericht über den globalen illegalen Drogemarkt 1998 – 2007“, auch bekannt als Reuter-Trautmann Bericht, präsentiert ( http://tinyurl.com/b67vp2 ).
Dieser Bericht enthält wertvolle Daten und Schlüsse, die andere Auswertungen zu Drogenpolitik in der EU in den letzten Jahren bestätigen.
Diese Schlüsse sind, dass die jetzige Politik in vielen ihrer Ziele fehlschlägt:
Zum Einen die Nachfrage und das Angebot von illegalisierten Drogen zu reduzieren
Zum Anderen das Anerkennen, dass die Politik ein kritischer Faktor bei der Erzeugung und Verstärkung von Schäden durch den individuellen Drogengebrauchenden, ihrer direkten Umgebung sowie der Gesellschaft als ganzes, ist.
So auch den Schluss, dass das Anwenden von Drogenprohibition erhebliche unerwartete Schäden hervorruft von denen viele vorhersehbar sind und waren.
So auch den Schluss, dass Cannabisgebrauch Teil der jugendlichen Entwicklung in vielen westlichen Ländern geworden ist.
Zu meinen Fragen:
Kennen Sie den oben genannten Bericht?
Wurde dieser Bericht im Resort der Drogenbeauftragten und im Bundesgesundheitsministerium diskutiert?
Welche Auswirkungen haben die Erkentnisse - aus einem Jahr wissenschaftlicher Forschung an allen verfügbaren Daten zur Drogenproblematik in der EU - auf die Drogenpolitik in Deutschland?
Wie die dpa berichtet, wollen Sie den "Drogen- und Suchtrat" wieder einberufen. Wie ist die Struktur des Rates? Wer wird daran Teilnehmen? Wo werde ich Informationen zu dem Auswahlverfahren erhalten? Ist in dem Rat ein Dialog mit Einzelpersonen vorgesehen?
Sehr geehrter Herr Steldinger,
vielen Dank für Ihr Schreiben und für Ihre guten Wünsche.
Der Reuter-Trautmann-Bericht ist bekannt. Er bietet durchaus eine interessante Zusammenstellung über die Drogen- und Suchtpolitik vieler Staaten.
Über Deutschland findet sich in diesem immerhin mehrere hundert Seiten starken Bericht allerdings wenig, lediglich einige Zahlen zum Gebrauch verschiedener illegaler Drogen, die überwiegend den deutschen Berichten an die Europäische Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) entnommen sind. Vor allem aber ist Deutschland im aus drogenpolitischer Sicht interessantesten Teilreport 4, "The drugs problem and drug policy, developments between 1998 - 2007" nicht berücksichtigt.
Ich denke nicht, dass die doch sehr globalen Aussagen, die hinsichtlich der Drogenpolitik für andere Staaten getroffen werden, ohne weiteres auf die deutsche Situation bzw. die deutsche Drogen- und Suchtpolitik übertragbar sind. Jeder Staat muss selbst die für ihn angemessenen Mittel und Wege finden, seine Drogen- und Suchtprobleme zu reduzieren.
Die Bundesregierung setzt dazu auf den bewährten Mix von Prävention, Beratung/Behandlung/Rehabilitation, Überlebenshilfe/Schadensreduzierung und Angebotsreduzierung sowie - wo nötig - Repression; übrigens nicht nur bei illegalen psychoaktiven Substanzen, sondern auch bei Tabak und Alkohol.
Es lohnt sich, den Bericht genau zu lesen. So kommen die Autoren zwar zu dem Schluss, dass sich das Drogenproblem weltweit insgesamt nicht verringert hat, dass sich aber die Drogenprobleme in einigen Ländern durchaus verringert haben, während sie in anderen zugenommen haben. Zu den Ländern, in denen sich die Probleme in den letzten Jahren verringert haben, gehört auch Deutschland. So hat sich beispielsweise der Gebrauch von Cannabis in den letzten Jahren verringert, wodurch sich auch auch die cannabisbedingten Gesundheitsrisiken reduzieren; hier bewirkt die an Prävention, Beratung, Behandlung, Schadensreduzierung und Angebotsreduzierung orientierte deutsche Drogenpolitik also offenbar einiges Positives.
Der Drogen- und Suchtrat setzt sich zusammen aus Vertretern der für Drogen- und Suchtfragen zuständigen Bundesministerien, der zuständigen Fachministerkonferenzen der Bundesländer, der Kommunalen Spitzenverbände, der Suchtkrankenhilfe, der Suchtselbsthilfe, der Bundesärztekammer und der Kranken- und Rentenversicherungen.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Dyckmans