Inwieweit ist ein Steuersystem vorstellbar, bei dem Bürger*innen direkt / indirekt über die Verwendung ihrer Steuern mitentscheiden können?

Sehr geehrter Herr L.

vielen Dank für Ihre Frage zur direkten Mitbestimmung bei der Verwendung von Steuermitteln. Diese Thematik berührt wichtige Aspekte unserer demokratischen Grundordnung und des föderalen Systems.

Ein System, bei dem Bürgerinnen und Bürger direkt über die Verwendung ihrer Steuern entscheiden, birgt erhebliche Herausforderungen. Besonders problematisch wäre die Gefahr einer unausgewogenen Mittelverteilung, die etwa dem Grundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse entgegenstehen könnte. In der Praxis könnten beispielsweise bevölkerungsreiche Regionen systematisch bevorzugt werden, während strukturschwache oder dünn besiedelte Gebiete das Nachsehen hätten.

Auch auf kommunaler Ebene könnte ein solches System zu Ungleichgewichten führen. Einzelne Gemeinden könnten Entscheidungen treffen, die zwar lokal populär sind, aber negative Auswirkungen auf Nachbarkommunen haben – etwa bei der Infrastrukturentwicklung oder bei sozialen Einrichtungen.

Der zentrale Vorteil einer direkteren Mitbestimmung – nämlich die Möglichkeit, wahrgenommene Versäumnisse der Politik auszugleichen – lässt sich auch anders erreichen: etwa durch transparentere politische Entscheidungsprozesse und eine stärkere Orientierung am Gemeinwohl.

Unsere aktuelle politische Ausrichtung zielt daher darauf ab, bestehende demokratische Prozesse zu verbessern und Entscheidungen über Steuerausgaben nachvollziehbarer zu gestalten. Dies entspricht auch dem Grundgedanken unserer repräsentativen Demokratie, in der gewählte Volksvertreter die komplexe Aufgabe übernehmen, unterschiedliche Interessen abzuwägen und ausgewogene Entscheidungen im Sinne des Gemeinwohls zu treffen.

Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Funke-Kaiser MdB

Digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion 
Mitglied im Ausschuss für Digitales 
Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung 
Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit