Frage an Max Stadler von Peter V. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Stadler,
meine Frage bezieht sich auf die Erwerbsminderungsrente. Wie so wird gleich eine sehr schwere Erkrankung bei einem Menschen, der vor dem Jahr 1961 geboren ist zu einer Berentung führen und wiederum bei dem anderen, der nach dem Jahr 1961 geboren ist nicht, in meinen Augen ist es eine klassische Diskriminierung.
MfG
Peter Vollmar
Sehr geehrter Herr Vollmar,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 19. Februar 2009.
Zum 1. Januar 2001 hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit neu geordnet. Die bis dahin bestehende Zweiteilung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Renten wegen Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit wurde abgeschafft. Wer erwerbsunfähig ist, erhält je nach Grad der verbleibenden Arbeitsfähigkeit eine Rentenzahlung unabhängig davon, ob er oder sie vor oder nach 1961 geboren wurde. Wer berufsunfähig ist, erhält eine Zahlung in Höhe einer halben Erwerbsminderungsrente, dies jedoch nur bei Geburtsdatum vor 1961. Diese Vertrauensschutzregelung für ältere Versicherte mit Geburtsdatum vor 1961 soll Versicherten entgegenkommen, welche aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage sind, Vorsorge durch den Abschluss einer privaten Berufsschutzversicherung zu treffen.
Viele Menschen können aber keine private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung im fortgeschrittenen Alter mehr abschließen, da sie beispielsweise eine Vorerkrankung aufweisen. Über die staatlich geförderte, private Altersvorsorge ist ein Schutz gegen Erwerbsunfähigkeit nur unzureichend gegeben. Bei der so genannten Riester-Rente können nur bis zu etwa 15 Prozent der Einzahlung in die Erwerbsminderungsabsicherung investiert werden, bei der Basisrente bis zu 49 Prozent. Für Angestellte wird aufgrund des insgesamt begrenzten steuerlichen Absetzbetrages aber kein ausreichendes Schutzniveau erreicht. Die staatliche Förderung ist gegenwärtig auf das Ziel der Lebensstandardsicherung fokussiert, während die sozialpolitisch noch zentralere Frage des Schutzes gegen Erwerbsminderung vernachlässigt wird.
Die private Versicherungswirtschaft bietet bisher Erwerbsminderungsrenten seltener an als Berufsunfähigkeitsrenten. Letztere sind aber deutlich teurer als Erwerbsunfähigkeitsrenten und setzen eine strenge Risikoprüfung voraus. Seit einigen Jahren stagniert auch die Zahl und der Umfang der abgeschlossenen selbständigen und zusätzlichen Berufsunfähigkeitsrenten. Noch profitieren Versicherte mit Geburt vor dem 2. Januar 1961 gemäß § 240 SGB VI von der gesetzlichen Berufsunfähigkeitsrente. Es ist daher jetzt der Zeitpunkt, die entstehende Versicherungslücke zu schließen.
Mit dem Antrag „Absicherung des Erwerbsunfähigkeitsrisikos verbessern“ (BT-Drs. 16/10872) hat die FDP ein Konzept vorgelegt, wonach der Erwerbsminderungsschutz in der privaten Altersvorsorge verbessert werden soll. Danach soll bei der Riester- und Basisrente künftig jeder Versicherungsnehmer frei wählen können, welcher Anteil der Beiträge in den Schutz gegen Erwerbsminderung und welcher Teil in die Lebensstandardsicherung fließt. Daneben sollen die Voraussetzungen für die Riester- und Rürup-Förderung so geöffnet werden, dass ein solches Wahlrecht auch für die Versicherungsunternehmen sinnvoll gestaltbar wird. Schließlich soll die Riester-Förderung für alle Personen geöffnet werden.
Acht Jahre nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage ist es Zeit, die Voraussetzungen für einen effizienten Erwerbsminderungsschutz in der privaten Altersvorsorge gerade auch für jüngere Versicherte zu verbessern, Benachteiligungen zu beseitigen. Mit der Umsetzung des FDP-Konzepts würde dieser Schritt realisiert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Max Stadler, MdB