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Max Stadler
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Frage von Michael S. •

Frage an Max Stadler von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Stadler,

seit der Bayerische Verfassungsgerichtshof ein Volksbegehren zum Mindestlohn für nicht zulässig erklärt hat, frage ich mich, welche Funktion Artikel 169 der Verfassung des Freistaates Bayern

"Für jeden Berufszweig können Mindestlöhne festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen kulturellen Verhältnissen entsprechende Mindestlebenshaltung für sich und seine Familie ermöglichen"

hat.

Wo liegt hier der Fehler? Bei der Verfassung oder bei der Rechtssprechung?

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Verfassung des Freistaates Bayern:

Im Artikel 13, Absatz 1 heisst es: "Der Landtag besteht aus 180 Abgeordneten des bayerischen Volkes" - die Zahl 180 findet sich ebenfalls im Artikel 23 ("Zahl der Abgeordneten").

Entgegen der Verfassung setzt sich der derzeitige Landtag aber aus 187 Abgeordneten zusammen. Bei den 7 Mandaten handelt es sich Überhangmandate - doch von Überhangmandaten bzw. "180 + x" Abgeordneten ist in der Verfassung nicht die Rede.

Während das Grundgesetz - vermutlich aus gutem Grund - keine konkreten Angaben zur Anzahl der Abgeordneten macht legt die Bayerische Verfassung fest, dass der Landtag aus 180 Abgeordneten besteht.
Ist die derzeitige Zusammensetzung des Landtags verfassungskonform?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schropp

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schropp!

Vielen Dank für Ihre interessanten Fragen. Dazu darf ich wie folgt Stellung nehmen.

Zu Ihrer Frage 1:

Zu Recht zitieren Sie die Bestimmung der Bayerischen Verfassung zum Mindestlohn (Artikel 169). Allerdings geht Bundesrecht vor Landesrecht. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 3. Februar 2009 entschieden, dass der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zur Festsetzung von Mindestlöhnen erschöpfend Gebrauch gemacht hat. Wenn aber der Bund seine Gesetzgebungskompetenz nutzt, bleibt kein Raum mehr für eine landesrechtliche Regelung.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat insbesondere ausgeführt, dass sich aus Art. 169 Abs. 1 BV keine andere Beurteilung ergebe. Danach können für jeden Berufszweig Mindestlöhne festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen kulturellen Verhältnissen entsprechende Mindestlebenshaltung für sich und seine Familie ermöglichen. Landesverfassungsrechtliche Normen können - so der Verfassungsgerichtshof - jedoch keine Kompetenzen außerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Zuständigkeiten begründen.

Allgemein ist anzumerken, dass Landesverfassungen durchaus gelegentlich vom Grundgesetz abweichende Regelungen enthalten. Bundesrecht geht jedoch stets vor.

Zu Ihrer Frage 2:

Sie haben völlig Recht: seit 1998 bestimmt Artikel 13 der Bayerischen Verfassung, dass die Zahl der Landtagsabgeordneten 180 beträgt. Diese Zahl wird aufgrund von Überhangmandaten derzeit überschritten. Dennoch ist die Zusammensetzung des Landtags verfassungsgemäß. Denn durch Gesetz vom 20. Februar 1998 (GVBl. S. 39) erhielt der Artikel 14 Abs. 1 mit Wirkung vom 1. März 1998 folgende Fassung:

„(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl nach einem verbesserten Verhältniswahlrecht von allen wahlberechtigten Staatsbürgern in Wahlkreisen und Stimmkreisen gewählt. Jeder Regierungsbezirk bildet einen Wahlkreis. Jeder Landkreis und jede kreisfreie Gemeinde bildet einen Stimmkreis. Soweit es der Grundsatz der Wahlgleichheit erfordert, sind räumlich zusammenhängende Stimmkreise abweichend von Satz 3 zu bilden. Je Wahlkreis darf höchstens ein Stimmkreis mehr gebildet werden als Abgeordnete aus der Wahlkreisliste zu wählen sind. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate, die in Anwendung dieser Grundsätze zugeteilt werden, kann die Zahl der Abgeordneten nach Art. 13 Abs. 1 überschritten werden.“

Überhangmandate sind also ausdrücklich erlaubt. Sie dienen ja dazu, zu erreichen, dass die Größe der einzelnen Fraktionen dem Stimmenanteil der jeweiligen Partei bei der Landtagswahl im Verhältnis zueinander entspricht. Damit tragen Überhangmandate entscheidend dazu bei, dass der Wählerwille in der Zusammensetzung des Parlaments zum Ausdruck kommt.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Max Stadler, MdB