Frage an Max Stadler von Holger B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Stadler,
in Ihrer (sehr interessanten) Rede vor dem Deutschen Bundestag vom 06.03.2008 sprachen sie davon, dass aufgrund der damals geplanten und nun wirklich gewordenen BKA-Gesetzgebung "es jetzt Tätigkeiten des Bundeskriminalamts [gibt], die nicht mehr durch den Generalbundesanwalt überwacht werden".
Dazu hätte ich 2 Fragen:
1) Welche Tätigkeiten meinten sie?
2) Meines (zugegebenermaßen begrenzten strafrechtlichen) Wissens nach ist es so, dass die Polizei als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft in der polizeilichen Praxis Ermittlungen selbständig durchführt, und nur bei hinreichendem Tatverdacht diese informiert. Inwieweit beeinflussen die Änderungen im BKA-Gesetz diese Arbeitsweise und gehen nun darüber hinaus?
Mit freundlichen Gruessen,
Holger Brandl
Sehr geehrter Herr Brandl,
vielen dank für Ihr Interesse und Ihre Fragen.
1. Soweit das BKA - wie bisher - bei der Verfolgung bereits begangener Straftaten tätig wird, gilt weiterhin, dass "Herrin des Verfahrens" die Generalbundesanwältin ist. Jede polizeiliche Tätigkeit bei der Strafverfolgung steht grundsätzlich unter der Leitung der dafür zuständigen Staatsanwaltschaft. Dies stellt (auch) eine rechtsstaatliche Kontrolle polizeilichen Handelns dar.
Durch das neue Gesetz bekommt das BKA Befugnisse im präventiven Bereich, also bei der Gefahrenabwehr. Hier unterliegt es nicht der Leitung einer Staatsanwaltschaft, auch nicht der Leitung und Überwachung durch die Generalbundesanwältin. Diesen Bereich meinte ich in meiner Rede.
Selbstverständlich ist auch bei der Verhütung von Straftaten das BKA an Recht und Gesetz gebunden. Betroffene können Maßnahmen des BKA im präventiven Bereich durch die Verwaltungsgerichte überprüfen lassen. Auch das Bundesinnenministerium ist zur Aufsicht über das BKA berufen. Aber es gibt eben bei diesen neuen Zuständigkeiten des BKA keine Leitungsbefugnis der Generalbundesanwältin.
2. Sie haben Recht, dass in der Alltagspraxis polizeiliche Ermittlungen zunächst weitgehend ohne Rückkoppelung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft durchgeführt werden. Die präventive polizeiliche Tätigkeit unterliegt ohnehin nicht der Leitung durch die Staatsanwaltschaften. Wenn ein "Anfangsverdacht" besteht, dass eine Straftat vorliegt, geht theoretisch die "Verfahrensherrschaft" auf die Staatsanwaltschaft über. In der Praxis wird die Staatsanwaltschaft aber oft erst nach Abschluß der Ermittlungen vom Ergebnis der polizeilichen Arbeit informiert.
Bei schwerwiegenderen Straftaten wird dagegen das theoretische Leitbild, dass die Verfahrensherrschaft bei der Staatsanwaltschaft liegt, durchaus auch in der Praxis eingehalten. Da das BKA für schwerwiegende Straftaten zuständig ist, kooperiert es bei der Strafverfolgung durchaus sehr eng mit der Generalbundesanwältin. Das ist, wie bei Frage 1 dargelegt, im Bereich der Verhütung von Straftaten nicht vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Max Stadler, MdB