Frage an Max Stadler von Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Stadler,
im Kommentar der Zeitung "Am Sonntag" vom 06.12.2009 schreibt der Kommentator unter anderem über die Situation, die seiner Meinung nach eintreten wird, wenn der Volksentscheid zum Nichtraucherschutz in Bayern im Sinne des strengen Nichtraucherschutz ausgeht: "(...) Oder glauben Sie ernsthaft, dass im Zehn-Minuten-Takt die Ordnungshüter aufkreuzen, weil wieder irgendwer irgendwo in einer Kneipe in Bayern sich eine angezündet hat? Da können die Nichtraucher noch so viele Anzeigen erstatten - es wird nicht funktionieren. Im Gegenteil: Sie werden sich mit ihrer kompromisslosen Haltung selbst ins Abseits stellen."
Sie schreiben im Leserbrief in der folgenden Ausgabe: "Ihr heutiger Kommentar (...) spricht mir aus der Seele!"
Sind Sie wirklich der Meinung, dass sich Nichtraucher selbst ins Abseits stellen, wenn sie auf die Einhaltung des (dann) beschlossenen Nichtrauchergesetzes pochen? Obwohl dieses (dann) durch einen demokratischen Bürgerentscheid beschlossen wurde?
Der Kommentator schreibt auch: "Der Volksentscheid wird teuer und kostet den Steuerzahler ein paar Millionen Euro. Mal ehrlich: Haben wir keine größeren Probleme zu schultern? Dieses Geld hätten wir doch weitaus sinnvoller ausgeben können, als für Stimmzettel."
Sind Sie wirklich ebenfalls der Meinung, dass dieses Problem keins ist (ich denke, das impliziert der Kommentator)? Obwohl eine Nicht-Umsetzung bedeutet, dass Schwangere 9 Monate praktisch nicht guten Gewissens in Kneipen etc. gehen können (hohe Risiken für das ungeborene Kind durch Passivrauchen; Sie werden sicherlich leicht erfragen können, wie es z. B. in Passau bzgl. Nichtraucherkneipen aussieht)? Hört die Freiheit des einen nicht dort auf, wo die des anderen beschnitten wird? Welche Freiheit ist als "wichtiger" einzustufen, wenn man bedenkt, dass die Einschränkung für die Raucher eigentlich recht gering ist (und in vielen anderen Ländern mittlerweile als selbstverständlich akzeptiert wird)?
Sehr geehrter Herr Karl,
vielen Dank für Ihre Mail vom 14.12.2009 zu dem Kommentar in der Zeitung "Am Sonntag". Zunächst darf ich Ihnen mitteilen, dass ich selber Nichtraucher bin. Ich freue mich immer, wenn ich ein Lokal besuche, in dem nicht geraucht wird. Allerdings sieht ja die geltende Gesetzeslage in Bayern bereits vor, dass in öffentlichen Gebäuden nicht geraucht werden darf und dass Gaststätten ebenfalls Nichtraucherräume vorhalten müssen. Von diesem richtigen Grundsatz wurden Ausnahmen gemacht, die ich aber ebenfalls für zutreffend halte. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum in einer als Raucherlokal gekennzeichneten Eckkneipe nicht geraucht werden soll. Ich persönlich würde dann wahrscheinlich eine solche Gaststätte nicht aufzusuchen, aber anderen macht dies nichts aus. Daher verstehe ich nicht ganz, warum der Staat ihnen dies verbieten soll.
Sie greifen aus dem Kommentar zwei Punkte heraus. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass schon die erste Fassung des strengeren Nichtraucherschutzes in Bayern in der Praxis nicht richtig funktioniert hat, weil sich die Überwachung schwierig gestaltet hat. Dasselbe ist auch in Zukunft zu befürchten. Ich gebe Ihnen allerdings Recht, dass beim Gesetz, wenn es so beschlossen wird, wie die Initiatoren des Volksbegehrens dies wünschen, dann auch überwacht werden muss. Zum zweiten beschreibt der Kommentator die Kosten des Volksentscheids. Ich selber bin ein Anhänger der direkten Demokratie und mache mir dieses Argument nicht zu eigen. Mein zustimmender Kommentar bezog sich allerdings auf die Gesamttendenz des Artikels. Ich persönlich halte die jetzige Gesetzeslage für eine differenzierte Lösung und bin kein Anhänger von Lösungen, die nicht für verschiedene Lebenssachverhalte unterschiedliche Lösungen zulassen. Genau dies ist in dem Kommentar auch zum Ausdruck gebracht worden und darauf bezog sich meine Zustimmung.
Mit freundlichen Grüßen
M. J. Stadler