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Matthias Miersch
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Frage von Jasmin D. •

Der Entwurf für das neue Tierschutzgesetz ist eine einzige Enttäuschung! Was planen Sie für den Tierschutz zu tun?

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Antwort von
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Sehr geehrter Frau D.,

vielen Dank für Ihr Schreiben, auf das ich nachfolgend gern eingehe.


Die Novelle des Tierschutzgesetzes und die Reaktion der Verbände & Öffentlichkeit auf das Gesetz zeigen für mich eine der Haupt-Herausforderungen der heutigen Zeit auf: Immer häufiger finden wir uns als Gesetzgeber zwischen zwei sich unversöhnlich gegenüber stehenden Lagern. Sei es beim Thema Klimaschutz, wo mich vor einigen Jahren Aktivisten als „Klimaverbrecher“ zur Fahndung ausgeschrieben haben, während in der Lausitz lautstark gegen die Pläne der Bundesregierung für den Kohleausstieg protestiert wurde, oder nun auch hier beim Tierschutzgesetz, das von Bauernverband und Tierschutzverband beidseitig als fatal dargestellt wird – seitens der Bauern, weil es ihnen zu weit geht und seitens des Tierschutzverbandes, weil es ihnen nicht weit genug geht.

Ich bin der festen Überzeugung, dass man es sich immer einfach machen kann, seine eigene „Echokammer“ zu bedienen und von dieser dafür Applaus erhalten kann. Die wahre Aufgabe für uns als Politik liegt aber darin einen Kompromiss zu finden, der alle Interessen dem Gewicht ihrer Argumente nach berücksichtigt. Wir sehen heute leider, dass die Fähigkeit zum Kompromiss in der Bevölkerung, zwischen Verbänden und auch in der Politik sinkt. Ein Beispiel dafür ist die Zukunftskommission Landwirtschaft. Auf Einladung der Ampelfraktionen sollten Fachverbände sich auf Lösungen und Vorschläge einigen, mit denen der Bundestag auf die Bauernproteste reagieren sollte. Leider konnten sich die unterschiedlichen Sichtweisen von Landwirtschafts- & Umweltverbänden, wie auch der Wissenschaft, abschließend nicht auf einen weitreichenden Kompromiss verständigen – sodass „die Politik“ vor der Sommerpause selbst ein Paket ohne entsprechende Vorlage der Verbände beschließen musste. Das dann wieder genau von diesen Verbänden Kritik geübt worden ist, ist legitim, zeigt aber das Dilemma sehr deutlich.

Die Kunst besteht darin, Gesetzesvorhaben umzusetzen, Mehrheiten zu finden und Verbesserungen zu realisieren. Ich komme aber auch aus meiner eigenen Perspektive, die beim Thema Tierschutz stets sehr genau hin und nicht weg geschaut hat, in Bezug auf den Entwurf des Tierschutzgesetzes zu einer anderen Auffassung als Sie:

Wesentliche Inhalte des Gesetzes sind zum Beispiel:

Ein stärkeres Vorgehen gegen Qualzucht, eine verbesserte Rückverfolgbarkeit von Züchtern auf Online-Plattformen durch Klarnamen-Pflicht, ein Ausstellungsverbot von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen, die Verpflichtung zu Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen, ein Verbot des Kupierens von Schwänzen von Lämmern, ein Verbot der Neuanschaffung von Tieren im Zirkus, und eine substanzielle Verschärfung von Strafen für Verstößen gegen das Tierschutzrecht.

Dies sind nur einige Punkte, die in der Novelle berücksichtigt wurden. Wie sich vor diesem Hintergrund Tierschutzverbände auf den Punkt der nur grundsätzlichen – aber mit Ausnahmen versehenen – Untersagung der Anbindehaltung von Tieren, wie zum Beispiel Rindern einschießen, ist für mich nicht verständlich. Bei solch unbestreitbar substanziellen Verbesserungen für den Tierschutz hätte ich mir gewünscht, dass an anderer Stelle auch andere Interessen, in diesem Fall denen der Landwirtschaft, anerkannt und zugestanden werden.

Natürlich gilt für den Regierungsentwurf, wie auch bei jedem anderen Gesetzesvorhaben, das Struk’sche Gesetz, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es von der Regierung eingebracht wurde. Dafür werden wir als selbstbewusste Parlamentarier sorgen. Es wird somit sicher noch zu Anpassungen an diversen Passagen der Gesetzesnovelle kommen, aber ein Gesetz, das nur den Interessen der Landwirten oder nur den Interessen der Tierschützer entspricht, wird dabei am Ende nicht herauskommen.

Sehr geehrte Frau D., ich bin abschließend überzeugt, dass wir nur zu tragfähigen Lösungen kommen, wenn wir anstelle von fortwährender Polarisierung den Mut zum Kompromiss haben und gefundene Kompromisse – auch wenn sie nicht immer unseren eigenen Überzeugungen entsprechen – verteidigen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinem Schreiben und meiner ehrlichen Einschätzung helfen und möchte Ihnen für Ihr Schreiben nochmals ganz herzlich danken. Solche Rückmeldungen sind für meine politische Arbeit stets eine unerlässliche Informationsquelle. Schreiben Sie also gerne wieder!


Mit freundlichen Grüßen

Matthias Miersch

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