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Matthias Lietz
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Frage von Sebastian W. •

Frage an Matthias Lietz von Sebastian W. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Lietz,

die Haltung Ihrer Partei zum Thema Atomkraft ist klar!
Bezüglich des Atomaren Zwischenlager Nord bei Lubmin gibt es viele Unklarheiten.

Wie lange wird das Zwischenlager tatsächlich genutzt werden müssen?
Wie viel Radioaktiver Müll wird tatsächlich eingelagert werden?

Die bisherige Betriebserlaubnis geht bis 2039, die Haushaltsplanung des zwischenlager ab nun wohl bis 2080.

Ich bitte Sie sich im Interesse der Menschen Ihres Wahlkreises, der Urlaubsregion zwischen Rügen und Usedom und nicht zuletzt der hochqualifizierten Mitarbeiter der EWN dafür einzusetzen den Status des Zwischenlager Nord klarzustellen.

Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weiland,

vielen Dank für Ihre Frage zum Zwischenlager Nord bei Lubmin.

Gestatten Sie mir vorab ein paar Bemerkungen zur aktuellen Debatte um das Zwischenlager Nord:

Seit 1995 werden die stillgelegten Kernkraftwerke bei Lubmin und Rheinsberg durch die Energiewerke Nord GmbH demontiert. Den Beschluss zur Stilllegung und zum Ausstieg aus der Kernenergie am Standort Lubmin - damals noch durch die DDR-Regierung - habe ich als Lubminer Bürger sehr begrüßt. Aber wenn man die Verantwortung für diese Entscheidung zum Ausstieg - damals wie heute - ernst nimmt, bedeutete dies natürlich auch, dass die vorhandenen Anlagen an den Standorten Lubmin und Rheinsberg demontiert werden müssen. Aus diesem Grund wurde ein Zwischenlager am Standort Lubmin errichtet, um ausgebaute Anlagenteile und Betriebsabfälle der beiden Kernkraftwerke sicher zwischenlagern zu können (bis es ein Endlager gibt). Damit haben wir in Lubmin Verantwortung für die Hinterlassenschaften der DDR übernommen.

Während es bei allen anderen Kernkraftwerken in Deutschland einen Betreiber gibt, der am jeweiligen Standort ein Zwischenlager errichtet und auch für die Kosten aufkommt, gab es bei den stillgelegten DDR-Kernkraftwerken keinen Betreiber mehr, der die Kosten eines Zwischenlagers übernommen hätte. In dieser Situation hat der Bund geholfen, indem er die Kosten zur Errichtung und zum Betrieb des ZLN (Zwischenlager Nord) übernahm. Das ZLN ist damit auch das einzige Zwischenlager, das durch den Bund betrieben wird.

Mit Blick auf die Castor-Transporte im Dezember 2010 sowie Februar 2011 muss man wissen, dass die Kernbrennstoffe aus Forschungseinrichtungen des Bundes stammen (also nicht aus gewerblich betriebenen Kraftwerken) und in Frankreich wiederaufbereitet werden sollten. Mit Frankreich hatte die Bundesrepublik die Rücknahme der Materialien vereinbart, weshalb Frankreich auch um Rücknahme bat. Zunächst wurden die technischen Möglichkeiten und Kosten einer standortnahen Zwischenlagerung geprüft. Dabei kam der Bund zu dem Ergebnis, dass dies wegen der enorm hohen Investitions- und Betriebskosten eines Zwischenlager nicht realisierbar ist. Nachdem auch andere Zwischenlager nicht in Betracht kamen, hat sich der Bund aus Kosten- und Termingründen entschlossen, das bundeseigene ZLN für eine Zwischenlagerung zu nutzen. Diese Entscheidung wurde von der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebracht und sowohl die Große Koalition als auch die schwarz-gelbe Bundesregierung haben an dieser Entscheidung festgehalten.

Auch wenn ich mir persönlich vielleicht eine andere Lösung gewünscht hätte - ich finde die getroffene Entscheidung nachvollziehbar und verantwortbar. Der Bund hat uns vor Ort bzw. auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beim Ausstieg aus der Atomenergie geholfen, indem er das ZLN finanziert und uns so einen verantwortungsvollen Umgang mit den Hinterlassenschaften der DDR ermöglicht hat. Und nun, da der Bund eine Zwischenlösung für die Kernbrennstoffe aus den bundeseigenen Forschungseinrichtungen gesucht hat und das ZLN noch Kapazitäten hatte, können wir uns nicht hinstellen und sagen „deine Hilfe, lieber Bund, haben wir zwar gerne in Anspruch genommen, aber umgekehrt kannst du das jetzt nicht von uns erwarten.“ Aus diesem Grund ist die Entscheidung zur Zwischenlagerung im ZLN nachzuvollziehen. Die Menschen werden auch künftig nicht damit rechnen müssen, dass radioaktiven Abfälle aus gewerblich betriebenen Kraftwerken, die nicht auf dem Gebiet der ehemaligen DDR standen bzw. stehen, in Lubmin zwischengelagert werden.

Das ZLN hat eine Genehmigung bis zum Jahr 2039. Da die Endlagerung für alle Arten von radioaktiven Stoffen in tiefen geologischen Schichten erfolgen muss, wird das ZLN kein Endlager für Deutschland werden. Daran werden auch die Haushaltsplanungen des Bundes nichts ändern.

Mit „Schacht Konrad“ wird Deutschland ein genehmigtes und durch alle gerichtlichen Instanzen bestätigtes Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe (d.h. mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung) haben. Die Inbetriebnahme wird in den nächsten Jahren, voraussichtlich ab 2015 erfolgen. Ich rechne also damit, dass die schwach- und mittelradioaktiven Stoffe vor 2039 im „Schacht Konrad“ eingelagert werden können. Im übrigen ist dann für 90% der anfallenden radioaktiven Stoffe in Deutschland ein sicheres Endlager vorhanden.

Mit Blick auf hochradioaktive Stoffe (d.h. Wärme entwickelnd) sehen die Planungen sowohl der schwarz-gelben als auch der Vorgängerregierungen vor, bis zum Jahr 2030 ein betriebsbereites Endlager zur Verfügung zu haben. Um die Endlagerung hochradioaktiver Stoffe sicherzustellen, wird die Erkundung des Salzstock Gorleben seit Oktober 2010 ergebnisoffen geführt. Bis Ende 2012 soll ein Prüfergebnis vorliegen. Damit stellt sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung und sucht ernsthaft nach einer Lösung für die Endlagerung hochradioaktiver Stoffe. Dieser Verantwortung sollten sich im übrigen alle Parteien in Deutschland stellen. Das Gorleben-Moratorium von Rot-Grün war in dieser Hinsicht nicht hilfreich, da es die Suche nach einem Endlager um 10 Jahre verzögert hat. Die genaue Nutzungsdauer des ZLN wird also entscheidend von einem betriebsbereiten Endlager abhängen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte. Weitere Informationen finden Sie ansonsten auch auf der Internetseite der Energiewerke Nord GmbH (www.ewn-gmbh.de).

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Lietz