Frage an Matthias Lietz von Walter K.
Sehr geehrter Herr Lietz,
Ihr bisheriges Abstimmungsverhalten in diesem Jahr findet nicht meine Zustimmung. Haben Sie eigentlich Enkel, die in der Bundeswehr dienen?
Bei Glyphosat ignorieren Sie ja schon jahrelang die Argumente der warnenden Stimmen. Ich vermute, dass Sie auch am 28.4., wenn über ein fracking-Verbot abgestimmt wird, dagegen votieren werden. Es geht schließlich um Arbeitsplätze, werden Sie den Rufen der Lobbyisten folgen. Dass es aber um die Zukunft der Lebensgrundlagen unserer Kinder und Enkel geht, wie auch sicher Ihnen kürzlich Bürgerinitiativen schrieben (die BI Lebensraum Vorpommern e.V. hat diesen Brief mit unterschrieben!), werden Sie wahrscheinlich ignorieren. Warum sind die Argumente gegen die fracking-Technologie für Sie nicht stichhaltig? Kennen Sie die Nachrichten diesbezüglich aus den USA und Kanada? Sicher denken Sie, in Deutschland ist das aber ganz anders. Da gibt es klare Regeln! Am Jahrestag des Tschernobyl-Desasters erinnere ich daran, dass Kernenergie nach menschlichem Ermessen als sicher eingeschätzt wird! Und wie stellen Sie sich eine Energiewende vor, wenn hemmungslose Öl- und Gasförderung die Forcierung der Erneuerbaren bremst?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Walter Klingner
Sehr geehrter Herr Dr. Klingner,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Anwendung der Fracking-Technologie“ über das Internet des Deutschen Bundestages. Ich begrüße es sehr, dass sich Bürgerinnen und Bürger vor Ort Gedanken machen und mir ihre Sorgen und Gedanken mitteilen.
Lassen Sie mich zu Ihrer Frage nachfolgende Ausführungen machen:
Beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers gilt für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass es keine Kompromisse geben darf. Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang, jenes stellt der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar. Mit dem am 24. Juni 2016 im Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzespaket haben wir dies umgesetzt. Folgende Grundsätze sind jetzt klar festgeschrieben:
• Unkonventionelles Fracking wird in Deutschland unbefristet verboten. Um das Verbot aufzuheben ist ein Beschluss des Deutschen Bundestages nötig, der sich 2021 wieder mit dem Thema befasst. Möglich sind lediglich maximal vier wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen, die unter strengsten Umweltanforderungen erfolgen und von den jeweiligen Ländern genehmigt werden müssen. Wo, wann und ob Erprobungsmaßnahmen überhaupt stattfinden, ist derzeit offen.
• Beim konventionellen Fracking in tiefen geologischen Formationen, welches seit vielen Jahrzehnten in Deutschland angewandt wird, verschärft sich der Rechtsrahmen erheblich. In einer Vielzahl von Gebieten ist Fracking künftig vollständig ausgeschlossen.
• Wir haben festgelegt, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.
Wir haben, zur Sicherstellung dieser Vorgaben, umfassende Änderungen, unter anderem am Wasserhaushaltsgesetz, dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Bundesberggesetz beschlossen, die zu einer massiven Verschärfung der Anforderungen für den Einsatz der Fracking-Technologie führen.
• Fracking jeglicher Art wird in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten. Brunnen, aus denen Wasser zur Verwendung in Lebensmittel gewonnen wird, werden ebenfalls in die Ausschlussgebiete einbezogen. Die Länder können darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen, zum Beispiel zum Schutz von privaten Mineral- und Brauereibrunnen und Heilquellen.
• In Nationalparks und Naturschutzgebieten wird die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt.
• Vorranggebiete für die künftige Gewinnung von Trinkwasser können von den Ländern über die Raumordnung als Ausschlussgebiete festgelegt werden.
• Für jede Form von Fracking wird künftig eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung mit umfassender Bürgerbeteiligung verpflichtend eingeführt.
Die Wasserbehörden werden künftig ein Vetorecht bei den Genehmigungen haben.
• Fracking-Gemische dürfen künftig keine giftigen Stoffe enthalten, zudem müssen die eingesetzten Stoffe umfassend offengelegt werden.
• Das Verpressen von Lagerstättenwasser wird künftig grundsätzlich verboten sein. Ausnahmen sollen nur in den Fällen möglich sein, bei denen der sichere Einschluss in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen gewährleistet ist. Verpresst werden darf das Lagerstättenwasser also nur in solche geologischen Formationen und Tiefen, aus denen es gefördert wurde. Zudem wird bei der Verpressung die beste zum Zeitpunkt verfügbare Technik gefordert. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird auch hier Pflicht sein.
• Verschärft wird auch das Bergschadensrecht. So wird die Beweislast für mögliche Bergschäden auch bei der Erdgas- und Erdölförderung sowie bei Kavernenspeichern den Unternehmen auferlegt.
• Zwischen Fracking zur Erdgas- oder Erdölförderung wird nicht unterschieden. Es gelten künftig die gleichen strengen Anforderungen.
Damit haben wir nach intensiven und langwierigen Verhandlungen die dem Parlament vom Bundesumwelt- und vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwürfe noch einmal deutlich verschärft. Die jetzt beschlossenen Regelungen sichern Umwelt- und Gesundheitsschutz gleichermaßen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Lietz