Frage an Matern von Marschall von Thorsten G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr von Marschall,
wie stehen Sie bezüglich eines verpflichtenden Lobbyregisters(wie von abgeordnetenwatch.de ebenfalls gefordert)
Vor nicht allzu geringer Zeit suchte die Pharmalobby Politik-Beeinflusser per Stellenausschreibung. Wie stehen Sie dazu? Sollten Sie gegen ein Register sein würde Sie ja im Umkehrschuss derlei für konform halten.
Ihr Kollege Hans-Peter Uhl aus der CSU nennt abgeordnetenwatch.de eine "Aufpasserorganisation", die in einer Demokratie niemand brauche. Empfinden Sie es auch als Frechheit, meine Fragen beantworten zu müssen?
Gegenstimmen aus Ihrer Partei zu jener Aussage sind mir bisher leider entgangen.
Ich freue mich auf Ihre Antworten.
Hochachtungsvoll,
Thorsten Gründel
Sehr geehrter Herr Gründel,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Interessensvertretung im Deutschen Bundestag, auf welche ich Ihnen gerne antworten möchte.
Der Präsident des Deutschen Bundestages führt seit 1972 eine öffentliche Liste, in der Verbände eingetragen werden können, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Zu den Angaben, die für die Registrierung erforderlich sind, gehören umfassende Auskünfte wie der Name und Sitz des Verbandes, die Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, sein Interessenbereich, die Mitgliederzahl, die Anzahl der angeschlossenen Organisationen, die Namen der Verbandsvertreter und die Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregierung. Die Eintragung in die Liste ist Voraussetzung für eine Anhörung ihrer Vertreter und die Ausstellung von Hausausweisen. Die Liste ist dabei auf der Internetseite des Bundestages und im Bundesanzeiger veröffentlicht und für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar.
Darüber hinaus besteht bereits ein "verbindliches Lobbyistenregister" über die "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung", die CDU und CSU durchgesetzt haben.
Das Herantragen von Interessen an Abgeordnete - in ihren Wahlkreisen sowie am Sitz des Bundestages - gehört zur parlamentarischen Demokratie. Parlamentarische Entscheidungen, in denen es um diese Interessen geht, sind nachvollziehbar. Dafür sorgt die Vielfalt der Beteiligten an den politischen Entscheidungsprozessen. Zu diesen gehören die Fraktionen und Koalitionskreise, das Parlament und die Fachausschüsse, öffentliche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige sowie unterschiedlichste - auch gegensätzliche - Interessenvertreter bis hin zum Bundesrat und dem Vermittlungsausschuss. Sie verhindern die Durchsetzung einseitiger Interessen zu Lasten des Gemeinwohls.
Eine Dokumentationspflicht für jede vermeintlich unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung von Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten lehne ich daher ab. Eine solche Verpflichtung würde zu einem unübersehbaren Verwaltungsaufwand führen, da jedes Zusammentreffen mit Externen von der Verwaltung vorsorglich dokumentiert werden müsste. Dabei gebe ich zu bedenken, dass der Begriff des Lobbyisten alldiejenigen beschreibt, die die Interessen zum Beispiel einer Branche, eines Unternehmens oder Vereines, oder auch einer Bevölkerungsgruppe vertreten. Somit fielen unter die Dokumentationspflicht möglicherweise auch alle Treffen mit beispielsweise Vertretern von lokalen Unternehmen in meinem Wahlkreis, Gewerkschaftsvertretern, Vertretern der Kirchen, Bürgerinitiativen oder Gespräche mit Institutionen wie der Albert-Ludwigs-Universität oder dem Universitätsklinikum Freiburg.
Es sei Ihnen versichert, sehr geehrter Herr Gründel, dass ich als frei gewählter Abgeordneter die Informationen und Positionen, die mir vorgetragen werden, stets ebenso frei bewerten, einschätzen und abwägen werde.
Abschließend möchte ich festhalten, dass ich Ihre Fragen gerne beantworte. Teilweise kommt es leider zu Verzögerungen in der Beantwortung, dies ist schlicht der Anzahl von Anfragen geschuldet. Ich bemühe mich aber immer um eine rasche Bearbeitung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Matern von Marschall, MdB